Den Pakt mit dem Aggressor beenden!

Der syrische Präsident hat es vor wenigen Tagen deutlich gesagt: Syrien führt keinen Krieg gegen die Türkei. Allerdings ist das in den politischen Entscheidungszentren der EU und der NATO sowie auch in den Chefredaktionen der ihnen angeschlossenen Medien vorsätzlich überhört worden. Dort nimmt man nur zur Kenntnis, was den Herrschenden in den Kram paßt. So bleibt also mit Syrien und mit dem Flüchtlingsdrama alles beim Alten.

Da wird behauptet, die Türkei schütze »Europa« vor einer Welle von Migranten. Das sind drei Lügen in einem einzigen Satz. Erstens: Die Türkei schützt nicht vor Migranten, sondern mit dem Krieg, den die Türkei in Syrien führt, wird der Strom von Flüchtlingen noch vergrößert.

Zweitens handelt es sich nicht um Europa, denn die Flüchtlinge an der türkisch-griechischen Grenze befinden sich bereits auf dem europäischen Kontinent. Die meisten von ihnen wollen nicht vordergründig in die EU, sondern sie wollen vor den elenden Verhältnissen in den türkischen Lagern fliehen. Zudem sind viele von ihnen nicht von selbst zur griechischen Grenze gekommen, sondern sie wurden von den türkischen Behörden dazu aufgefordert und sogar mit Bussen dorthin gebracht. Außerdem ist der überwiegende Teil dieser Flüchtlinge nicht wegen des Krieges in Syrien dort und schon gar nicht wegen der Offensive der syrischen Armee zur Befreiung syrischen Territoriums, denn es handelt sich zu einem großen Teil um Flüchtlinge aus Afghanistan und anderen Kriegs- und Krisengebieten. Und drittens sind die meisten dieser Menschen nicht Migranten, die in EU-Ländern immigrieren wollen, sondern Flüchtlinge, also Leute, die vor Krieg und Elend fliehen.

Tatsache ist, daß der türkische Despot, der am Montag in Brüssel empfangen wurde, das Flüchtlingsdrama an den Grenzen Griechenlands nicht erst seit der vergangenen Woche nutzt, um einerseits von der EU noch mehr Geld zu erpressen als bisher gefordert und gezahlt, sondern auch, um von seinem schmutzigen Krieg gegen Syrien und der seit fast einem Jahrzehnt andauernden Unterstützung islamistischer Gotteskrieger in deren Feldzügen gegen den syrischen Staat abzulenken.

Die Europäische Union befindet sich also keineswegs in einem Dilemma, wie sie den Anschein zu erwecken versucht, sondern sie hat sich seit Jahren sehenden Auges in diese Situation selbst hineinmanövriert. An den Kriegen, vor denen Menschen massenweise die Flucht ergreifen, und an einem großen Teil der Krisen, die noch mehr Menschen in die Flucht treiben, sind etliche Länder der EU maßgeblich beteiligt. Fast alle Maßnahmen, die von der EU ergriffen wurden, um angeblich »die Fluchtursachen zu beseitigen«, haben tatsächlich die wirklichen Ursachen für die Flucht noch vergrößert.

Der seinerzeit während der luxemburgischen EU-Ratspräsidentschaft mit viel Tamtam verkündete Plan zur Lösung des Flüchtlingsproblems ist kläglich gescheitert, zumal selbst dessen Urheber gewußt haben mußten, daß er nicht funktionieren kann. Alle Versuche, ihn jetzt noch einmal aufzupäppeln, werden zwangsläufig ebenso scheitern.

Die absolut schlechteste Idee ist, jetzt Erdogan noch mehr Geld zuzuspielen. Die wirksamste Lösung kann nur darin bestehen, endlich für Frieden zu sorgen, den Pakt mit dem türkischen Aggressor zu beenden, die türkischen und sonstigen ungebetenen Truppen aus Syrien abzuziehen, die Unterstützung auch aus EU-Staaten für die Islamisten endlich zu beenden und dem syrischen Volk selbst die Entscheidung über seinen weiteren Entwicklungsweg zu überlassen.

Uli Brockmeyer

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek