11. Oktober 2024

OGH rollt Behördenfehler rund um Wiener Terroranschlag neu auf

Übernommen von Zeitung der Arbeit:

Wien. Der Oberste Gerichtshof (OGH) hat entschieden, dass Ansprüche einer Hinterbliebenen wegen Behördenversagens beim Wiener Terroranschlag geprüft werden müssen. Diese Entscheidung öffnet nun den Weg für eine gerichtliche Untersuchung der Versäumnisse der Sicherheitsbehörden.

Im Vorfeld des Anschlags im November 2020 hatte der amtsbekannte und spätere Attentäter K.F. mehrfach Alarmsignale gegeben. Er hatte sich im Sommer 2020 mit Islamisten aus Deutschland und der Schweiz getroffen und versucht, Munition in der Slowakei zu erwerben. Diese Aktivitäten wurden von den Behörden beobachtet und teilweise gemeldet, doch konkrete Maßnahmen blieben aus. Trotz dieser Warnsignale konnte K.F. am 2. November 2020 in der Wiener Innenstadt vier Menschen töten, bevor er von der Polizei gestoppt wurde.

Die Mutter eines der Opfer, einer deutschen Kunststudentin, kämpft seitdem um Aufklärung und Schadenersatz. Ihre Anwälte erzielten nun einen Erfolg: Der OGH entschied, dass die Versäumnisse der Behörden in einem Gerichtsprozess geprüft werden müssen. Die ersten Instanzen hatten dies abgelehnt mit der Begründung, die Behörden seien zum Schutz der Allgemeinheit verpflichtet, nicht aber zum Schutz einzelner Personen.

Der OGH widersprach dieser Auffassung und betonte, dass der Schutz vor Terror eine zentrale Aufgabe des Staatsschutzes sei. Bei schuldhaftem Verhalten der Sicherheitsbehörden könnten somit Ansprüche auf Schadenersatz bestehen. Das Gericht argumentierte, dass die individuellen Rechte der Terroropfer geschützt werden müssten.

Im Rückblick auf die Monate vor dem Anschlag wird deutlich, dass die Gesinnung des späteren Attentäters den Behörden bekannt war. K.F. hatte wegen einer versuchten Ausreise nach Syrien bereits eine Haftstrafe abgesessen und war im Dezember 2019 unter Auflagen freigelassen worden. Eine Gefährderanalyse erfolgte jedoch erst zehn Monate später, und wichtige Informationen wurden nicht rechtzeitig an die Staatsanwaltschaft weitergeleitet.

Die Anwälte der Hinterbliebenen argumentierten, dass eine Untersuchungshaft die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten hätte schützen können. Der OGH entschied, dass die Kausalität, Rechtswidrigkeit und das Verschulden der Behörden nun in einem Gerichtsprozess geprüft werden müssen.

Die Republik Österreich sieht sich nun jedenfalls einem umfangreichen Prozess gegenüber, bei dem zahlreiche Verfassungsschützer aussagen müssen. Währenddessen verweist das Sozialministerium auf einen Fonds für die Opfer des Terroranschlags, der bereits über 1,6 Millionen Euro ausgezahlt hat. Dennoch argumentieren die Anwälte der Hinterbliebenen, dass nicht alle Ansprüche durch den Fonds abgedeckt seien und unklar sei, ob der Fonds zeitlich begrenzt sei.

Quelle: Der Standard

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