Klassenkampf unter dem Regenbogen

Kundgebung am 30.11.2017 vor dem Bildungs- und Sozialwerk des LSVD Berlin-Brandenburg. Foto: FAUAm Dienstag übergab die scheidende Belegschaft des Bildungs- und Sozialwerkes des Lesben- und Schwulenverbandes Berlin Brandenburg e.V. (BLSB) der Geschäftsleitung einen offenen Brief, der die Chefetage mit schweren Vorwürfen konfrontiert. Es geht um Missstände, die nicht nur Bildungsarbeiter*innen und die LGBTIQ-Szene, sondern auch die Politik aufhorchen lassen. Der Brief beschreibt, wie das rigorose Vorgehen gegen gewerkschaftlich organisierte Angestellte und eine Kündigungswelle zum Jahreswechsel dazu führen, dass viele Projekte es Betriebes nun brachzuliegen scheinen.

Dem Regenbogenfamilien-Zentrum in Schöneberg steht beispielsweise Anfang Februar ein kalter Neustart bevor. Das Zentrum wurde von drei Angestellten mit jahrelanger Erfahrung getragen, von denen die letzte verbleibende Mitarbeiterin das Projekt zu Ende Januar allerdings verließ. Die Belegschaft des Projektes hatte zuvor eine Weiterbeschäftigung für sich ausgeschlossen, da sie die autoritären Bedingungen im Betrieb satt hatte und Solidarität mit ihren Kolleg_innen zeigen wollte, von denen ein Gros zum Jahresende vor die Tür gesetzt wurde.

In den anderen Beratungs- und Bildungsprojekten sieht es ähnlich aus: Durch die Kündigungswelle wurde die Zahl der Angestellten von etwa zwanzig auf heute unter zehn mehr als halbiert, doch viele der dadurch frei gewordenen Stellen sind noch nicht einmal ausgeschrieben, obwohl die öffentlichen Mittel freigegeben sind.

Im offenen Brief der BLSB-Betriebsgruppe, die aus aktuellen und ehemaligen Angestellten besteht, heißt es dazu: „Der Feldzug des LSVD gegen die eigenen Mitarbeiter*innen und damit gegen jahrelange Erfahrung, Expertise und Netzwerkzugehörigkeiten endet in einem Trümmerfeld“. Die Mitarbeitenden sehen die Probleme als hausgemacht an, sind sie doch bereits vor über einem Jahr angesprochen worden. Umso absurder mutet es an, dass der Vorstand ausgewählte Freund*innen gestern Abend zum feierlichen Neujahrsempfang lud.

Die Verfasser*innen des Briefes sind als Betriebsgruppe in der Freien Arbeiterinnen- und Arbeiter Union Berlin (FAU) organisiert. Doch trotz massiven Druckes durch Gewerkschaft und Politik ließen Geschäftsführer Jörg Steinert und Vorstand Gespräche über einen Tarifvertrag platzen, woraufhin die Angestellten den Betrieb im Dezember mit einem Warnstreik lahmlegten. „Dass der Streik nicht zum Einlenken geführt hat, zeigt welch niedrigen Stellenwert die Güte der Beratungsarbeit für die Geschäftsführung hat. Seit Beginn der Tarifverhandlungen stellt sich die Leitung stur und möchte kein Quäntchen ihrer Macht abgeben – auch wenn das heißt, dass sie ihren eigenen Betrieb damit kaputt machen“, so Käte Gengenbach, Sekretärin der FAU. Doch es ist klar: Die Basisgewerkschaft wird weiter mit allen Mitteln für die im Betrieb verbliebenen Mitglieder kämpfen und sich für Verbesserungen im prekären Beratungsbetrieb in Berlin einsetzen. Hierbei ist ein erster Erfolg, dass die Angestellten des BLSB gezeigt haben, wie man sich auch als Arbeiter*in in befristeten Projektstellen solidarisch organisieren und den Kampf gegen Ausbeutung in diesem Bereich auf die Tagesordnung setzen kann.