Pressestatement der Verteidigung zum Urteil gegen die kurdische Aktivistin Yildiz Aktas

Am heutigen Donnerstag endete das Strafverfahren gegen Yildiz Aktaş mit einer Verurteilung zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren, ausgesetzt zur Bewährung.

Frau Aktaş, Kurdin und Feministin, wurde verurteilt wegen Mitgliedschaft in der PKK in Zeit von Sommer 2013 bis Ende 2014. Möglich geworden war das vor dem Kammergericht Berlin geführte Strafverfahren nur durch eine sogenannte Verfolgungsermächtigung des Justizministeriums.

Das Kammergericht folgte mit der Verurteilung nach § 129b StGB wegen Mitgliedschaft in einer „ausländische terroristischen Vereinigung“ weitgehend dem Antrag der Generalstaatsanwaltschaft Berlin. Die Verteidigung hatte Freispruch gefordert.

In deutlichen Worten kritisierte der Vorsitzende Richter in seiner Urteilsbegründung die repressive Politik der Türkei gegen die kurdische Bevölkerung. Ebenso fand er bewegende Worte für die von Yildiz Aktaş in der Türkei erlittene grausame Verfolgung. Schließlich gab er an, er könne die Motivation für ihre politische Tätigkeit in Deutschland nachvollziehen und stellte vor dem Hintergrund der Situation in der Türkei die Richtigkeit der Entscheidung, eine Ermächtigung überhaupt zu erteilen, in Frage. Hierzu erklärt die Verteidigerin Rechtsanwältin von der Behrens: „Diese Verurteilung zeigt, dass die Strafverfolgung und Verurteilung von vermeintlichen PKKMitgliedern allein im Interesse des Erdoğan-Regimes erfolgt, denn die Urteilsbegründung kann die harte Freiheitsstrafe gegen Frau Aktaş von zwei Jahren nicht tragen.“ Weiter erklärte sie: „Im Interesse der Türkei wurde also Yildiz Aktaş als erste Frau nach § 129b StGB wegen Mitgliedschaft in der PKK verurteilt; eine Frau, die ihr Leben lang für den demokratischen Wandel in der Türkei, die Anerkennung der kurdischen Identität und für die Selbstbestimmungen von Frauen gekämpft hat.“
Frau Aktaş droht mit der Verurteilung auch der Entzug der Anerkennung als Asylberechtigte.

„Während etwa die belgische Rechtsprechung anerkennt, dass sich der türkisch-kurdische bewaffnete Konflikt insgesamt einer Beurteilung als Terrorismus entzieht, hat das Berliner Kammergericht heute erneut eine Chance verpasst, ein Umdenken, einen Neuanfang im Umgang mit der kurdischen Minderheit in Deutschland in die Wege zu leiten,“ so der weitere Verteidiger Rechtsanwalt Dr. Theune.

Das Verfahren hatten am 25. Oktober 2019 begonnen und endete heute nach 16 Hauptverhandlungstagen vor vielen solidarischen Prozessbeobachter*innen. Frau Aktaş hatte in dem Verfahren ausführlich zu ihrer Biographie Stellung genommen und berichtet, dass sie bereits Anfang der 1980er Jahre im Alter von zwölf Jahren festgenommen und in dem berüchtigten Foltergefängnis Diyarbakir No. 5 inhaftiert und gefoltert worden war. Auch später als Politikerin der BDP, einer legalen kurdischen Partei, wurde sie noch mehrfach in der Türkei festgenommen und menschrechtswidriger staatlicher Gewalt unterworfen. Aufgrund dieser Repressionen musste sie nach Deutschland fliehen, wo sie im Jahr 2013 als Asylberechtigte anerkannt wurde. Im April 2018 wurde sie an ihrem Wohnort bei Stuttgart aufgrund der nun abgeurteilten Vorwürfe verhaftet und für knapp drei Monate in der JVA Lichtenberg inhaftiert. Mit der heutigen Verurteilung bleibt ihr immerhin eine erneute Inhaftierung erspart.

Quelle:

Rote Hilfe e.V.