Rede des Leiters der russischen Delegation, des Ständigen Vertreters Russlands bei der OPCW, Alexander Schulgin, in der 57. Tagung des OPCW-Exekutivrats

Sehr geehrter Herr Vorsitzende,

wie Sie verstehen, müssen wir gleich auf drei Erklärungen reagieren: auf die des Ständigen Vertreters Bulgariens, der eine Erklärung der EU-Staaten vorlas, auf die des Ständigen Vertreters Großbritanniens und die des Ständigen Vertreters der USA.

Wir hatten damit gerechnet, heute konstruktiv zu sprechen. Wir machten unsere nationale Erklärung, die ausbalanciert, ausgeglichen und mit der Mühe darum gefüllt war, die eskalierte Situation wieder in den rechtlichen Rahmen zu treiben- wir wollten strikt in Übereinstimmung mit dem Chemiewaffenübereinkommen handeln. Wir riefen die Mitgliedsstaaten ganz ruhig auf, das Zusammenwirken wiederaufzunehmen. Und was hörten wir als Antwort? Der bulgarische Vertreter nahm das Wort und las plötzlich eine Erklärung im Namen der Europäischen Union vor, die mit Spekulationen gefüllt war: Russland würde Großbritanniens legitime Fragen nicht beantworten; der Anschlag in Salisbury wäre höchstwahrscheinlich ausgerechnet von Russland verübt usw. Das sind aber alles alte Beschuldigungen gegen uns, die durch nichts bekräftigt sind und bleiben.

Ich muss ein paar Worte dazu sagen, wie wir den Auftritt des britischen Vertreters einschätzen, und dann werde ich mich zum Auftritt des US-Vertreters äußern. Unsere britischen Partner stellen die Situation komischerweise so dar, als hätten sie in Übereinstimmung mit der Konvention gehandelt, als sie von Russland bzw. von seinem Botschafter in London, Alexander Jakowenko, am 12. März Erläuterungen in Bezug auf den „chemischen“ Zwischenfall in Salisbury verlangt hatten. Das stimmt aber absolut nicht. Ich muss darauf verweisen, dass die von der britischen Seite gestellten Fragen im Grunde ein Ultimatum an Russland waren. Wir wurden aufgefordert, eine der von den Briten selbst ausgedachten Versionen zu bestätigen: Russland hätte entweder Sergej und Julia Skripal direkt vergiftet oder die Kontrolle über seine Giftstoffarsenale verloren. Und denken Sie nur daran, wie jesuitisch die Briten das formulierten. Jede von diesen Varianten sieht vor, dass Russland irgendwelche unangemeldete Chemiewaffenarsenale hätte. Dieselben Thesen äußerte heute übrigens auch der US-Vertreter Kenneth Ward.

Vor allem muss ich sagen, dass Russland ein ehrliches und verantwortungsvolles Mitglied des Chemiewaffenübereinkommens ist. Noch im Jahr 1992 wurden in Russland auf den entsprechenden Präsidentenerlass alle Arbeiten im militärchemischen Bereich eingestellt. Seitdem das Chemiewaffenübereinkommen in Kraft getreten ist, folgt Russland strikt seinen Verpflichtungen im Sinne dieses internationalen Vertrags. Dutzende, Hunderte OPCW-Inspekteure kontrollierten das im Laufe von vielen Jahren. Und schließlich haben wir 2017 unsere chemische Abrüstung vorzeitig abgeschlossen, was unsere Organisation auch bestätigt hat. Wie gesagt: Russland hat seine Verpflichtungen vollständig erfüllt, und wir haben nichts zu verbergen. Wir haben unsere Chemiewaffen vollständig entsorgt.

Aber es gibt immer noch ein Land, das es bei der chemischen Abrüstung nicht eilig hat – das sind die USA. Die Amerikaner verweisen dabei (das ist ja unvorstellbar) auf ausbleibende Finanzressourcen! Wir haben unsere Waffen vollständig entsorgt, und sie haben nach wie vor ein großes Chemiewaffenarsenal. Warum sagen sie nichts, warum schweigen sie darüber?

Ich muss wieder über die Fragen sprechen, die uns die britische Seite stellte. Russland wurden überhaupt keine Fakten, überhaupt keine vernünftigen Beweise zur Verfügung gestellt. Das waren nur unbegründete Behauptungen. Und solange wir keine Fakten sehen, werden wir das als offenbare Lügen betrachten. Wir hatten gewartet und gehofft, dass unsere britischen Kollegen nach ihrer impulsiven Reaktion (als sie es wagten, ein Ultimatum an eine Großmacht wie Russland zu stellen) sich beruhigen und irgendwelche Erläuterungen präsentieren. Sie waren offenbar zunächst in die alten Zeiten zurückgekehrt, als die Sonne über dem britischen Reich immer noch nicht „untergegangen“ war. Aber leider sind unsere Hoffnungen nicht in Erfüllung gegangen.

Der britische Vertreter berief sich auf ein Briefing im russischen Außenministerium und auf irgendwelche Aussagen einzelner russischer Diplomaten. Aber ich möchte an das Briefing in der britischen Botschaft in Moskau erinnern. Sie luden damals das diplomatische Korps, das Journalisten-Pool ein. Man konnte erwarten, die Briten würden irgendwas erklären und ihre Vorwürfe gegen Russland irgendwie bekräftigen. Aber daraus wurde wiederum nichts.

Man sagt uns immer wieder, das nervenschädigende Gas „Novichok“ wäre nur in der Sowjetunion, in Russland und nirgendwo sonst hergestellt worden. Aber unser Militärexperte, Professor I. Rybaltschenko, hat eben klar und deutlich gesagt, wo solche chemischen Stoffe produziert worden sein könnten, und erwähnte sogar konkrete Labore in konkreten Ländern. Das sind Informationen aus offenen Quellen. Sie haben eben die russischen Dokumente mit Erläuterungen bekommen. Im Internet können Sie die darin angegebenen Links finden, alle Formeln und Angaben überprüfen. Diese alle chemischen Stoffe können in jedem Labor hergestellt werden, das mit entsprechenden Anlagen ausgerüstet ist.

Also zurück zum Briefing in der britischen Botschaft in Moskau: Der britische Botschafter sagte in Bezug auf den Stoff „Novichok“: „Wir verfügen über keine Informationen, dass ‚Novichok‘ irgendwo sonst außer Russland hergestellt wird“; und das würde bedeuten, dass der in Salisbury eingesetzte „Novichok“ in Russland hergestellt worden wäre. Diese Logik ist ganz einfach: Wir haben keine Informationen, also solltet Ihr uns einfach so glauben, und wir wissen, dass dies ein russischer chemischer Stoff ist. Ob das aber ein seriöses Gespräch ist? Sie haben einfach keine Informationen.

Auf demselben Briefing wurde der britische Botschafter gefragt: „Warum wollen sie nicht Russland die Ergebnisse ihrer Ermittlung, die Proben des Stoffs zur Verfügung stellen?“ Und er antwortete: „Wir haben bittere Kooperationserfahrungen mit Russland im Rahmen des ‚Falls Litwinenko‘.“ Ich muss Ihnen sagen, dass die britische Ermittlung auch im Rahmen des „Falls Litwinenko“ nur aus Vermutungen im „highly likely“-Stil bestand. Damals wurde absolut nichts bewiesen. Sie konnten einfach nicht herausfinden, was da passiert war.

Zur Bereitstellung der Stoffproben Russland sagte der Botschafter, die russische Seite würde sie unter Berücksichtigung seiner nationalen Interessen analysieren. Denken Sie nur, was er sagte! Und warum sollten wir dabei unsere nationalen Interessen außer Acht lassen? Oder machen sich die Briten keine Sorgen über ihre nationalen Interessen? Und dann wird so etwas gesagt. Das ist doch aber Unsinn!

Und schließlich sagten die Vertreter Großbritanniens und der USA heute, Russland hätte das Motiv, seine Spione im Ausland zu vernichten, und das wäre die Staatspolitik zur Beseitigung von Verrätern. Und dabei hatte sich der britische Botschafter in Moskau auf zahlreiche Aussagen der russischen Staatsführung berufen. Das entspricht, gelinde ausgedrückt, nicht der Wahrheit – die russische Staatsführung hatte nie so etwas gesagt. Ich sage dem britischen und auch dem amerikanischen Vertreter: Sie sollten wenigstens eine solche Erklärung anführen. Sie alle sind bereit, Worte „in den Wind zu schmeißen“, aber sie sollten sich dafür verantworten. Sie sollten sagen, wer und wann so etwas sagte, dass es sich um Russlands Staatspolitik zur Vernichtung von Spionen handeln würde. Das sind lauter Lügen.

Und jetzt stellen die Vertreter Bulgariens, der USA und Großbritanniens die Situation so dar, als wäre London das Muster davon, wie man sich zu seinen Verpflichtungen im Sinne der Konvention verhalten sollte. Aber das sind alles eher zweifelhafte Aussagen. Lassen Sie uns die Konvention anschauen: Der Artikel IX schreibt vor, bilaterale Beratungen über alle Streitfragen zu führen. Dieser Artikel heißt eben „Beratungen, Zusammenwirken, Klärung von Fakten“. Die Briten ziehen es aber vor, den Artikel nicht als Verpflichtung, sondern als eine Art Option zu betrachten. Sie wollen nicht den Bestimmungen des Artikels folgen und haben eine neue Kooperationsform erfunden: „unabhängige Verifizierung von Schlussfolgerungen der britischen Seite durch das Technische Sekretariat der OPCW“. Eine solche Bestimmung gibt es in dem Übereinkommen aber nicht. Die Briten deuten das Chemiewaffenübereinkommen, wie sie wollen: In einem Fall deuten sie es auf eine und in einem anderen Fall auf eine andere Weise. Aber was soll das eigentlich? Sie sind Mitglied der Konvention und sollten ihrem Geist und ihren Normen strikt folgen. Wen wollen sie denn anlügen, wenn sie vortäuschen, sie würden von der Konvention ausgehen?

Die Briten betreiben Rechtsverdrehung, versuchen ständig, die Bestimmungen des Übereinkommens ihren Zielen anzupassen und zeigen ganz deutlich, dass sie bei der Ermittlung des „Falls Skripal“ nicht zusammenwirken wollen.

Ehrlich gesagt, finde ich die Aussagen der Vertreter Großbritanniens, der USA und Bulgariens frappierend. Sie versuchen, zu behaupten, Russland würde jemanden belügen, Fragen nicht beantworten und so tun, als würde sein Vorgehen den moralischen Normen nicht entsprechen. Als ich Herrn Ward zuhörte, erwartete ich, dass er sagen würde, die russische Erklärung wäre eine Art „Potjomkin-Dorf“. Das wurde mit dem Anspruch darauf gesagt, die russische Geschichte zu kennen. Einmal, ich denke, auf der vorjährigen Konferenz der Mitgliedsstaaten des Übereinkommens, hatte er schon von einem „Potemkinschen Dorf“ gesprochen, indem er nebenbei noch ein Land attackierte, als er es als Russlands „Trojanisches Pferd“ bezeichnete. Solche Aussagen leistet er sich nun einmal.

Und diesmal bezeichnete er auf diese Weise unseren Vorschlag, der sich auf die Konvention stützt und gegen den man hier eigentlich nichts einzuwenden haben sollte. Diesmal nannte er ihn als „Rauchmantel“. Das ist doch aber surrealistisch.

Man versucht hier, uns zu belehren, was Moral ist. Ich muss aber betonen, dass wir uns von den Ländern nicht belehren lassen können, deren eigene Verdienste fraglich sind.

Die Vertreter Bulgariens, Großbritanniens der USA sagen immer dasselbe: Russland hätte zum ersten Mal nach dem Zentralen Wahlkommission einen frechen Überfall in Europa unter Anwendung von Chemiewaffen begangen. Aber das konnte niemand beweisen. Wir erklärten öfter klar und deutlich, dass wir mit dem Zwischenfall in Salisbury nichts zu tun haben.

