Entzug der Gemeinnützigkeit für Campact: Angriff auf die Zivilgesellschaft

Auch die Kampagnenorganisation Campact verliert ihren Status als gemeinnützige Organisation. Das hat das Berliner Finanzamt für Körperschaften dem Verein schriftlich mitgeteilt. Campact sei überwiegend allgemeinpolitisch tätig gewesen und habe Kampagnen zu Themen durchgeführt, die keinem gemeinnützigen Zweck der Abgabenordnung zugeordnet werden können, so die Begründung.

Das Finanzamt Berlin folgt damit der Entscheidung des Bundesfinanzhofs, das den Spielraum für die politische Betätigung für gemeinnützige Organisationen sehr viel enger machte. Im Februar 2019 hob der Finanzhof Urteile aus der Vorinstanz auf und entschied, dass dem Netzwerk Attac die Gemeinnützigkeit zu entziehen sei. Die Forderungen und Kampagnen seien zu allgemeinpolitisch und es fehle Attac an „geistiger Offenheit“ zur Gewährung der Gemeinnützigkeit, hieß es in der Begründung des Urteils. Dieser Sicht und diesem Urteil widerspricht die Rote Hilfe e.V. vehement.

Bundesweit befürchten seitdem politische, kulturelle und andere Organisationen zu Recht ein ähnliches Schicksal. Mit dem Entzug der Gemeinnützigkeit müssten sie mit erheblichen Einnahmeverlusten rechnen, da Spenden an sie nicht mehr steuerlich absetzbar wären und Fördermittel in der Regel an den gemeinnützigen Status gekoppelt sind. Dies bedroht die Organisationen in ihrer Existenz. Campact sieht sich nach der Entscheidung heute mit einer Forderung von etwa 300.000 Euro für die Nachzahlung von Schenkungssteuern konfrontiert.

Anja Sommerfeld, Mitglied im Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V. sieht darin einen Angriff auf die Beteiligung der Zivilgesellschaft auf politische Prozesse gesellschaftlicher Meinungsbildung: „In der aktuellen Rechtslage werden Organisationen von der Teilhabe an politischen Auseinandersetzungen in vielen Bereichen faktisch ausgeschlossen. Sie müssen mit dem Verlust der Gemeinnützigkeit um ihre Existenz fürchten, wenn sie sich nicht dem herrschenden kapitalistischen Diskurs anpassen. Dabei sind es gerade auch diese Organisationen, die legitime zivilgesellschaftliche Forderungen und Interessen vertreten. Die Rote Hilfe e.V. tritt dafür ein, dass die Förderung von fortschrittlichen Zielen wie Frieden, Grund- und Menschenrechten, Klimaschutz, Gleichstellung der Geschlechter und soziale Gerechtigkeit als gemeinnützige Zwecke vorbehaltlos anerkannt werden. Wir rufen dazu auf, betroffene Organisationen in ihrem Protest gegen diese Urteile zu unterstützen.“

Quelle:

Rote Hilfe e.V.