Debatten über Stromreform

In Mexiko wird seit mehreren Wochen über eine Reform der Stromversorgung diskutiert. Die Initiative zur Reform geht vom mexikanischen Präsidenten Andrés Manuel López Obrador aus. Im Zentrum der Reform steht eine Stärkung der Bundeskommission für Elektrizität (CFE). Die Tochtergesellschaften der CFE sollen aufgelöst und in die CFE eingegliedert werden. Die staatliche CFE soll zukünftig mindestens 54% des Stroms produzieren, den Rest sollen weiterhin private Konzerne beisteuern. Die Energieregulierungskommission (CRE) und die Nationale Kohlenwasserstoffkommission (CNH) sollen aufgelöst werden und ihre Kompetenzen an das Energieministerium übertragen werden. Zudem soll die Erlaubnis zur eigenständigen Energieversorgung privater Unternehmen eingeschränkt werden und die Zertifikate für saubere Energie (Certificados de Energías Limpias, CELs) sollen abgeschafft werden.

Der Vorschlag hat in Mexiko zu großen politischen Debatten geführt. Bei einer Debatte über die Reform im Parlament, die auch eine Änderung der Verfassung beinhalten würde, wurde eine Entscheidung darüber von den Abgeordneten vertagt. Dem Budgetvorschlag für das kommende Jahr wurde ein Vorrang eingeräumt. Die vorgeschlagene Stromreform soll erst einmal in einem ausführlichen Diskussionprozess mit den Energieversorgern und der Bevölkerung weiterbearbeitet werden. EnergieexpertInnen privater Energiekonzerne warnen vor einem Verstoß gegen das Freihandelsabkommen Mexiko-USA-Kanada und erklärten, dass mit der Reform Energiekonzernen der Anreiz zu Investitionen in neue private Kraftwerke schwinden würde, da die Rendite durch das Fehlen einer Kontrollinstanz zu unsicher würde.

Der Botschafter der USA in Mexiko, Ken Salazar, attackierte die Reform heftig. Die USA sehen in der Reform, wenn sie beschlossen werden würde, eine Verletzung des Freihandelsabkommens Mexikos mit Kanada und den USA. Am Mittwoch richteten 40 republikanische Abgeordnete ein gemeinsames Schreiben mit dem US-Botschafter an die Regierung gegen die Reform. Die US-amerikanischen Abgeordneten warnten davor, dass die Stromreform auf US-Investitionen, Arbeitnehmer und die in dem neuen Freihandelsabkommen enthaltenen Nachhaltigkeitsverpflichtungen Einfluss haben würde.

Kritik der Kommunistischen Partei Mexikos

Das Politbüro des Zentralkomitees der Kommunistischen Partei Mexikos (PCM) kritisiert die Stromreform in einer ausführlichen Stellungnahme ebenfalls. Die PCM hält fest, dass „die Parteien und Fraktionen, die die bürgerlichen Rivalitäten repräsentieren, ihre Positionen zur Energiereform“ präsentierten, „als ob sie im „Volksinteresse“ lägen“. Sie erklären, dass es nicht schwer ist den Widerstand der reaktionären Opposition gegen die Stromreform zu entlarven, hinter ihnen stehen all zu offensichtlich die Teile des Kapitals, die dazu übergegangen sind sich selbstständig mit Strom zu versorgen, anstatt ihn von der CFE zu kaufen und die privaten Energiekonzerne. Schwieriger ist es die Interessen der Kapitalfraktionen zu erkennen, die hinter dem sozialdemokratischen Reformvorschlag stehen. Das Politbüro geht davon aus, dass es darum geht, die recht große Zustimmung in der Arbeiter- und Volksbewegung zu diesem Reformvorschlag, dazu zu nutzen, die Arbeiter- und Volksbewegung dazu aufzufordern „Begleiter oder Verbündeter bei der Option zu sein, eine Rückkehr zu bestimmten Merkmalen des staatsmonopolistischen Kapitalismus zu bewerkstelligen; das heißt, sich unter dem alten Banner des so genannten revolutionären Nationalismus zu vereinen“. Sie erinnert daran, dass bis zur sogenannten neoliberalen Wende, die kapitalistische Ausbeutung in Mexiko über 60 Jahre mit der Phrase vom revolutionären Nationalismus aufrechterhalten wurde.

