Abschiebe-Hektik beim BAMF

PiratenparteiBivsi, ein 14-jähriges, in Deutschland geborenes und aufgewachsenes Mädchen, wurde jüngst in Duisburg von der Polizei aus ihrer Schulklasse geholt und fand sich am nächsten Tag in Nepal wieder. Bivsi war bestens integriert. Ihre Eltern führten ein Restaurant. Dass sie nicht mal den Mietvertrag kündigen konnten, dürfte eine kleinere Sorge sein. Am gleichen Tag kam es in Nürnberg zu Protesten, nachdem die Polizei einen jungen Afghanen aus seiner Berufsschule »abholte«. Vor den Augen seiner Mitschüler wurde der Junge in Handschellen über den Asphalt in ein Polizeiauto geschleift. Der Junge hatte einen Ausbildungsvertrag. Die Meldungen entsetzter Helfer häufen sich, dass sie gut integrierte Geflüchtete, die beste Prognosen für eine Zukunft in Deutschland hatten, vermissen, weil sie sich, plötzlich abgeschoben, in ihren Herkunftsländern auf der Straße wiederfinden.

In Köln ist Lisa Gerlach, Ratsfrau der Piratenpartei, selbst von der Abschiebehektik der Bundesbehörden betroffen. Gemeinsam mit ihrem Partner Babak Tubis hatte sie sich 2015 beim Jugendamt beworben und drei unbegleitete minderjährige Afghanen aufgenommen. Mehrere Zeitungen berichteten schon über die »Vorzeigefamilie«. Nun aber teilte ihr das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) mit: Bis zum 17. Juni 2017 habe der 18-jährige Navid, ihr ältester Zögling, das Land zu verlassen. Fassungslosigkeit! Der Junge hat gute Noten und könnte nächstes Jahr seinen Realschulabschluss 10. Klasse machen. Er spielt im Fußballverein, läuft aber auch den CSD mit, als »solidarischer Hete«. Kürzlich gewann er den Europawettbewerb NRW. Gerlach: »Wer schützt die Betroffenen und die Helfer vor der fehlerträchtigen Entscheidungshektik des BAMF? Als würde es unsere gesamte Familie nicht traumatisieren, wenn einer von uns nach Afghanistan, in Elend und Terror, abgeschoben wird.« Auch den beiden jüngeren Jugendlichen, Asgar (17) und Elias (15) droht die Abschiebung, sobald sie 18 sind.

Babak Tubis, ehemaliger Vorsitzender der Kölner Piraten, sagt: »Die ehrenamtlichen Helfer werden von Merkel derzeit massiv vor den Kopf gestoßen. Viele ziehen ihr Engagement zurück. Das ist eine Katastrophe, denn ohne sie würde in Deutschland vieles zusammenbrechen. Diese Leute und ihr Engagement sind das wahre Gerüst unserer Gesellschaft und nicht irgendwelche Schreihälse vom rechten Rand.« Die beiden haben sich an den Petitionsausschuss des Landtags NRW gewandt und werden die Härtefallkommission einschalten. Ihre drei Pflegekinder sollen wenigstens in Ruhe ihren Realschulabschluss 10. Klasse und dann eine Ausbildung machen dürfen. Der Jüngste wünscht sich sehnlichst, einmal Architekt zu werden. Im Schülerpraktikum bei dem renommierten Kölner Architekturbüro Gruhl & Partner konnte er überzeugen. Er bekam Bestnoten und das Angebot, dort weiterarbeiten zu dürfen, nach dem Abitur…! Das wird er nach aktueller Rechtslage nicht machen können, ohne die Abschiebung zu riskieren.

Im Kölner Rat fordern die Kölner Piraten den Abschiebestopp nach Afghanistan. Bei den Entscheidungen des BAMF ist inzwischen von Qualitätsmängeln in Tausenden von Fällen auszugehen. Das führt zur Überlastung der Justiz. Die Kosten für teure Richterstellen tragen die Länder. Die rigide Flüchtlingspolitik der großen Koalition verhindert in erheblichem Maße die Integration vieler Menschen, die noch über eine längere Zeit in Deutschland leben werden. Nicht ohne Grund gab es in den letzten Jahren in Deutschland immer wieder Bleiberechtsregelungen.