Wir schlagen vor, aufzuklären, was wirklich passiert ist – doch sie wollen das nicht. Sie geben uns keine Informationen und sagen nur immer wieder ihre Lügen. Sie sollten aber aufhören, zu lügen, besonders in der Öffentlichkeit.

Lassen Sie mich fragen: Wer war für die Bombenangriffe mitten in Europa ohne die Zustimmung des UN-Sicherheitsrats im Jahr 1999 verantwortlich? Wir oder die Amerikaner, die Briten und ihre Verbündeten? In Serbien erinnert man sich immer noch mit großem Schreck an die damaligen Ereignisse, die Hunderte von Menschen, darunter Kinder, das Leben kosteten.

Wir alle wissen noch, wie der damalige US-Außenminister Colin Powell 2003 im UN-Sicherheitsrat eine Kolbe zeigte und Saddam Hussein die Produktion von Chemiewaffen vorwarf, was zum Anlass für die Invasion in den Irak wurde. Darüber hinaus log der britische Premierminister Tony Blair damals, der sich auf gewisse Angaben der Geheimdienste berief, der Irak würde Massenvernichtungswaffen herstellen. Später gab er zu, gelogen zu haben. Jetzt wissen alle, dass diese Kolbe und diese „Angaben der Geheimdienste“ falsch waren.

Heute erinnern wir uns an die Tragödie im syrischen Chan Scheichun, die genau vor einem Jahr, am 4. April 2017, passierte. Mit der Schweigeminute wurde der Menschen gedacht, die irgendwann wegen der Anwendung von Chemiewaffen im Iran, im Irak, in Vietnam oder Kambodscha ums Leben gekommen waren oder verletzt worden waren.

Dabei konnte immer noch nicht festgestellt werden, was in Wahrheit in Chan Scheichun passierte. Ich will daran erinnern, dass der US-Botschafter Ward in einer außerordentlichen Sitzung des Exekutivrats im April 2017 auf einmal nervös wurde, als Russlands Vertreter gebeten hatte, auf dem Bildschirm Fotos von Kindern mit vergrößerten Pupillen zu zeigen, die angeblich mit Sarin vergiftet worden wären. Unsere zahlreichen Fragen an die Leiter der Mission für die Ermittlung der Fakten der Chemiewaffenanwendung, an die zwei Briten, blieben ohne Antwort. Wir sind aber überzeugt, dass es sich um eine grobe Provokation der umstrittenen „Weißhelme“ handelte, die von den USA und Großbritannien finanziert werden. Wir verfügen über entsprechende genaue Angaben. Die Kräfte, die diese Tragödie organisierten, setzten Kinderleben aufs Spiel. Und irgendwann wird der Zeitpunkt kommen, wenn sie sich dafür verantworten werden.

Wir verstehen, dass der „Fall Skripal“ eine im Voraus geplante Provokation gegen Russland ist. Wir können uns noch ganz gut an die Ereignisse in Libyen erinnern, als die USA, Großbritannien und andere westliche Länder, die von der Idee zum Sturz des Gaddafi-Regimes besessen waren, die Resolution des UN-Sicherheitsrats zum Flugverbot über Libyen grob verletzten, die sie zuvor selbst vorangebracht hatten. Man sagte uns im UN-Sicherheitsrat immer wieder: Man sollte dieses Flugverbot verhängen und das libysche Volk retten. Wir akzeptierten am Ende diese Resolution. Und was begann danach? Was ist aus Libyen jetzt geworden?

Aber London ist daran gewohnt, die Regeln, die es selbst bestimmt, dann zu verletzen. Unser argentinischer Kollege kann wohl daran erinnern, wie die Briten 1982 während ihrer Malwinen- bzw. Folkland-Kampagne den Kreuzer „General Belgrano“ angriffen – außerhalb des von Großbritannien festgelegten 200-Meilen-Verbotsraums um diese Inseln. Damals kamen mehr als 300 Argentinier ums Leben.

Die Vorwürfe seitens Großbritanniens und seiner Partner aus Übersee sind so absurd wie die Versuche, „die Sowjetunion für den Mord an John Kennedy verantwortlich zu machen“. Natürlich – Lee Harvey Oswald hatte in der Sowjetunion studiert, und seine Frau war Russin. Das sind ja Beweise!

Unsere Organisation bekam 2013 hochverdient den Friedensnobelpreis. Bis zuletzt machte sie den erfolgreichsten Mechanismus im Bereich der Abrüstung und Nichtweiterverbreitung von Massenvernichtungswaffen. Aber jetzt sehen wir, dass sie sich in den letzten zweieinhalb Jahren dank unseren angelsächsischen „Freunden“ in die Arena für politische Abrechnungen verwandelt. In einem Fall („syrisches Chemiewaffen-Dossier“) geht der so genannte „kollektive Westen“ strikt im Sinne des Übereinkommens vor, und in einem anderen Fall (wenn das für den Westen ungünstig ist) zieht er es vor, das Übereikommen zu „übersehen“.

Man warf uns hier übrigens vor, Russland hätte diese Tagung des Exekutivrats zum Scheitern gebracht, ohne das mit jemandem besprochen zu haben. Und man fragt uns: „Warum habt Ihr Russen das mit uns nicht besprochen?“ Das klang natürlich durchaus scheinheilig: Warum hat Russland es so eilig? Es wäre doch besser, die Ergebnisse der Untersuchung des Technischen Sekretariats abzuwarten, und dann wäre alles klar.

Aber welche Bestätigung erwarten die Briten vom Technischen Sekretariat? Dass in Salisbury nervenschädigendes Gas der „Novichok“-Gattung eingesetzt wurde, das angeblich nur in der Sowjetunion bzw. Russland hergestellt worden wäre, was die britische Ministerpräsidentin Theresa May behauptet hatte?

Der Generaldirektor Ahmet Üzümcü bestätigte bereits, dass sich das Technische Sekretariat mit seiner Arbeit im Sinne seines Mandats arbeitet. Es kann aber in seinem Gutachten nur feststellen, wie die chemische Zusammensetzung des Stoffs war, ohne festzustellen, woher dieser Stoff stammt, geschweige denn jemanden für seine Verwendung verantwortlich zu machen.

Darüber hinaus stellte sich heraus, dass große Profis aus dem Labor Porton Down erst neulich bestätigten, dass es um einen gewissen chemischen Stoff geht, dessen Herkunft sie nicht feststellen können. Wir hatten von Anfang an gesagt, dass es keine einmaligen Marker gibt, die die Herkunft des Giftstoffs herausfinden könnten.

Es stellt sich also die Frage: Wir könnten zwar eine Woche abwarten und die Ergebnisse von Proben mit der Formel dieses Stoffs bekommen – aber wie sollte es weiter gehen? Man müsste doch noch etliche Fragen beantworten: wie dieser Stoff dorthin geraten ist, wie er angewandt wurde usw.? Die Briten würden wieder sagen, der Stoff würde aus Russland stammen. Aber was die Antworten auf die anderen Fragen angeht, so würden sie aufrufen, man sollte das alles als Gegebenheit wahrnehmen: Man sollte ihnen einfach glauben, ohne sich mit den Fragen auseinanderzusetzen.

Nehmen wir einmal an, dass unsere britischen Kollegen mit uns nicht direkt zusammenarbeiten wollen, weil Russland ein „Paria-Staat“ wäre. Bitte schön, sie könnten ruhig durch den Exekutivrat handeln. Wenn sie durch den Exekutivrat nicht handeln wollen, könnte eine internationale Expertengruppe gebildet werden. Wir haben übrigens in unserem Projekt eine solche Variante berücksichtigt. Wenn sie keine bilaterale Gruppe wollen, könnte das eine multilaterale Gruppe sein. Daran könnten die amerikanischen Kollegen teilnehmen. Wenn diese Variante nicht passt, könnte man eine Konferenz der Mitgliedsstaaten einberufen. Das alles ist im Übereinkommen verankert. Wir wären unsererseits bereit, daran aktiv zu arbeiten, damit die Wahrheit herausgefunden wird.

Herr Vorsitzender,

ich sage heute etwas, sehe aber, dass ich ebenso gut Steinen predigen könnte. Wir reichen unseren britischen Partnern die Hand und rufen sie zum Zusammenwirken in Übereinstimmung mit dem Chemiewaffenübereinkommen auf, in dem alles vorgesehen ist. Aber man sagt uns, wie das eben der bulgarische Botschafter formulierte: „Russland antwortete nicht die legitimen Fragen Großbritanniens, Russland verweigert die Kooperation zwecks Feststellung der Wahrheit.“

Aber ich muss verantwortungsvoll sagen: Russland ist für die Kooperation offen. Wir sind bereit, alle möglichen Varianten, die im Übereinkommen vorgesehen sind, und akzeptieren: mit der OPCW und innerhalb der OPCW zu kooperieren. Wozu wir nicht bereit sind? Dazu, dass man grundlos behauptet, Russland wäre schuld, was offensichtlich unsere britischen Kollegen und möglicherweise ihre „älteren“ Partner aus den USA tun wollen. So etwas werden wir nie akzeptieren!

Wir plädieren für eine faire, offene und vollwertige Ermittlung des Zwischenfalls in Salisbury, die ohne russische Experten unmöglich geführt werden kann. Wir werden die Ergebnisse der Ermittlung akzeptieren, falls sie erschöpfend sein und sich auf unwiderlegbare Fakten – und nicht auf aus dem Finger gesogene Behauptungen – stützen werden.

Unsere britischen Kollegen sitzen ja in ihren Arbeitszimmern in der Downing Street 10 und denken offenbar: Russland hat so und so gehandelt, und es ist also „highly likely“, dass die Russen die Skripals vergiftet haben. Der britische Außenminister Boris Johnson erklärte sogar, der russische Präsident Wladimir Putin hätte höchstpersönlich befohlen, die Skripals zu beseitigen. Er war auch derjenige, der die bevorstehende Fußball-WM in Russland blasphemisch mit den Olympischen Spielen 1936 im faschistischen Deutschland verglich. Man muss aber sagen, dass sowjetische Sportler an diesen Spielen nicht teilnahmen, aber britische Sportler waren dabei und begrüßten Hitler mit dem Nazi-Gruß. Ich sah selbst solche Fotos. Es wäre nicht schlecht, wenn die Mitarbeiter Boris Johnsons ihm wenigstens gewisse Dokumente zeigen würden, bevor er dies oder das erklärt.

Herr Vorsitzender,

einige von unseren Kollegen behaupten, Russland würde alles auf den Kopf stellen. Man sagte eben: Man sollte die Ergebnisse der Arbeit der OPCW-Experten abwarten, und dann würde man schon sehen, was weiter zu tun ist.

In Wirklichkeit aber denke ich, dass unsere britischen und amerikanischen Kollegen etwas verbergen. Sie haben Angst, dass die Wahrheit ans Licht kommt. Viele Kollegen, Vertreter von Dutzenden Delegationen, sagten am Rande unserer Veranstaltung, dass es an der Zeit wäre, diese Geschichte ans Licht zu bringen und alles fair und unvoreingenommen herauszufinden. Aber die Kollegen aus Großbritannien wollen das nicht. Für sie ist es wichtig, dass alles so bleibt, wie es ist, und sie würden nur erklären, Russland wäre schuld.

Wir werden es aber nie akzeptieren, dass man uns zum „Sündenbock“ macht, nachdem jemand dieses Verbrechen begangen hat. Wir bestehen darauf, dass unsere Organisation in dieser schweren Phase ihre positive Rolle spielt. Das Technische Sekretariat leitet der Generaldirektor Ahmet Üzümcü, dem die Organisation ihren Friedensnobelpreis zu verdanken hat. Er ist ein äußerst erfahrener Mann und ein großer Fachmann. Er sollte dabei auch seine Rolle spielen. Wir schlagen vor, dass das Exekutivrat die von uns initiierte Entscheidung trifft, die Ermittlung nach dem Standards des Chemiewaffenübereinkommens zu führen. Wir sehen darin eine große Rolle des Generaldirektors.

Danke, Herr Vorsitzender

 

 

 

 

 

 

 

Quelle:

Außenministerium der Russischen Föderation