Mautbetreiber für Deutschland gefunden

Bereits seit vier Jahren geistert nun das Maut-Gespenst aus den Bierzelten des CSU-Wahlkampfes in Deutschland durch die Länder und erntete zwischenzeitlich regen Spott, weil es sich verlaufen zu haben schien. Voran kommen wollte das Projekt nicht so recht und so mancher Autofahrer hoffte insgeheim, das aus reiner Stimmenfängerei in Bayern entstandene Projekt würde vielleicht noch einige Zeit unter den Tisch fallen.

Nun regt sich die Leiche aus der Zeit der Kleinstaaterei aber doch wieder: Am Mittwoch wurde bekannt, daß zwei private Unternehmen aus Deutschland und Österreich als Betreiber des Mautsystems fungieren sollen, das noch immer, wenn auch abgeschwächten Widerstand bei anderen EU-Staaten hervorruft. Österreich hat beispielsweise vor dem EU-Gerichtshof gegen das Projekt geklagt, welches aus Sicht der Regierung in Wien nicht-deutsche Verkehrsteilnehmer diskriminiere.

Denn während einheimische Autofahrer im Gegenzug zur Maut einen Nachlaß auf die Kraftfahrzeugsteuer erhalten sollen, müßten ausländische Verkehrsteilnehmer den Wegezoll gänzlichst unsubventioniert finanzieren, was durchaus abschreckend wirkt, bei der Auswahl etwa Freizeitaktivitäten im grenznahen Raum. So fürchten Einzelhändler in niederländischer oder luxemburgischer Grenznähe um ihre Umsätze.

Das deutsche Verkehrsministerium beharrt auf der Position, diese Maut sei EU-konform und gerecht. Denn »wer mehr fährt, zahlt mehr«. Diese Devise ist schon etwas eigenartig, müssen doch etwa deutsche Autofahrer für die Benutzung der aus ihren Steuergeldern errichteten Straßen nun für die Benutzung derselben bezahlen.

Hört man die Diskussionen zum Thema Maut an hiesigen Stammtischen, vernimmt man oft die Forderung, Luxemburg möge auch endlich eine Maut einführen, sozusagen als Gegenaktion. Grüne Politiker halten zwar nichts vom aktuellen deutschen Mautprojekt, wehren sich aber auch nicht nennenswert dagegen und sähen lieber eine EU-weit einheitliche Abgabe für Verkehrsteilnehmer. Auf die Idee, daß bei einer Maut die Reisefreiheit am finanziellen Limit der Menschen endet, kommt man bei den grünliberalen freilich nicht, genauso wenig, wie darauf, daß das Ersatzangebot der überregionalen Bahnverbindungen dem Individualverkehr längst noch nicht gefährlich werden kann und es sich bei der Privatisierung von öffentlichem Eigentum um eine Enteignung der Gesellschaft handelt, deren Interessen die Politik ja vertreten sollte. Man zäumt auch hierzulande lieber das Pferd von hinten auf, feiert eine Restriktion für den Straßenverkehr nach der anderen oder schmückt sich mit einer neuen Trambahn, deren Personal prekär beschäftigt ist, obschon der mehrheitlich der öffentlichen Hand gehört.

Viel zu erwarten haben also die Verkehrsteilnehmer aus dieser Richtung nicht und so wird es in Zukunft wohl noch teurer, durch die EU zu reisen, wenn die Maut in Deutschland bis zum Jahre 2021 dann tatsächlich den Betrieb aufnimmt. Die beiden privaten Unternehmen CTS Eventim, bekannt für den Verkauf von Konzertkarten sowie Kapsch haben sich jedenfalls bereits abgesichert, daß es ihr Schaden finanziell nicht sein wird, wenn sich dieses Himmelfahrtsprojekt noch weiter verzögern sollte. Damit hat man in Deutschland bekanntlich Erfahrung.

Christoph Kühnemund

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek