Von 570 Arbeitsplätzen und der Diktatur der Konzerne

»So bleibt das Schicksal unserer Stahlindustrie – oder sagen wir besser, von dem was noch übriggeblieben ist – weiterhin abhängig von den Profitstrategien ausländischer Großaktionäre… Wenn wir unsere Stahlindustrie behalten wollen, dann muss dafür gekämpft werden. Wenn wir in dieser Industrie wirklich mitbestimmen wollen, dann muss sie den ausländischen Großaktionären und Spekulanten aus den Händen genommen werden.«

Dieses Zitat aus einer Rede des kommunistischen Abgeordneten und KPL-Präsidenten René Urbany aus dem Jahre 1988 hat seither nichts an Aktualität verloren, abgesehen davon, dass mehr als 30 Jahre vergingen, während denen mit der Zustimmung der aufeinanderfolgenden Regierungen der vollständige Ausverkauf und die weitgehende Demontage der Stahlindustrie in unserem Land erfolgten. 2006 wurden die Luxemburger Stahlbetriebe dem indischen Kapitalisten Mittal zum Fraß vorgeworfen, der nichts Besseres zu tun hatte, als wenige Jahre später das Schifflinger Hüttenwerk – obwohl die Anlage lebensfähig war – zu schließen, weil es nicht genügend Profit für die Aktionäre abwarf. So funktioniert die Diktatur des Kapitals.

Der am Donnerstag dieser Woche von ArcelorMittal angekündigte, erneute Aderlass in Form eines Abbaus von bis zu 570 Arbeitsplätzen in der Produktion und in der Verwaltung, kommt nicht überraschend, auch wenn die Regierung so tut als ob.
Unabhängig von den Auswirkungen der Covid-19-Krise hatte der Stahlkonzern bereits 2019 für die nächsten drei bis fünf Jahre einen neuen Restrukturierungsplan namens »Score« angekündigt, der es erlauben sollte, 50 Millionen Euro jährlich einzusparen und gleichzeitig bis zu 300 Arbeitsplätze abzubauen, ohne dass die hiesigen Statthalter der Aktionäre Aufschluß über Begleitmaßnahmen und Investitionen geben wollten.

Den Gewerkschaften wird die Aufgabe zufallen, ihre ganze Kraft in die Waagschale zu legen, um, wie der OGBL bereits ankündigte, eine Abmachung mit bestmöglichen sozialen Begleitmaßnahmen für die von der Restrukturierung betroffenen Arbeiter und Angestellten zu erreichen. Zu hoffen ist, dass das gelingen wird.

Viel schwieriger, beziehungsweise unmöglich wird es sein, ArcelorMittal zu Investitionszusagen, geschweige denn -garantien zu bewegen, denn die Stahlbarone, für die allein der »Shareholder-value« zählt, hielten sich in der Vergangenheit nie an Investitionsversprechen, abgesehen davon, dass unter Mittal keine einzige Großinvestition in neue Produktionsanlagen oder in stahlweiterverarbeitende Betriebe erfolgte.

Um das zu garantieren, wäre es schon erfordert, auf politischer Ebene Entscheidungen zu treffen und die Stahlindustrie, wie das die KPL seit Anfang der 1980er Jahre fordert, zu vergesellschaften und die Produktion und die Investitionen entsprechend den gesellschaftlichen Bedürfnissen zu reorganisieren, ohne den Mittals dieser Welt Maximalrenditen garantierten zu müssen.

Das gilt übrigens nicht nur für die Stahlindustrie, denn in einer Welt, in der die Konzerne den Ton angeben und die Regierungen und politischen Parteien zu deren Musik tanzen, haben die Lohnabhängigen immer das Nachsehen, so dass es erfordert ist, die Macht der Konzerne zu brechen, indem man ihnen ihren Besitz aus den Händen nimmt.

Die das sagen, sind heute eine kleine Minderheit, aber wenn die Stahlarbeiter und die Lohnabhängigen diese Erkenntnisse verinnerlichen – und die Kommunistische Partei stärken – werden grundlegenden Veränderungen möglich sein, und die Konzernherren werden daran gehindert, den Schaffenden die Bedingungen weiterhin zu diktieren.

Ali Ruckert

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek