Gewinner und Verlierer der Krise

Die Führung der Europäischen Union und die USA-Administration überbieten sich weiterhin mit ihren Geboten zur Regelung der Kosten der Corona-Krise. Allerdings wird in den wohlwollenden bis jubelnden Berichten darüber in den großen Medien nicht so deutlich dargestellt, welche Kosten hier eigentlich geregelt werden sollen. Zwar werden wir einen genaueren Überblick darüber erst nach einer längeren Zeit erhalten, aber es lohnt sich dennoch schon mal der Versuch, einen Blick hinter die Kulissen zu werfen.

Zunächst ist in den Berichten vorwiegend von »Rettung der Wirtschaft« die Rede. Es geht um den Erhalt von vorwiegend großen – »systemrelevanten« – Unternehmen und Banken, in zweiter Linie um mittelständische Unternehmen, die aufgrund ihrer Produktions- oder Leistungspalette den »Großen« helfen, »systemrelevant« zu bleiben. Ein wichtiges Instrument dafür ist diesseits und jenseits des Atlantik die staatliche Hilfe für die Finanzierung der Kurzarbeit.

Dafür hat sich zum Beispiel die Truppe um EU-Kommissionschefin von der Leyen ein Programm namens »Sure« ausgedacht, das dafür sorgen soll, daß die Unternehmen, die entweder aus Gründen des Gesundheitsschutzes oder wegen weggebrochener Absatzzahlen ganz sicher ( »sure« ) nicht allzu viel Minus machen, wenn sie ihre Arbeitskräfte mit Kurzarbeitergeld bei Laune halten. Allerdings wird in den Medien gewöhnlich nicht thematisiert, daß sich diese Arbeitskräfte nur mit einem Teil ihres arbeitsvertraglich vereinbarten Lohnes über Wasser halten müssen, während sie für ihren und den Lebensunterhalt ihrer Familien nicht auch etwa 80, sondern weiterhin 100 Prozent aufbringen müssen. Gleichzeitig machen Berichte darüber die Runde, daß Unternehmen, die trotz Corona Dividende an ihre Aktionäre auszahlen, dennoch »wegen Corona« staatliche Hilfe in Anspruch nehmen. Wer hier Gewinner und Verlierer sind, ist leicht auszumachen.

Ein großer Teil der Hilfsprogramme besteht aus einem Geflecht von staatlich – also mit Steuergeldern – garantierten Krediten unterschiedlichen Charakters. Bereits in der Eurokrise wurden umfangreiche Erfahrungen damit gemacht, wie derartige Kredite gewinnbringend angewendet werden – wobei »gewinnbringend« sich hier nur auf einen Teil der Gesellschaft bezieht, also nicht auf den Teil, der für seinen Lebensunterhalt tatsächlich arbeitet, auch nicht auf den, der eine Rente oder Arbeitslosengeld bezieht.

Innerhalb der EU kamen diese Gewinne stets denen zugute, die ohnehin schon viel haben. Länder wie Portugal, Italien, Irland, Griechenland und Spanien – in den Medien seinerzeit auch als »PIIGS-Staaten« verunglimpft – bezahlten dafür mit rigorosen Austeritätsprogrammen, die wiederum zu einem Abbau von Arbeitsplätzen, von Betten in Krankenhäusern, von öffentlichen Dienstleistungen und von einer Reihe Errungenschaften führten, die von den Schaffenden und ihren Gewerkschaften über Jahrzehnte hart erkämpft worden waren.

In den USA sind die Folgen der Krise oft noch deutlicher zu erkennen als anderswo in den sogenannten »Industrienationen« . Eine Verdreifachung der Zahl der Arbeitslosen innerhalb von drei Wochen, kilometerlange Schlangen an den Ausgabestellen für Essenbons, chaotische Zustände in einem ohnehin unzulänglichen öffentlichen Gesundheitssystem… Auch in »Gottes eigenem Land« werden Billionen von Dollars ausgeschüttet, ebenfalls vorwiegend als Kredite, die ebenso wie diesseits des Ozeans zurückgezahlt werden müssen. Wir müssen nicht dreimal raten, um zu erfahren, wer die Kosten dafür übernehmen soll.

Uli Brockmeyer

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek