Übernommen von Pressemitteilungen – Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung:
Die ELSA-Studie („Erfahrungen und Lebenslagen ungewollt Schwangerer“) wurde von der damaligen Bundesregierung in Auftrag gegeben, um erstmals eine umfassende wissenschaftliche Datengrundlage zu den Lebenslagen ungewollt schwangerer Frauen und den Versorgungssituationen beim Schwangerschaftsabbruch zu schaffen. Ziel war es, bestehende Versorgungslücken sichtbar zu machen und politische wie fachliche Handlungsempfehlungen abzuleiten. Nach einer mehrjährigen Forschungsphase liegt der Abschlussbericht nun vor – seine Veröffentlichung wurde von Fachverbänden und Interessenvertretungen seit Langem gefordert, da er zentrale Erkenntnisse für die Ausgestaltung einer bedarfsgerechten und diskriminierungsfreien Versorgung liefert.
Der neu veröffentlichte Abschlussbericht der ELSA-Studie macht deutlich: Ungewollt schwangere Frauen in Deutschland sind häufig mehrfach belastet – durch finanzielle Unsicherheit, fehlende soziale Unterstützung, eingeschränkte Kinderbetreuung und hohe psychische Belastung. Zusätzlich erschweren gesetzliche Vorgaben, lange Anfahrtswege zu Praxen und Kliniken sowie gesellschaftliche Stigmatisierung den Zugang zu einem Schwangerschaftsabbruch.
Vor allem in Regionen mit geringer Versorgungsdichte müssen Betroffene oft weite Strecken zurücklegen oder lange Wartezeiten in Kauf nehmen. Die verpflichtende Beratung nach § 219 StGB und die gesetzlich vorgeschriebene Wartezeit verschärfen diese Belastungen zusätzlich (S. 251, S. 795). Viele Frauen berichteten von organisatorischen Schwierigkeiten, Zeitdruck und dem Gefühl, in einer ohnehin schwierigen Lage zusätzliche Hürden überwinden zu müssen.
„Der Abschlussbericht der ELSA-Studie hat lange auf sich warten lassen, aber spätestens jetzt ist klar: wir haben in Deutschland in einigen Regionen eine massive Versorgungslücke, die sich nicht wegdiskutieren lässt. Wir erwarten nun von der aktuellen Regierung eine unmittelbare Umsetzung der Empfehlungen des Berichts sowie der im Koalitionsvertrag versprochenen Verbesserung der Versorgungssituation.“ sagt Annika Kreitlow, Sprecherin des Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung.
Die Studie zeigt außerdem: Stigmatisierung bleibt ein zentrales Problem. Viele Betroffene erwarten gesellschaftliche Ablehnung, verinnerlichen diese und verzichten dadurch auf frühzeitige Unterstützung. Auch Ärztinnen und Ärzte, die Abbrüche durchführen, berichten von gesellschaftlichem Druck, fehlender Unterstützung im beruflichen Umfeld und offenen Anfeindungen (S. 742 ff.). Die Verankerung des Abbruchs im Strafgesetzbuch verstärkt diese Stigmatisierung und trägt nach Ansicht des Bündnisses dazu bei, die Versorgungslage zu verschlechtern.
Die Autorinnen und Autoren des Berichts sprechen sich dafür aus, den Schwangerschaftsabbruch als Teil der gesundheitlichen Regelversorgung anzuerkennen und die Kriminalisierung zu beenden. Zudem sollen Versorgungsangebote flächendeckend ausgebaut, Beratung niedrigschwellig und mehrsprachig verfügbar gemacht sowie Informationsangebote verbessert werden. Besonders vulnerable Gruppen sollen gezielt unterstützt werden.
„Der ELSA-Bericht zeigt klar: Schwangerschaftsabbrüche sind Teil der Lebensrealität vieler Frauen. Solange sie im Strafgesetzbuch stehen, wird Stigmatisierung weiter zementiert – für Betroffene wie für Ärztinnen und Ärzte“, so Ines Scheibe, Koordinatorin des Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung.
Das Bündnis fordert die schnelle Umsetzung dieser Empfehlungen: Abbau rechtlicher Barrieren, Ausbau der medizinischen Angebote und flächendeckender Zugang zu Beratung und Versorgung – unabhängig vom Wohnort. Ziel müsse sein, allen Betroffenen einen schnellen, sicheren und würdevollen Zugang zu medizinischer Hilfe zu ermöglichen.
Quelle: Pressemitteilungen – Bündnis für sexuelle Selbstbestimmung

