75 Jahre Befreiung vom Faschismus – Mahnung und Auftrag

Zu diesem Thema hat Bernhard Trautvetter auf der Mitgliederversammlung der VVN-BdA Essen gesprochen. Seine ökonomisch-politische Analyse stieß bei den Zuhörer/innen auf starkes Interesse.

75 Jahre nach der Befreiung des Konzentrationslagers Auschwitz am 27.01.2020 und 87 Jahre nach der Übergabe der Macht an Adolf Hitler und seine Partei des Faschismus ist die Parole der Friedensbewegung so aktuell, wie in den Jahren nach der Befreiung Europas vom Faschismus und Krieg. Bert Brecht warnte im Schlussprolog des Theaterstücks Arturo Uri: „Die Völker wurden seiner Herr, jedoch – Dass keiner uns zu früh da triumphiert – Der Schoß ist fruchtbar noch, aus dem das kroch! „. (1)
Die Instabilität, der Konkurrenzdruck auf den von Lohn Abhängigen im Kampf um sichere Chancen auf eine Existenzgrundlage und die Meinungsmache der Herrschenden wirkt fort, sodass man folgern kann: Der Faschismus war möglich; in anderen Worte: Er ist möglich.

Das erlegt den Demokraten eine hohe Verantwortung auf. Die Situation von heute ist nicht eins zu eins eine Wiederkehr der Situation der 1920er Jahre, in den 2020er Jahren haben wir heute eine antifaschistische Bewegung mit einer langen Tradition und Erfahrung. Aber die Kräfte, die Neonazis als Karte in der Hinterhand halten, zwingen die Demokratinnen und Demokraten zur Wachsamkeit, denn es gibt einiges, aus den Zusammenhängen zu lernen.

Worum es beim Faschismus geht, das verdeutlicht besonders eindringlich das zentrale Zitat zum Thema von Georgi Dimitroff:
„Der Faschismus an der Macht ist … die offene, terroristische Diktatur der reaktionärsten, chauvinistischsten, am meisten imperialistischen Elemente des Finanzkapitals … ein System der Provokationen … gegenüber der Arbeiterklasse … und der Intelligenz. Das ist … Barbarei … , zügellose Aggressivität. Der deutsche Faschismus spielt die Rolle des Stoßtrupps der … Konterrevolution.“ Dimitroffs Definition hat zum einen den ökonomischen Bezug zum Finanzkapital und zum anderen den politischen Bezug zu Fragen der Demokratie.

Beginnen wir mit dem Finanzkapital: 2020 blicken wir in einer Zeit auf 75 Jahre Befreiung von Faschismus und Krieg zurück, die die Gefahr des Rückfalls in Faschismus und Krieg aufgrund der Ökonomie wieder greifbar erscheinen lässt.

Dem Faschismus ging vor 1933 ein wirtschaftliches Fiasko des Kapitalismus voraus, die Weltwirtschaftskrise, die heute oft in Verbindung mit dem sogenannten schwarzen Freitag an der New Yorker Börse gebracht wird. Damals sackte der Dow Jones-Index innerhalb von nur einer Woche von 326 auf 230 Punkte ab. Der Kurseinbruch bedeutete Börsenverluste von offiziell mehr als 15 Milliarden US-Dollar und den entsprechenden Verlust von über 4,5 Millionen Arbeitsplätzen in den USA. [Welt, 24.10.2017]

Dem New Yorker Börsencrash ging circa zweieinhalb Jahre davor ein Einbruch der Aktien an der Berliner Börse im Umfang von ungefähr einem Drittel der Kurse voraus. 1924 hatte es bereits einen Einbruch der Aktenwerte um zwei Drittel gegeben, nach einer gewissen Erholung kam es aber ein Jahr später wieder zu einem Crash, wieder mit einem Gesamtverlust von circa zwei Dritteln der Werte. Nach 1925 kannten die Aktienkurse, wie es die Börsen-sprache ausdrückte, „kein Halten“ mehr. Der Aktienindex verdreifachte sich bis zum 7.Mai 1927. Auf die damit verbundene als Blase bezeichnete Zunahme der Spekulation reagierte die Reichsbank entsprechend einigen Forderungen aus der Finanzwelt mit einem Zurückfahren der Wertpapierkredite. Auf einen Schlag wurden daraufhin 32 Prozent der Börsenwerte vernichtet. Von diesem Niedergang der Kurse erholte sich die Börsen in den nächsten Jahren nicht, der New Yorker Schwarze Freitag war mitnichten das Einzelereignis, das die kapitalistische Weltwirtschaft der sogenannten goldenen Zwanziger untergrub. 1931 brach die Darmstädter und Nationalbank (Danat) zusammen, nachdem Europas größter Wollkonzern seiner Zeit (die Bremer Nordwolle) in Konkurs gegangen war. Dies führte dazu, dass Sparer überall im Reich vor den Banken Schlange standen, da sie ihr Vertrauen ins System verloren hatten. Die Börse spricht von Deutschlands erster Bankenkrise. Der Aktienindex Berlins erreichte erst wieder im Kriegsjahr 1941 die Höhe von 1927. Das war kurz nach dem Überfall auf die Sowjetunion. Danach fiel er dann wieder, was mit Stalingrad und dem näher rückenden Zusammenbruch des Faschismus an der Macht zusammenhing. 1943 stellte die Reichs-bank die Mitteilung über Kurse ein. Die Erfahrungen der zwei Jahrzehnte seit 1924 gelten allerdings auch als Bezugsrahmen für das bis heute gültige Börsenbarometer DAX. [alle Angaben z. Börsen-Entwicklung seit 1924] (2) –

Die Arbeitslosigkeit in Deutschland stieg bis 1932 auf 6 Mio., damit war davon durch die Größe der damaligen Familien ein Drittel der Bevölkerung betroffen.

Mit dem entsprechenden Absinken der Kaufkraft und damit der Steuereinnahmen des Staates, mit der Erhöhung der Beiträge zur Arbeitslosenversicherung sowie der Kürzung von Beamtengehältern und der Altersrenten und Sozialleistungen war der Rückgang der Staatsausgaben um ein Drittel verbunden. Es kam es zu einem Rückgang der Produktion auf die Hälfte des Standes vor 1928, also zu immer wieder erneuten Entlassungen und Zahlungs schwierigkeiten vieler deutscher Banken und zum Konkurs vieler kleiner und mittlerer Betriebe.

Bei den Reichstagswahlen vom 20. Mai 1928 errang die NSDAP 2,6 Prozent; am 14.September 1930 erreichte sie 18,3 Prozent und war damit zweitstärkste Fraktion nach der SPD. Am 31. Juli 1932 bekam die NSDAP 37,4 Prozent der Stimmen und wurde stärkste Partei im Reichstag. (3)

Heinrich Brüning, der von 1930 bis Mai 1932 Reichskanzler war, war die Finanzierung durch die Großindustrie die letztliche Ursache für den Aufstieg Hitlers. 1937 schrieb er in einem Brief an Winston Churchill:
„Hitlers wirklicher Aufstieg begann erst 1929, als die deutschen Großindustriellen und andere es ablehnten, weiterhin Gelder an eine Menge patriotischer Organisationen auszuschütten, die bis dahin die ganze Arbeit für das deutsche ‚Risorgimento’ (=Wiedererstarken, B.T.) geleistet hatten. Ihrer Ansicht nach waren diese Organisationen in ihren sozialen Gedanken zu fortschrittlich. Sie waren froh, dass Hitler die Arbeiter radikal entrechten wollte. Die Geldspenden, die sie anderen Organisationen vorenthielten, flossen Hitlers Organisation zu. Das ist … allerorts der übliche Beginn des Faschismus.“
Im Sog der Finanz- oder besser gesagt: Weltwirtschaftskrise ab 2008 breitete sich die Strömung, die in den bürgerlichen Medien und auch im ‚Freitag‘ „Rechtspopulisten“ genannt werden, global immer weiter aus, etwa in Skandinavien, in Frankreich, den Niederlanden, Groß Britannien, Italien, Österreich, der Schweiz und Deutschland. Paralleles ist in Indien, in den USA, auf den Philippinen, in Japan und Israel sowie in Südamerika, hier vor allem in Brasilien zu beobachten. Die Unterstützung der entsprechenden Parteien in Europa hat sich in den vergangenen beiden Jahrzehnten, gemessen an den Wahlergebnissen, mehr als verdreifacht.(4)

