Putsch in Mali: Gründe und Aussichten

Am 19.08.2020 trat der malische Staatspräsident, Ibrahim Boubacar Keïta, mit der gesamten Regierung zurück. Grund für den Rücktritt war der Putsch der malischen Streitkräfte, die den Premierminister Malis verhaftet hatten. Doch was ist eigentlich los in Mali?

Die Militarisierung der Sahelreion

In den letzten 20 Jahren rückt die Sahelregion zwischen der afrikanischen Westküste und dem Sudan im Osten Afrikas aufgrund ihrer geostrategischen Lage und ihren Rohstoffen zunehmend in den Fokus westlicher Interessenspolitik. Durch den NATO-Krieg, hauptsächlich auf Initiative der USA, Frankreichs und Englands, gegen Libyen 2011 und dessen Zerfall, wurde die Destabilisierung der Region maßgeblich vorangetrieben. Während Libyen bombardiert wurde, finanzierte die EU ein Programm zur Wiederherstellung der Präsenz und Autorität des Staates im Norden Malis. Polizei und Militärstützpunkte wurden gebaut. Die im Norden Malis lebenden Tuareg-Gruppen verloren mit dem Sturz Libyens ihre Schutzmacht und sahen ihre Autonomie mit dem Ausbau der Militärstützpunkte angegriffen. Der Krieg in Libyen bedeutete zeitgleich auch eine steigende Macht von islamistischen Gruppen, die wie die Tuareg Waffen aus Libyen bekamen. Der bewaffnete Konflikt hatte zur Folge, dass im Süden die malische Armee putschte und die Kontrolle über den Norden des Landes islamistische Gruppen übernahmen.

Diese Situation nutzte Frankreich, um unter dem Deckmantel des „Kriegs gegen den Terror“ ab 2013 ihre Interessen in Mali auch militärisch durchzusetzen. An der „Operation Serval“ ist auch die Bundeswehr beteiligt, die bereits seit 2005 in Mali aktiv war und nun eine Beratungs- und Ausbildungsfunktion in der malischen Armee einnehmen sollte.

Militärputsch als Folge der Destabilisierung

Seit Anfang Juni 2020 gibt es in Mali Antiregierungsproteste, die sich trotz zahlreicher Verhaftungen nicht stoppen ließen. Die Protestierenden werfen der Regierung und Keita Korruption vor und keinen Fortschritt bezüglich Frieden und Stabilität erreicht zu haben. Hauptakteure der Putschisten (M5-RFP ) sind junge Offiziere und nationale Kräfte, die die Kontrolle über das Land zurückgewinnen wollen. Ziel sei ein demokratisches Mali mit einer strengen Trennung von Religion und Staat. Der Putsch wurde scharf von der EU, allen voran Deutschland und Frankreich kritisiert und die Freilassung Keitas gefordert. Das ist auch konsequent, hatte dieser sich doch als willfähriger lokaler Partner ihrer neokolonialen Bestrebungen erwiesen.

Die Westafrikanische Wirtschaftsgemeinschaft ECOWAS verhängte Sanktionen gegen das von Corona zusätzlich gebeutelte Land. Seit dem 25.09.2020 regiert Bah N’Daw das Land für die nächsten 18 Monate gemeinsam mit einer Übergangsregierung aus 11 weiteren Personen. So wird sich ein schnelles Ende der Sanktionen erhofft. Die Regierung möchte die Wirtschaft ankurbeln und endlich für Frieden sorgen, ob es aber gelingt, das Land zu stabilisieren, hängt wesentlich vom Ende der imperialistischen Einmischung ab. Bisher hat die neue Übergangsregierung jedoch noch keine Position gegen den Einsatz ausländischer Armeen in Mali bezogen. Für den deutschen und französischen Imperialismus bleibt die Stationierung von Truppen in Mali ein strategischer Stützpunkt, um ihren Einfluss in Westafrika aufrecht zu erhalten und auszubauen. Dieser Einfluss richtet sich nicht ausschließlich auf die Kontrolle von Verkehrswegen und Rohstoffen, sondern immer auch gegen die wachsende Zusammenarbeit afrikanischer Staaten mit China.

Josephine, Bochum

Dieser Artikel erschien in der aktuellen Position, dem Magazin der SDAJ.

Quelle:

SDAJ – Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend