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junge Welt veröffentlicht neuen Brief des ehemaligen RAF-Mitglieds Burkhard Garweg

Tageszeitung junge Welt

Übernommen von junge Welt:

»Meines Erachtens kam es durch eine eher militaristische Sichtweise in der Konzeption der 80er Jahre der RAF zu der Verselbständigung des Mittels bzw. seiner Form. Die Form dominierte vor dem Inhalt«, schreibt der von den Behörden gesuchte frühere Militante der Roten Armee Fraktion (RAF) Burkhard Garweg an Caroline Braunmühl.

Mit dem von der in Berlin erscheinenden überregionalen Tageszeitung junge Welt in ihrer Wochenendausgabe vom 18./19. Oktober veröffentlichten Schreiben an die Tochter des 1986 von der RAF erschossenen Diplomaten Gerold von Braunmühl setzt Garweg seine öffentliche selbstkritische Auseinandersetzung mit der Geschichte des bewaffneten Kampfes in der Bundesrepublik und der »Attentatspolitik« der RAF in den 1980er Jahren fort. Vorige Beiträge der Debatte sind in der Taz (21.12.2024), im ND (17.1.2025 und 24.3.2025) sowie in Analyse & Kritik (20.5.2025) erschienen.

Garweg stellt in dem Schreiben fest, es sei die ausufernde Repression der deutschen Behörden in den 1970er Jahren gewesen, die »überhaupt zur Neuentstehung der RAF« geführt hätte, die eigentlich 1973 zerschlagen gewesen sei.

Ab Ende der 1970er Jahre habe die RAF sich mehr und mehr von den sozialrevolutionären Bewegungen entfernt und fälschlicherweise »die Kriegssituation der Befreiungsbewegungen des Trikonts auf die Metropole« übertragen: »Auch wenn die Attentate von 1979 bis 1991 unterschiedlich zu bewerten und einzuordnen sind, waren sie ab 1979 Ausdruck der Fortführung strategischer Fehler von 1977. Eine Analyse der Niederlage von 1977 hätte zu einer anderen Strategie und damit zu einer anderen Praxis führen müssen. Insofern würde ich sagen, dass die RAF nach ihrer Niederlage von 1977 hätte erkennen müssen, dass das, was dann ab 1979 zur ›Attentatspolitik‹ der 80er Jahre wurde, für die Metropolensituation keine Perspektive der Befreiung beinhalten würde und ein Fortkommen damit nicht zu erwarten gewesen wäre.«

Selbstkritisch geht Garweg auch auf die Ermordung Gerold von Braunmühls ein. Dessen Rolle im BRD-Apparat sei von der RAF maßlos überhöht worden: »Ich möchte Dir sagen, dass in allen Diskussionen über die Geschichte der 1980er Jahre, die ich kenne oder von denen ich gehört habe, niemand an dem Attentat gegen Deinen Vater irgend etwas richtig fand, nichts oder nichts mehr darin sah, was rückblickend für den Befreiungskampf hätte einen Sinn haben können, und es niemanden gab, der es legitim fand. Ich sehe, dass die Ermordung Deines Vaters Trauma und Schmerz in Dein Leben gebracht hat. Dem steht keine revolutionäre Legitimation gegenüber. Keine, die ich von heute aus nach Kriterien einer Sinnhaftigkeit für die Geschichte des Befreiungskampfes sehen könnte.«

Das vollständige Schreiben dokumentiert die junge Welt hier.

Quelle: junge Welt

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