Aus der Immobilienkrise in den USA wurde eine weltweite Bankenkrise.
Die Insolvenz der Bank Lehman Brothers löste eine Lawine aus,
die viele Länder in die Krise riss. Und in Europa kam eine Währungskrise hinzu.
(5)

In den USA kostete die Rettung des Bankensystems in der Reaktion auf den Krisenausbuch 2008 circa 700 Milliarden US-Dollar, der deutsche Rettungsschirm erreichte mit 500 Milliarden Euro ähnlich astronomische Höhen. (6)

Neben Banken und Industriekonzernen traf die Finanzkrise Staatshaushalte, besonders in schwächeren Ländern des Euroraums. Sinkende Steuereinnahmen, steigende Sozialausgaben, Rettungsmilliarden für Banken und explodierende Arbeitslosigkeit führen zu immer neuen Belastungen und Unsicherheiten.

Die Arbeitslosenrate schoss in der Europäischen Union von 2008 bis 2010 um circa ein Drittel von 7% auf 9,6% in die Höhe. Zwischen 2010 und 2013 stieg sie weiter auf 10,9%. Wenn sie danach in einigen Staaten und u EU-Durchschnitt wieder sank, dann liegt darin keine Entwarnung. Die Herrschenden haben erneut wie in den 1920er Jahren auf eine Entwicklung ökonomischer Instabilität mit unterschiedlichen Mitteln reagiert. Eines der Mittel ist der Aufstieg nationalegoistischer, rassistischer und demokratieverachtender Kräfte. 2017 waren immer noch über 2 Mio. mehr Menschen in der EU arbeitslos, als 2008.
Die Abstiegserfahrungen und die Abstiegsangst über viele Jahre hat bei breiten Teilen der lohnabhängigen Bevölkerung, also in der Arbeiterklasse eine Öffnung für rechtsnationale Kräfte, deren gruppenbezogene Menschenfeindlichkeit und Sündenbocktheorien mit autoritären Machtprojektionen an Einfluss gewinnt. (7)

Die Medien der Herrschenden, und längst nicht nur die Springer- Presse, sondern auch vermeintliche Qualitätsmedien wie der Spiegel sowie rechte Medienportale befeuern diese Bewusstseinsentwicklung systematisch und regelmäßig. Sie skandalisieren vermeintliche Ungerechtigkeiten zugunsten von Flüchtlingen und anderen ganz bedürftigen Menschen. So werden benachteiligte und teilweise gänzlich entrechtete Menschen gegeneinander aufgebracht.

Die skandalösen Privilegien Superreicher werden in der Mainstream-Presse gemeinhin nicht als Skandal behandelt.

Die Verlagerung von Produktionsstätten in sogenannte Billiglohnländer auch Osteuropas, die Zunahme an befristeten und Teilzeit-Verträgen führten und führen zu einer Entsolidarisierung innerhalb der Arbeiterklasse und zu Forderungen nach Abstrichen in der Sozial- und Tarifpolitik auf Kosten der Benachteiligten, die sich entsprechend zurückgesetzt erleben. Zu den ökonomischen Resultaten der Zeit seit dem Ende des Kalten Krieges, seit dem Zusammenbruch der realsozialistischen Staaten gehört die Tatsache, dass Deutschland einen der größten Niedriglohnsektor der Europäischen Union hat.
Wer blind gegenüber den systembedingten Ursachen für diese Lage ist, bei dem haben Nazis gute Chancen, Gehör zu finden. Ihre Hetze gegen besonders Bedürftige lenkt auch davon ab, dass die Hochrüstung und die Begünstigung der Superreichen Milliarden verschlingt, die in der Sozial-, Bildungs-, Infrastruktur- und Umweltschutzpolitik fehlen. Die skandalöse Begünstigung des Reichtums führt unter anderem dazu, dass nach Spiegel 3/2018 nur 45 Bürger Deutschlands so viel besitzen, wie die ärmere Hälfte der Bevölkerung. Derartige Ungerechtigkeiten verbittern, und sie begünstigen Verschwörungstheorien über die sogenannte Elite, ohne dass dies zu einer Verbreitung der Systemkritik führt.

Die politisch-ideologische Herrschaftsausübung baut auf Eckpfeilern auf, die den Nazis in die Hände spielt: Die Ideologie und Propaganda faschistischer Kräfte und ihrer Vorfeldorganisationen entspricht einerseits dem Weltbild vieler Mitbürger/innen als auch den Bedürfnissen der herrschenden Klasse: Die Unzufriedenheit mit den gegebenen Zuständen koexistiert mit einem Bewusstsein, das die kapitalistische Gesellschaftsordnung nicht infrage stellt. Die Gemeinschaftsideologie, derzufolge wir ein Volk sind, das sich gegen Fremde abgrenzt, blendet die Klassengegensätze aus. Das Führerprinzip verachtet die Demokratie und koexistiert mit militantem Antikommunismus. Die Sündenbock- Theorie bietet vermeintlich einfache und schnelle Lösungen für die existenziellen Übel der Zeit. Militarismus und Propaganda für autoritäre Mächte liefern Machtgefühle, die helfen, Ohnmachts-Ängste und -Erlebnisse teilweise zu kompensieren.

Ein deutliches Beispiel für die Wirkmacht der rechten Propaganda ist ein Ausschnitt eines Interviews von Björn Höcke, das er Ende November der Schweizer Weltwoche gab: „Wir erleben momentan einen regelrechten Kulturkampf zwischen zwei Lagern: auf der einen Seite kosmopolitische Universalisten, die von einer Weltbürgerschaft träumen. Auf der anderen Seite nationale Nominalisten, die am Nationalstaat festhalten … . Ich bin der … Überzeugung, dass wir es bei der ersten Gruppe mit einer geschlossenen transatlantischen Politelite zu tun haben, die mit allen möglichen Institutionen verzahnt ist. Diese Leute sitzen an den Hebeln der Macht. Ihnen geht es darum, die Vielfalt der nationalen Kulturen im Sinne einer One-World-Ideologie glattzuschleifen. Und ich glaube auch – obwohl ich Trumps Äußerungen manchmal sehr gewöhnungsbedürftig finde – dass Trump genau den gleichen Kampf gegen dieses Establishment führt wie wir. Es ist eine sehr harte Auseinandersetzung. Wir legen uns mit mächtigen Kreisen an. Aber wir haben die Bevölkerung auf unserer Seite, auch wenn ein großer Teil noch Opfer der öffentlichen Meinungsmanipulation ist.“

Mit derartigen Ideologemen liefert die AfD ideologische Eckpfeiler auch für die Gewaltbereitschaft von Nazis. Seit der Übernahme der DDR durch die BRD sind ca. 200 Morde aus diesem Lager zu beklagen. Es wird durch Kampagnen wie die gegen den WDR wegen dem Lied gegen Omas Umweltsünden gestärkt.

Die Kriminalstatistik des Bundesinnenministeriums vom 8.5.2018 setzt sogenannten Links- und Rechtsextremismus parallel und ordnet den Rechten mit über 20 000 Straftaten eine circa doppelt so hohe Kriminalität zu, wie den als Linke eingestuften. Zitat: „Die mit Abstand meisten Gewaltdelikte wurden im Bereich der PMK -links- registriert: Insgesamt 1.967, eine Steigerung gegenüber dem Vorjahr um 15,6 Prozent. Rechtsmotivierte Gewalttaten sind hingegen um 33,5 Prozent (auf 1.130) zurückgegangen.“ (8)

Diese Verharmlosung koexistiert mit einer Begünstigung der Rechten, die damit zusammenhängt, dass rechte Ideologien wie der Antikommunismus in den sogenannten ‚Sicherheitsorganen‘ häufig anzutreffen sind. Es gibt viele Verdachtsmomente und teils auch Belege über eine Verstrickung staatlicher Strukturen mit Nazis, wie der NSU-Terror und der Mord an Regierungs-präsident Lübcke offenlegte. (9)
Ganz anders der Umgang mit Demokraten wie der Vereinigung der Verfolgten des Naziregimes-Bund der Antifaschisten (VVN-BdA):

Dass die VVN-BDA sich auf den ´’Schwur der Häftlinge des Konzentrations-lagers Buchenwald‘ beruft, macht sie verdächtig: Der Schwur benennt laut dem hessischen Verfassungsschutz (VS von Hessen – AZ vom 7.10.16 L13-257-S-530.005-30/16) den Kapitalismus als den eigentlichen Urheber des Faschismus. „Konkludent“ lehnt die VVN also die ‚kapitalistische‘, mithin freiheitliche demokratische Grundordnung ab.