Das Politbüro der Kommunistischen Partei Mexikos weißt darauf hin, dass im Gesetzesvorschlag 46% der Stromversorgung in privaten Händen bleiben sollen, aktuell befänden sich aber lediglich 45,8% in privater Hand. In den 60er Jahren des letzten Jahrhunderts wurden in Mexiko noch zwei große Energiekonzerne enteignet, um die kapitalistische Entwicklung sicherzustellen. Eine solche Entwicklung steht heute nicht bevor, es geht lediglich darum das Großkapital dazu aufzufordern der CFE keine Kunden mehr zu stehlen um „den bürgerlichen Staat als Garant für Eigentum, Markt und Akkumulation finanziell zu stützen“. Das Verhältnis zwischen den privaten Konzernen und der CFE bleibt von dem Reformvorschlag unberührt, im Wesentlichen werden „die Verbraucher des Volkes und der Arbeiterklasse gefangen halten, unter denen die mexikanische Flagge für diese „Errungenschaft“ geschwenkt wird, während der Kampf von Zehntausenden von Nutzern gegen die Verfehlungen der CFE aus dem Gedächtnis gelöscht“ werden. Den Lithiumabbau betreffend betont die Partei, dass „Lithium in den Händen der Mexikaner“ nicht bedeutet Lithium „in den Händen des Proletariats, sondern in den Händen von Minera Frisco, Industrias Peñoles und Grupo Industrial Minera Mexico“.

Was schlägt die PCM vor?

Für die Kommunistische Partei Mexikos gibt es im Rahmen der kapitalistischen Produktionsverhältnisse und dieser Reform keinen Weg für die Arbeiterklasse und das Volk zu billigem Strom und Energie. Selbst, wenn der Energiesektor komplettverstaatlicht würde und zu hundert Prozent in den Händen der CFE konzentriert würde und die Kosten für die Energieproduktion von der CFE den privaten Konzernen aufgebürdet würde, würden diese sich die Kosten, durch ein Drücken von Löhnen im großen Umfang, wieder auf Kosten der Arbeiterklasse und des Volkes zurückholen.

Für das Politbüro der Kommunistischen Partei Mexikos besteht der einzige Ausweg für die Arbeiterklasse und das Volk in der Sozialisierung des Energiesektors und der Schlüsselindustrien. Die KP erläutert, dass nur so eine umfassende Entwicklung und Ausbau der Energiekapazitäten möglich ist und wiederum zur Entwicklung der Produktivkräfte genutzt werden kann. Die Entwicklung der Produktivkräfte unter sozialistischen Bedingungen ist die Voraussetzung und die Grundlage für die Hebung des Lebensstandards der Arbeiterklasse und des Volkes. Sie betont zudem, dass sie unter Entwicklung und Ausbau der Energiekapazitäten und der Produktivkräfte auch die Entwicklung von Technologien zur Reduktion der schädlichen Auswirkungen auf Umwelt und Natur verstehen. „Nur wenn die politische Macht und die Produktionsmittel in den Händen der Arbeiterklasse liegen, die die strategischen Ressourcen gewinnt, die Energie erzeugt, sie leitet und in die Produkte und Güter umwandelt, die den gesellschaftlichen Reichtum ausmachen, können die Interessen des Volkes in vollem Umfang gewahrt und der Energiesektor ohne den grundlegenden Widerspruch entwickelt werden, der ihn heute behindert“, führt die Partei aus und schließt mit der Feststellung: „In dieser Frage wird die Kommunistische Partei ihre Aktivitäten darauf konzentrieren, unseren Klassenbrüdern und ‑schwestern, vor allem im Sektor, die wahre Bedeutung dieser Reform zu erklären. Wir werden nicht unter der Schirmherrschaft der Sozialdemokratie mobilisieren, wenn die Reform das Eigentum der Bourgeoisie an diesem Sektor und das Ausmaß, in dem er ihr überlassen wurde, vollständig sichert. Wir werden versuchen, die Gewerkschaftsbewegung als einen Mechanismus der Kontrolle zu untergraben und durch eine Gewerkschaftsbewegung als einen Mechanismus des Kampfes zu ersetzen. Gleichzeitig werden wir unser Programm der Enteignung, Verstaatlichung und Vergesellschaftung der strategischen, zentralisierten und konzentrierten Industrien dem Programm der Sozialdemokratie gegenüberstellen, dass das Grundproblem in keiner Weise angreift und dies auch nicht tut, weil es das gesamte auf dem Privateigentum aufbauende System in Frage stellen würde.“

Quellen: El Pais/Solidnet/Animal Politico

Quelle: Zeitung der Arbeit – Mexiko: Debatten über Stromreform