In den Felsen: KPD-Archiv aus den 30ern in Ochelwänden gefunden

Ende April fanden zwei Mitglieder der Schwarz-Roten Bergsteiger_innen SRB (FAU) auf einer Klettertour ein Materialversteck der KPD vom Beginn der 30er Jahre. Der wohl mindestens 87 Jahre alte Fund wurde mit dem Landesamt für Archäologie vorsichtig geborgen und wird nun ausgewertet. Mutmaßlich handelt es sich um ein Archiv der KPD Kohlmühle, das angesichts der nahenden NS-Diktatur in Sicherheit gebracht wurde. Die SRB (FAU) forschen nun auch in den Archiven zu den Hintergründen und bitten um Mithilfe.

Am 21. April waren zwei Bergsteiger von der Vereinigung SRB in den oberen Ochelwänden bei Kohlmühle unterwegs. Auf einem abseitigen Wildschweinpfad fanden sie auf einmal Papierfetzen auf dem Boden. Da beide glücklicherweise schon ein paar Jahre in der Geschichtsforschung zu NS und Widerstand im Elbsandsteingebirge engagiert sind, schlossen sie schnell, dass es sich hier wohl nicht einfach nur um achtlos weggeworfenen Müll handelt: “Die Art des Papiers und ein paar Schlagworte auf den Papierfetzen weckten in mir schnell die Hoffnung, dass das vielleicht ein ganz besonderer Fund ist”, so Steve Potyka von den SRB. Nachdem auf dem Waldboden bei näherem Hinsehen immer mehr Schnipsel und Fragmente auftauchten die scheinbar auf die KPD vor 1933 hinwiesen, versuchten sie rasch einen befreundeten Historiker zu erreichen. Parallel erkletterten sie die nahegelegenen Felsspalten und fanden in 6-8m Höhe eine kleine Boofe: Darin stapelweise Broschüren, Hefter, Zeitungen der KPD. Vmtl. hatte ein Tier vor einigen Monaten eines der Pakete aufgefetzt, die Witterung verteilte seitdem den Inhalt über den nahen Wald. Die beiden Dresdner Bergsteiger sicherten mit einem dazugekommenen dritten Bergfreund aus Rathmannsdorf einen ersten Teil des bedrohten Materials. Am nächsten Tag informierten sie das Landesamt für Archäologie und führten mit weiteren SRB-Mitgliedern eine zweite Notbergung durch. Die Woche darauf bargen zwei Grabungstechniker des Landesamtes für Archäoglogie das restliche Material.

Aufgrund des teils sehr schlechten Zustandes des Materials konnte nur ein kleiner Bruchteil bei der Bergung auch gesichtet werden. Der Fund enthielt Zeitungen und Broschüren der KPD, der Gefangenenunterstützungsorganisation Rote Hilfe, der Roten Gewerkschaftsopposition und anderer KPD-naher Organisationen. Das meiste Material datierte auf Ende der 20er bis Sommer 1932. Unter den Unterlagen befinden sich auch interne Anweisungen an die lokalen KPD-Strukturen zur Vorbereitung auf die drohende NS-Diktatur. Die SRB hatten zum KPD-Widerstand in Kohlmühle während der NS-Zeit bereits früher recherchiert. Ein Brief im jetzigen Fund war an den KPD-Unterbezirksleiter Max Richter aus Kohlmühle gerichtet. Dieser leitete nach der Machtübergabe an Hitler zunächst die Aktivitäten der KPD Kohlmühle und war am Aufbau weiterer KPD-Widerstandsgruppen und der Materialverteilung in der Region beteiligt, bevor er in die CSR floh und dort bis 1939 weiter für den Widerstand aktiv blieb, drei Monate nach der Annektion der CSR floh er erneut über Ostrava, sein weiteres Schicksal ist den SRB derzeit nicht bekannt. In Kohlmühle gab es eine KPD-Ortsgruppe und eine KPD-Betriebsgruppe im späteren Linoleumwerk.

Die beiden Gruppen organisierten Berichten von Zeitzeugen zu Folge u. a. Verbreitung von antifaschistischen Publikationen in Zusammenarbeit mit Pirnaer Strukturen, daneben Geldsammlungen für Verhaftete und ihre Familien. Es bestanden Verbindungen zu den Widerstandskreisen des bekannten Bergsteigers Walter Zirnstein aus Ulbersdorf. 1935 und 1939 wurden 5 Mitglieder zu insgesamt 5 Jahren und 5 Monaten Gefängnis wegen Vorbereitung zum Hochverrat verurteilt, ihr weiteres Schicksal ist aktuell nicht bekannt. Die SRB (FAU) wollen nun weiter in den Archiven und Prozess-Akten zu der Gruppe forschen. Von der Auswertung des Fundes erhoffen sie sich mehr Hinweise auf weitere, vielleicht unentdeckt gebliebene Mitglieder der Gruppe und ein genaueres Verständnis von der Lageeinschätzungen und Vorbereitungen der KPD bzgl. des nahenden NS-Regimes 1932.

Die SRB sind eine Vereinigung aktiver Bergsportler_innen innerhalb der Basisgewerkschaft FAU. Neben Naturschutz und Bergsport haben sie sich eine kritische Gedenkkultur und den Kampf gegen rechte Tendenzen im Landkreis SOE zur Aufgabe gemacht. Dabei recherchieren sie auch in Archiven, beteiligen sich am Online-Karten-Projekt Gedenkplätze¹ des AKuBiZ e.V. aus Prina und führen interessierte Gruppen regelmäßig zum Thema NS-Vergangenheit durch das Elbsandsteingebirge. Für ihre ehrenamtliche Tätigkeit freuen sich die SRB über Mithilfe.

Quelle:     Schwarz-Rote Bergsteiger_innen Dresden   / RedGlobe