Aufklärung des NSU-Terrors unerwünscht

Am 6. November jährt sich zum zehnten Mal die Selbstenttarnung des neofaschistischen Terrornetzwerks „Nationalsozialistischer Untergrund“ (NSU). Das Terrornetzwerk um Uwe Mundlos, Uwe Böhnhardt und Beate Zschäpe ermordete zwischen 2000 und 2006 neun Migranten und 2007 eine Polizeibeamtin. Außerdem soll der NSU neben einer Reihe von Banküberfällen für einen Nagelbombenanschlag in der mehrheitlich von Migranten bewohnten Keupstraße in Köln verantwortlich sein, bei dem 22 Menschen zum Teil schwer verletzt wurden.

Aufgearbeitet sind die Taten des Terrornetzwerkes trotz der Verurteilung zu lebenslanger Haft von Beate Zschäpe, der einzigen Überlebenden des Kerntrios, im Juli 2018 vor dem Oberlandesgericht München bis heute nicht. So stellt sich vor allem die Frage, warum die Morde an den Migranten endeten, nachdem der hessische V-Mann-Führer Andreas Temme 2006 bei der Ermordung von Halit Yozgat in einem Kasseler Internetcafé anwesend war. Die Rolle des Verfassungsschutzes und der V-Leute wurde systematisch vertuscht.

Auch über die Unterstützer des NSU ist bis heute keineswegs alles bekannt. Militante faschistische Netzwerke bestehen nach wie vor – geschützt von den Behörden, allen voran den Inlandsgeheimdiensten. Weder sind die Aktivitäten der V-Leute in der militanten Naziszene aufgearbeitet, noch die Verantwortlichen für das Schreddern wichtiger Unterlagen in den sogenannten Verfassungsschutzämtern zur Rechenschaft gezogen worden. Die Angehörigen der NSU-Opfer, die zum Teil selbst in das Visier der Ermittler gerieten, sind bis heute auf sich allein gestellt.

Die von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) einst versprochene Aufklärung des rechten Terrors fand nicht statt. Der Prozess gegen Beate Zschäpe entpuppte sich schnell als Farce, Mittäter wurden mit Milde bedacht oder freigesprochen. Polizei und Geheimdienste machen weiter wie bereits in den Jahrzehnten zuvor und bagatellisieren die von den extremen Rechten ausgehenden Gefahren. Der Feind steht links. Verwundern darf das bei Behördenleitern wie dem ehemaligen Präsidenten des Bundesamtes für Verfassungsschutzes und CDU-Politiker Hans-Georg Maaßen nicht. In Hessen, dem Bundesland, in dem Walter Lübcke (CDU) von dem den Behörden lange bekannten Faschisten Stephan Ernst ermordet wurde, war es die Landesregierung aus Bündnis 90/Die Grünen und CDU, die die Aufklärung des Naziterrors blockierte. Sie erklärte interne Berichte für 120 Jahre (!) zur Geheimsache. Das bittere Fazit in Sachen NSU: Eine Mordserie wie die des NSU-Netzwerks wäre jederzeit wieder möglich.

Quelle: UZ – Unsere Zeit – Aufklärung des NSU-Terrors unerwünscht