Der damit selbst schon als verfassungswidrig eingestufte Schwur von Buchenwald hier im O-Ton-Zitat:
„Wir stellen den Kampf erst ein, wenn auch der letzte Schuldige vor den
Richtern der Völker steht! Die Vernichtung des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung. Der Aufbau einer neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel.“ (10)

Unter Verweis auf Verfassungsschutz-Dokumente hat die Berliner Finanzbehörde der VVN die Gemeinnützigkeit aberkannt. (11)

Die Petition für die VVN hat aktuell schon einiges über 80 Prozent der Zielmarke von 35 000 Unterstützern erfüllt. Das lässt auf einen neuerlichen Erfolg hoffen, nachdem schon eine vierstellige Anzahl neuer Mitglieder nach der Aberkennung der Gemeinnützigkeit zu verzeichnen ist.

Auch die Kritik des Mitglieds des Mädchenorchesters on Auschwitz Esther Bejarano, dass sie in diesem Land Ehrungen erfährt, während ihre Organisation heftigen Angriffen ausgesetzt ist, zeigt hier unterstützende Wirkung.

In Anlehnung an Worte des damaligen Vorsitzenden der KPD bei der Beschlussfassung des Grundgesetzes gilt: Die politische Linke verteidigt das Grundgesetz und damit die Grundrechte gegen Kräfte aus den Strömungen der Macht, die es damals beschlossen haben. Imperialismus an der Macht bedeutet Reaktion.

Das Fehlen einer Gegenkraft, wie sie bis 1990 im Kampf der Systeme existierte, macht es den Herrschenden einfacher, die Grundrechtseinschränkungen und den ökonomischen Druck auf die Arbeiterklasse auszubauen, um auch in Krisenzeiten das Heft des Handelns in der Hand zu behalten. Wie vor 50 Jahren die Notstandsgesetze dienen auch die Polizeigesetze diesem Zweck. Das Roll-back der Reaktion wird ideologisch über den Antikommunismus hinaus mit einer Geschichtsverfälschung exekutiert, die brandgefährlich ist: Die Sowjetunion als Vorgängerstaat Russlands wird zum Mitschuldigen für den 2. Weltkrieg, die Menschheitstragödie des 20. Jahrhunderts überhaupt, erklärt. Dies, obwohl die Rote Armee den Haupt-Anteil an der Befreiung Europas von Faschismus und Krieg hatte und obwohl die Sowjetunion mit über 27 Millionen Toten den größten Blutzoll des Kampfes gegen den Faschismus zahlte. Der als Hitler-Stalin-Pakt bezeichnete Nichtangriffspakt führte letztes Jahr zu einer Entschließung des EU-Parlaments, die die Geschichte auf den Kopf stellt. Am Text waren Rechtsnationalisten und Rechtsextreme beteiligt, darunter die polnische PIS und die spanische Vox. Eine breite Mehrheit von ganz rechts bis zu den Sozialdemokraten erklärte, der Krieg sei eine unmittelbare Folge des Vertrages zwischen Nazi-Deutschland und der Sowjetunion. Den beiden Mächten wird gleichermaßen das Ziel unterstellt, jeweils die Welteroberung anzustreben. Mit dieser Resolution verwischt die EU die in den Nürnberger Prozessen erhobene Anklage gegen die Führerschaft der Nazis wegen des Verbrechens der Planung und Durchführung eines Angriffskrieges; kein anderer Staat wurde dessen bis 2019 beschuldigt. Das alles fügt sich in eine strategische Ausrichtung der NATO und breiter Teile der EU-Verantwortlichen ein, die auf einen Krieg gegen Russland hinauslaufen: In der Konferenz hoher NATO-Strategen von 2014 in Kleve, die unter dem Titel ‚Future-Vector‘ (zu Deutsch ‚Pfeil der Zukunft‘) stattfand, erklärten die Militärs, es sei anzuzweifeln, dass es keinen großen Krieg mehr in Europa geben werde. Als Ausgangpunkt machten sie die Gebiete um die russische Westgrenze aus. Nachwehen des Antikommunismus aus dem Kalten Krieg und der gegen Russland gerichteten Stoßrichtung des Militarismus führen zu einer Gefährdung der Existenz der Zivilisation. Man muss das so sagen, da den Worten durch die Rüstung, durch die Zerstörung des Vertragswerkes gegen die Atomrüstung (siehe die Aufkündigung des INF-Vertrages über das Verbot von Atomraketen in Europa) und dieses Frühjahr durch das größte Manöver von Nato-Kräften seit dem Ende des Systemwettbewerbs (=’Defender 2020′) eine Aktion darstellt, in der sie den schnellen Truppentransport genau an die russische Westgrenze einüben. Dazu passt, dass der EU-Haushalt 6,5 Milliarden Euro bereit-stellt, um die Transportwege in Richtung Osten militärtauglicher zu machen. (12)

Das ist Wahnsinn, schon alleine deshalb, weil ein Krieg in dieser Region, den die Militärs durchspielend vorbereiten, das Ende Europas bedeuten würde; dies schon alleine deshalb, weil in Gebieten, die als Kampfgebiete in die Planung kommen, teils besonders leistungsstarke Atomkraftwerke stehen, die auf keinen Fall hoch gehen dürfen, sonst braucht sich in Europa die nächsten 100 000 Jahre niemand mehr blicken zu lassen. Die Ostermärsche und weitere Aktionen der Friedensbewegung werden den Protest gegen dieses erneute Spiel mit dem Feuer in die Öffentlichkeit tragen.
Die Politik und Propaganda der Herrschenden stellt eine offensichtlich zunehmend gefährlichere Zukunftsbedrohung dar, gegen die die Friedens-, Menschenrechts- und Ökologie-Bewegungen und ihre Weggefährten die Verantwortung haben, das Überleben zu verteidigen. Wir werden in den Tagen vor dem 75. Jubiläum des Tages der Befreiung auf den Ostermärschen gemeinsam gegen Militarismus und Krieg auf die Straße gehen, wir werden nicht nur freitags, dann aber auch, die Zukunft vor dem Kapitalismus und der ihm innewohnenden Kriegsgefahr zu schützen haben.

(1) https://www.sueddeutsche.de/politik/neonazi-netzwerk-in-deutschland-der-schoss-ist-fruchtbar-noch-1.1232006
(2) https://multimedia.boerse.ard.de/schwarzer-freitag-berliner-boerse#3653
(3) https://www.grin.com/document/105485 ]
(4) https://www.freitag.de/autoren/the-guardian/vom-flackern-zum-feuer
(5) siehe: https://www.planet-wissen.de/gesellschaft/wirtschaft/boerse/pwiefinanzkrise100.html
(6) https://www.auxmoney.com/de/geldanlage-heute/die-finanzkrise-2008-und-ihre-auswirkungen.html
(7) http://www.bpb.de/nachschlagen/zahlen-und-fakten/europa/135609/arbeitslosigkeit-globale-finanz-und-wirtschaftskrise
(8) https://www.bmi.bund.de/SharedDocs/pressemitteilungen/DE/2018/05/pks-und-pmk-2017.html%3Bjsessionid=1741B5499DFFCA1F592C9A1192443D0A.1_cid364
(9) Bsp.: https://www.stuttgarter-nachrichten.de/inhalt.nsu-terror-neonazi-tino-brandt-praezise-und-wortkarg.b2c415c5-e9ea-4e28-a52a-cd2ac008d7a3.html
(10) https://dasjahr1945.de/der-schwur-von-buchenwald/
(11) https://www.openpetition.de/petition/online/die-vvn-bda-muss-gemeinnuetzig-bleiben
(12) https://oezlem-alev-demirel.de/wp-content/uploads/2019/12/EU-Milliarden-Grab-Booklet.pdf

Quelle:

VVN-BdA Landesvereinigung Nordrhein-Westfalen