Bedingungsloses Grundeinkommen ist unsozial

In regelmäßigen Abständen erscheinen Beiträge über das sogenannte »Bedingungslose Grundeinkommen«, kurz BGE. Dieses solle jeder bekommen, so die Anhänger dieser Bewegung, ob Arm oder Multimillionär, ob als einziges Einkommen oder zusätzlich zur Lohntüte. Finanziert werden soll es, nach dem beliebtesten der diskutierten Modelle, über eine massiv erhöhte Mehrwertsteuer. Eine Steuer also, die von jenen kassiert wird, die das BGE bekommen sollen.

Durch dieses Verfahren behält der Empfänger sicherlich, egal welch prekärer Arbeit er nachgehen muß oder ob er arbeitslos ist, ein Mindestmaß an Kaufkraft, was den Unternehmer freut, dessen Profite ihm erhalten bleiben und sogar noch steigen, da er dem arbeitswilligen BGE-Empfänger nun einen noch schlechter bezahlten Job anbieten kann. Die Mehrwertsteuer aber kann nicht zwischen Bedürftigen und Reichen unterscheiden, von denen letztere einen wesentlich geringeren Teil ihres Einkommens zur Lebenshaltung reinvestieren müssen.

Die vordergründige Armut würde tatsächlich zurückgehen, weil die Grundsicherung gewährleistet ist, jedoch würde auf der anderen Seite der Wohlstand der Ausbeuter noch stärker steigen. Arbeiter und sozial Benachteiligte wären aber dann im Bezug auf soziale Kämpfe ruhiggestellt, obwohl sich an ihrer Situation nichts Wesentliches ändern würde. Ihre Arbeitskraft müßten sie noch immer zu Markte tragen und der Privatbesitz an Produktionsmitteln bliebe weiterhin bestehen. Nicht umsonst wird das BGE auch in Unternehmerkreisen, am bekanntesten sticht sicher ein deutscher Drogeriekettenbesitzer hervor, positiv diskutiert. Einkommenssteuer, Sozialleistungen, Unternehmenssteuern. All dies stünde im Namen des BGE auf der Abschußliste, die komplette Liberalisierung und »Entstaatlichung« wäre also erreicht. Ein anderer unklarer Punkt wäre die Lösung der massenhaften Zuwanderung in das Land, wo das BGE existiert, da ja kaum davon ausgegangen werden kann, daß beispielsweise die Länder der EU unisono dieses System einführen würden.

Keinesfalls aber erreicht wäre mit einem BGE eine Verbesserung der Arbeitsqualität, eine Verkürzung der Wochen- und Lebensarbeitszeit und damit eine insgesamt soziale Verbesserung der arbeitenden Menschen. Es schafft keine Arbeitsplätze; es fördert im Gegenteil minimale Löhne, Zeitarbeit und die Finanzierung des kompletten Systems durch die eigentlich Betroffenen, während die Mächtigen noch drastischer ihre Reichtümer auf die Seite schaffen können und am längeren Hebel bleiben.

Es gibt sicherlich verschiedene Modelle und Vorstellungen eines »bedingungslosen Grundeinkommens«, aber alle haben eines gemein: Sie ändern nichts an den bestehenden gesellschaftlichen Verhältnissen. Herr bleibt Herr und Max bleibt Max, nur daß Max nun eine Kaufkraft-Grundsicherung hat, die dem Herrn wohl gefällt.

Falsches Samaritertum hilft der Gesellschaft nicht weiter, im Gegenteil. Es zementiert soziale Ungerechtigkeit gegen ein »Bestechungsgeld« zur Unterbindung sozialen Engagements. Der Sozialstaat ist sicherlich nicht fehlerfrei und hat beim Ausbau noch viel Luft nach oben. Ein BGE aber würde dieses System vernichten, abschaffen zu Lasten derer, die es brauchen. Somit bleibt uns weiterhin nichts übrig, als »leider« doch die Hände aus dem Schoß zu nehmen für einen gerechteren Anteil am geschaffenen Wohlstand, auch wenn es noch so verlockend ist, auf diese Weise endlich dem Hamsterrad fremdbestimmten Arbeitens zu entkommen.

Christoph Kühnemund

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek