Für einen robusten, kollektivvertraglichen Mindestlohn von 1.915 Euro

Während die Profite weiter kräftig sprudeln, gaben jüngst rund die Hälfte aller Arbeitenden in Österreich an, mit ihrem Einkommen „nicht oder gerade noch“ über die Runden zu kommen.

Eine zunehmend verbreitete Alltagserfahrung, in der sich die Einkommensentwicklung der letzten Jahre und Jahrzehnte widerspiegelt. Während die Gewinne und Besitzeinkommen in den letzten Jahren und Jahrzehnten konstant auf Kosten der Löhne emporkletterten, hinkten Letztere dieser Entwicklung in jeder Hinsicht hinterher.

Daher fordern wir als KOMintern denn auch mit Nachdruck parallel zu kräftigen Lohnerhöhungen – anstatt den üblichen, billigen „sozialpartnerschaftlichen“ Abspeisungen -, zugleich einen flächendeckenden, robusten Mindestlohn.

Arm trotz Arbeit?

So regelt sich die Lohnhöhe in Österreich zwar vorrangig über die „Ist-Löhne“, die vor allem in gewerkschaftlich gut organisierten Branchen sowie in jenen, in denen Zusatzzahlungen üblich sind, über dem KV-Mindestlohn- bzw. Gehalt liegen.

Gleichzeitig gibt es jedoch eine Reihe von Branchen, in denen „Ist-Überzahlungen“ selten sind bzw. überhaupt nicht vorkommen und daher die jeweiligen Mindestlöhne die realen Einkommen bestimmen. Allen voran die klassischen Niedriglohnbranchen. Und auch auf Erstgenannte wächst der Lohndruck.

Um dieser zunehmende Armutsgefährdung und Lohnarmut, dem ständig steigenden Druck auf die Lohneinkommen und den vielfach unhaltbaren Hungerlöhnen, allen voran in den Niedriglohnbranchen einen Riegel vorzuschieben, sowie gleichzeitig die eklatante Lohnschere zwischen Männern und Frauen, wie Lohndiskriminierung von MigrantInnen entschärfen zu können, bedarf es eines flächendeckenden Mindestlohns, der diesen Namen auch verdient.

Lebensstandard sichern – Mindestlohn von 1.915.- brutto!

Beziffert man diesen nicht einfach über den Daumen, sondern orientiert sich hierfür vielmehr, sowie in gleichzeitiger Bindung des Mindestlohns an ihn, am Metaller-Kollektivvertrag als österreichischem „Leit-KV“ und der entsprechenden Beschäftigungsgruppe*  ergibt sich daraus ein Mindestlohn von aktuell (mind.) 1.911,10 brutto.

Wir fordern daher:

° Einen flächendeckenden, kollektivvertraglichen Mindestlohn von 1.915 EUR (Einstiegseinkommen)

° Den entsprechenden aliquoten Anteil anhand der vereinbarten Arbeitszeit für Teilzeitbeschäftigte

° Ein entsprechendes Mindestgrundgehalt auch in allen Branchen außerhalb der klassischen  Kollektivverträge **

Ein Gebot der Stunde, das hunderttausenden Vollzeit in Arbeit stehenden Beschäftigten, wie den mittlerweile über 1,2 Mio. (unselbständig) Teilzeit- wie „Zwangsteilzeit“- Beschäftigten einen Mindestlebensstandard sichern würde.

Mindestlohn durch Kollektivvertrag!

Anders als in anderen europäischen Ländern existiert in Österreich (aus historischen und institutionellen Bedingungen, wie einem hohen gewerkschaftlichen Organisierungsgrad) eine gut etablierte Form der Kollektivverträge, die – im Unterschied etwa zu Deutschland – für die Betriebe verbindlich sind.

So wird der Mindestlohn für unselbständig Beschäftigte bisher denn auch, ähnlich wie in Dänemark, Schweden und Finnland, über gewerkschaftlich ausgehandelte Kollektivverträge bzw. Mindestlohntarife u.a. geregelt, und deckt bis zu 98% aller unselbständigen Werktätigen ab.

Warum kein gesetzlicher Mindestlohn?

Mit einer gänzlich ungebundenen, den politisch-parlamentarischen Kräfteverhältnissen freigegebenen Regelung würde die künftige Mindestlohnentwicklung, zumal in Zeiten einer nachhaltigen Austeritäts-, Nulllohnrunden- und Rotstiftpolitik, direkt den künftigen Parlamentskonstellationen und Regierungen (gar der jetztigen – per Gesetzesvorlage der Unsozialministerin Hartinger-Klein) überantwortet.

Eine andere, etwa an den Verbraucherpreisindex gebundene Variante, beinhaltet wie selbstverständlich die unausdrückliche Voraussetzung, dass die Mindestlohnquote am (erwirtschafteten) Volkseinkommen sich aufgrund der Produktivitätsentwicklung verteilungspolitisch verschlechtert, und würde in dieser Perspektive darin zugleich die gegebenen Klassenkräfteverhältnisse im Blick auf den Mindestlohn zementieren.

Unternehmer flüchten heutzutage aus den Kollektivverträgen, indem sie Werktätige in freien Dienstverträgen und Werkverträgen beschäftigen und sich somit neben dem Mindestlohn u.a. Urlaubs- und Weihnachtsgeld sowie den bezahlten Urlaub sparen. Ja, das gesamte Arbeitsrecht ist darin außer Kraft gesetzt. Diese Arbeitsverhältnisse sind meist jedoch illegale Umgehungsverträge. Dieser KV-Flucht und Prekarisierung muß durch gewerkschaftliche Kämpfe entgegengetreten werden, statt durch ein prekäres, gesetzlich flankiertes Ausweichen von gewerkschaftspolitischem Agieren!

Mindestlöhne vernichten auch keine Arbeitsplätze, wie die Gegenpropaganda behauptet. Ganz im Gegenteil, weisen einschlägige Studien deutlich nach. Es glaubt doch niemand ernsthaft, dass die Gäste in den Nobelhotels bei Durchsetzung eines höheren Mindestlohns künftig ihre Betten selbst machen, dass am Flughafen das Gepäck nicht mehr kontrolliert würde oder die Passagiere ihr Gepäck selbst ins Flugzeug einladen. Es geht damit kein Arbeitsplatz verloren. Die Arbeit wird nur besser bezahlt!

Mit einem KV-Mindestlohn…

– bleibt der Mindestlohn in Österreich auch Bestandteil der gewerkschaftlichen Lohnauseinandersetzungen, und wird nicht – wie im Falle gesetzlicher Mindestlöhne – aus den gewerkschaftlichen Lohnverhandlungen wie unmittelbaren Gewerkschaftskämpfen herausgenommen

– bleibt die gewerkschaftliche Kollektivvertragsautonomie von staatlichen Eingriffen unberührt

– wird die weitere Mindestlohnentwicklung nicht der Regierungswillkür oder dem „Statistischem Zentralamt“ überantwortet

Kämpferische Gewerkschaftspolitik!

Durchsetzen lässt sich ein angemessener Mindestlohn jedoch nur in breiter Mobilisierung und konsequentem Kampf. Dazu bedarf es wiederum unabdingbar unserer Selbstermächtigung als Arbeitende und eine Stärkung der klassenkämpferischen Kräfte in Gewerkschaft, AK und Betrieb.

 

* Für KOMintern zumindest 90% der Stufe C des Metaller-KV, stundenbereinigt x 40/38,5 Stunden.

** Wie z.B. die wichtigen, dahingehenden Durchsetzungsschritte eines  Mindestgrundgehalts für Angestellte in Arztpraxen.

 

Quelle:

KOMintern