Hunderttausende für Flüchtlinge

Barcelona will Flüchtlinge aufnehmen. Foto: Mela TheurerUnter dem Motto »Wir wollen aufnehmen« haben am Samstag in Barcelona Hunderttausende Menschen gegen die Abschottungspolitik Spaniens und der Europäischen Union demonstriert. Organisiert wurde die Großdemonstration durch die katalanische Initiative »Casa nostra, casa vostra« (Unser Haus, euer Haus), die auch schon am 11. Februar in Barcelonas Kulturpalast Sant Jordi ein großes Solidaritätskonzert für die Flüchtlinge organisiert hatte, an dem 15.000 Menschen teilnahmen. Am Samstag sprach sie von bis zur eine halben Million Demonstranten, die Stadtpolizei von Barcelona zählte 160.000 Teilnehmer. Zu der Aktion hatten auch zahlreiche Parteien und Gewerkschaften aufgerufen.

Unter den Demonstranten waren auch Barcelonas Bürgermeisterin Ada Colau, die sich zusammen mit ihrem Sohn und Mann eingereiht hatte. Auch die katalanische Parlamentspräsidentin Carme Forcadell sowie andere hochrangige Politiker wie der katalanische Gesundheitsminister Toni Comín oder Außenminister Raül Romeva sowie Gabriel Rufián, Sprecher der Republikanischen Linken Kataloniens (ERC) im spanischen Parlament, gehörten zu den Teilnehmern.

Gemeinsames Ziel der Demonstranten: Europa solle die Tür für die Flüchtlinge öffnen, und Spanien solle zumindest die Zahl von Schutzsuchenden aufnehmen, die Madrid mit der EU vereinbart hatte. Spanien hatte sich 2015 verpflichtet, zumindest 17.000 Menschen aufzunehmen. Nach Angaben der Tageszeitung »El País« fanden bisher jedoch nur 700 Menschen tatsächlich Schutz in Spanien. Offizielle Zahlen nennt die Regierung nicht. Ada Colau setzte am Samstag dagegen, dass Barcelona »nicht nur die Hauptstadt von Katalonien ist, sondern auch die der Solidarität«.

Große Transparente mit den Slogans »Keine Toten mehr, öffnen wir die Grenzen!« oder »Katalonien, Aufnahmeland« prägten den Zug. Die Organisatoren waren am Vortag vom Präsidenten der katalanischen Generalitat, Carles Puigdemont, empfangen worden. Sie forderten ein »Gesellschaftsvertrag« für die Aufnahme von Flüchtlingen.

In den Reden wurde auch das spanische Grenzregime in den nordafrikanischen Enklaven Ceuta und Melilla kritisiert. Allein an diesem Wochenende mussten sechs Menschen gerettet werden, die ihr Glück in einem Schlauchboot von Tanger nach Tarifa versucht hatten. 30 weitere gingen in ein anderen Boot von Nador bis Motril und wurden ebenfalls von spanischen Rettungskräften in Sicherheit gebracht, wie die Nichtregierungsorganisation »Caminando Fronteras« informierte. Auf den Kanarischen Inseln kam ein Boot mit 58 Menschen an, unter ihnen elf Frauen und ein Baby an. Rund 500 Menschen überkletterten am Freitag außerdem den gefährlichen Zaun in Ceuta.

Am 27. Januar war am Strand von Barbate in der spanischen Provinz Cádiz eine Kinderleiche angespült worden. Das Opfer war Samuel, der vierjährige Sohn von Veronique aus dem Kongo, die am 14. Januar ertrunken war. Der Körper den an Krebs erkranken Mutter, die auf eine Behandlung in Europa gehofft hatte, war an einem Strand in Algerien entdeckt worden. Allein im vergangenen Monat sollen im Mittelmeer 25 Menschen bei dem Versuch ertrunken sein, die spanische Küste zu erreichen.