Es kann so nicht weitergehen

Die von großen Teilen des Patronats geforderte völlige Flexibilisierung und Deregulierung der Arbeitszeitorganisation ist in so manchen Wirtschaftsbereichen seit Jahren bereits bittere Realität, wobei die aus der zunehmenden Flexibilisierung resultierenden Unannehmlichkeiten allesamt voll zu Lasten der Schaffenden gehen. Beispiele, die dies belegen, gibt es zuhauf. Sowohl im Finanzsektor wie auch in den Bereichen Gesundheit und Soziales, Transport, Handel, Reinigung und Gastronomie, Bereiche, in denen die Beschäftigten seit Jahren bereits aus erster Hand wissen, was es heißt immer dann präsent sein zu müssen, wenn es der Betrieb verlangt. Zunehmend unregelmäßigere und längere Arbeitszeiten, öfters abgeänderte Schichtpläne und häufig wechselnde Schichtdauern gehören dort inzwischen genauso zum Arbeitsalltag wie Personalmangel, nicht vergütete Mehrarbeit, gekürzte Ruhepausen oder gestrichene freie Arbeitstage. Alles im Sinne der Profitmaximierung, die den Unternehmern halt wichtiger ist als das Wohlergehen »ihrer« Mitarbeiter.

Möglich ist das immer rücksichtslosere Vorgehen des Patronats eigentlich nur deshalb, weil immer häufiger viele in die Defensive gedrängte Lohnabhängige immer seltener dazu bereit sind, sich mit der nötigen Entschlossenheit gegen anstehende Verschlechterungen zu wehren. Nicht zuletzt auch deshalb, weil die hohen Arbeitslosenzahlen sowie die anhaltenden Hiobsbotschaften aus den Betrieben – Postenabbau, Stilllegungen, Versetzungen, Konkurse, Lohnkürzungen, usw., – wie ein Damoklesschwert über ihnen wirken.

Was auch erklären dürfte, wieso das Patronat – nachdem es sich bereits in den Verhandlungen zur Reform des PAN-Gesetzes mit ihrer Forderung durchgesetzt hat, die Referenzperiode von einem auf vier Monate auszuweiten – nach wie vor Arbeitsmodelle in ihren Forderungskatalogen ganz oben stehen haben, die es ihnen ermöglichen würden, Flexibilisierung und Arbeitszeitregelung in einem noch größeren Maße ihren Bedürfnissen anzupassen. Wissend, dass in so manchen Sektoren die Grenze des Zumutbaren längst überschritten wurde. Viele ihrer Forderungen, die darin bestehen die Arbeitszeiten noch flexibler zu gestalten, neue junge Arbeitskräfte fast ausschließlich nur mehr mit befristeten Arbeitsverträgen (CDD) einzustellen oder den Kündigungsschutz zu lockern, zielen jedenfalls allesamt in diese Richtung.

»Flexicurity«, eine vom Finanz- und Großkapital erhoffte angebliche »Wunderpille«, an der auf Ebene der EU in Brüssel während vielen Jahren tausende Lobbyisten in den Denkfabriken des Kapitals gebastelt wurde, – bei den Gewerkschaften jedoch auf großen Widerstand stieß –, soll den Schaffenden deshalb nun über Umwege schrittwiese verabreicht werden. Auch hier in Luxemburg. Die Verschlechterungen bei der Reform des PAN-Gesetzes sowie die permanent zunehmende Flexibilisierung und Deregulierung der Arbeitszeitregelung sind Teil davon.

Da sich bis heute weder die Regierungsparteien DP, LSAP und Grüne, noch die CSV als größte Oppositionspartei offen gegen die vom Patronat geforderten Verschlechterungen ausgesprochen haben – und die Liberalen um Premier Bettel in Fragen der »Wettbewerbsfähigkeit« bislang sowieso immer vollstes Verständnis für die Forderungen des Patronats zeigten – besteht die Gefahr, dass noch so manche Unannehmlichkeiten den Schaffenden in den nächsten Jahren bevorstehen könnten, was inakzeptabel wäre.

Aufgabe der Gewerkschaften muss es deshalb sein, diese allesamt kompromisslos abzuwehren.

gilbert simonelli

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek