Lübcke-Mordprozess: dju kritisiert Bedingungen für Berichterstattung

Die wegen der Covid-19-Pandemie bereits begrenzten Möglichkeiten zur Berichterstattung vom Prozess gegen den mutmaßlichen Mörder des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke will der Vorsitzende Richter des Oberlandesgerichts noch weiter einschränken. Das ergibt sich nach Angaben der Deutschen Journalistinnen- und Journalisten-Union (dju) in ver.di aus dem vom Gericht erlassenen Akkreditierungsverfahren für Medienvertreter.

Nachdem wegen der Abstandsregelungen nur maximal 19 Journalistinnen und Journalisten im Gerichtssaal selbst anwesend sein dürfen, soll es für weitere maximal 41 Medienvertreter*innen nur eine Tonübertragung in einen anderen Gerichtsraum geben. „Journalistische Arbeit in einem solchen Gerichtsverfahren ohne Sichtkontakt zu den Angeklagten ist fast nicht vorstellbar“, findet der für den Medienbereich zuständige Fachbereichsleiter Manfred Moos von ver.di Hessen. Auch wenn damit Neuland betreten werden müsste, sei eine Videoübertragung wohl die einzige Möglichkeit für eine akzeptable Berichterstattung. „In Corona-Zeiten werden EU-Gipfel per Videokonferenz veranstaltet; da sollte es doch möglich sein, eine Video-Übertragung von einem in einen anderen Saal des Gerichtes zu erlauben“, sagt Moos.

Schwerwiegend ist darüber hinaus die Ankündigung des Gerichts, Journalistinnen und Journalisten dürften keine technischen Geräte mit in den Saal nehmen, insbesondere keine Notebooks und Mobiltelefone. Selbst im zweiten Gerichtsraum, in den nur Ton übertragen werden solle, gelte dieses Verbot. „Notebooks und Mobiltelefone sind heutzutage unverzichtbare Handwerkszeuge für eine aktuelle Berichterstattung“, meint die dju. Ohne die Möglichkeit zur Nutzung neuer Technik wären Journalistinnen und Journalisten gezwungen, während des laufenden Prozesses immer wieder den Gerichtssaal zu verlassen, um die fortlaufende Berichterstattung zu gewährleisten. Dies sei unzumutbar und gefährde eine umfassende Darstellung des Prozessgeschehens.

Die dju appelliert deshalb an die Verantwortlichen beim Frankfurter Oberlandesgericht, die Einschränkungen bei der Berichterstattung zu überdenken. Immerhin handele es sich bei dem am 16. Juni 2020 beginnenden Verfahren um einen Prozess, der weltweit Aufmerksamkeit finden wird und eine ähnliche politische Brisanz hat wie seinerzeit der NSU-Prozess in München.

Quelle:

ver.di Landesbezirk Hessen