Wer ist hier der Terrorist?

Der jüngste Vorwurf Washingtons gegen Kuba ist ein Treppenwitz der Geschichte: Zwei Wochen nachdem der 42-jährige Erwerbslose Alexander Alazo am 30. April einen terroristischen Anschlag auf Havannas Botschaft in Washington verübt hatte, setzte das State Department das Opferland auf eine Schwarze Liste von Staaten, denen vorgeworfen wird, „nicht in vollem Umfang mit Aktionen der USA zur Terrorbekämpfung zu kooperieren“. Auf dieser Liste stehen außerdem bereits Venezuela, Iran, die Demokratische Volksrepublik Korea und Syrien. Zur selben Zeit versuchen Regierung und Außenministerium der USA, die Hintergründe für den Angriff zu vertuschen. Der in Kuba geborene Täter, der mit einem AK-47-Maschinengewehr mehrere Salven auf die diplomatische Vertretung der Insel abfeuerte, wird als „geistig verwirrter Einzeltäter“ dargestellt. Seine Verbindungen zu Extremistengruppen in Miami und US-Politikern sollen offenbar unter den Teppich gekehrt werden.

Der Vorwurf, Havanna widersetze sich Aktivitäten gegen den Terror, ist ebenso alt wie absurd. Seit dem Sieg der Revolution ist die Insel wie kein anderes Land der Region zur Zielscheibe von – meist durch die USA geförderten – Terrorangriffen geworden. Fanatische Anhänger des von den Guerilleros gestürzten Diktators Fulgencio Batista und von der CIA ausgebildete Killerkommandos haben in den letzten 60 Jahren hunderte Anschläge verübt. Dabei wurden 3.478 Menschen getötet und 2.099 für immer in ihrer Gesundheit geschädigt, rief das Zentralorgan der Kommunistischen Partei Kubas, „Granma“, am Donnerstag vergangener Woche in Erinnerung. Während Terroristen, die sich mit der Sprengung eines Verkehrsflugzeugs, mit Bombenanschlägen und dem Mord an zahlreichen Menschen auf Veranstaltungen brüsteten, unbehelligt in den USA lebten und leben, versucht die Regierung des Landes seit Jahren, die Opfer des Terrors zu Tätern zu machen. Im Jahr 1982 erklärte Washington Kuba zum „Schurkenstaat“ und setzte es auf eine Liste von Ländern, die angeblich „den Terrorismus unterstützen“. Diese Liste ermöglichte es US-Behörden, Banken, die Geschäftsbeziehungen zu Kuba unterhielten, mit Strafgeldern in Millionenhöhe zu sanktionieren. Erst 33 Jahre später strich die Regierung von Barack Obama das Land im Mai 2015 von der Schurkenliste. Die „New York Times“ bezeichnete das als Beitrag „zur Beendigung des Kalten Krieges“. Die aktuelle Entscheidung des State Departments vom 12. Mai sei nur ein erster Schritt, um die Insel bis Ende des Jahres erneut auf die Liste der Staaten zu setzen, die den Terrorismus aktiv fördern, zitierte „Reuters“ einen „hohen Regierungsbeamten“. Die Hardliner im Weißen Haus nutzen die Corona-Krise offenkundig für eine beschleunigte Rückkehr in die Zeit des Kalten Krieges – auch gegenüber Kuba – aus.

Seit dem Amtsantritt von Donald Trump verging kaum eine Woche, in der die Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade nicht verschärft wurde. Mit der Bezeichnung „Troika der Tyrannei“ für die Regierungen Kubas, Venezuelas und Nicaraguas oder der Ankündigung, Kuba wirtschaftlich „zu erdrosseln“, benutzen führende US-Politiker zunehmend eine von Hass und Verachtung geprägte Sprache der Gewalt. Ein weiteres Beispiel dafür lieferte US-Vizepräsident Michael (Mike) Pence, als er im Februar 2019 zum Auftakt der Kampagne für die Wiederwahl Donald Trumps in dem – bei antikommunistischen Extremisten aus Kuba und Venezuela beliebten – „Doral Jesus Worship Center“ (Florida) ankündigte, in „wenigen Tagen oder Wochen den Kopf von Nicolás Maduro“ zu präsentieren. Gründer und Leiter des Zentrums ist der evangelikale Pastor Frank López, der sich selbst als Freund des Botschaftsattentäters Alexander Alazo bezeichnet. Zu den Gästen des auch von Alazo früher häufig besuchten Jesus-Centers gehören unter anderem der Vertreter Floridas im US-Senat, Marco Rubio, der für Florida im Kongress sitzende Abgeordnete Mario Díaz-Balart sowie Carlos Vecchio, der sich als „Botschafter Venezuelas“ bezeichnet und vorgibt, den selbsternannten „Interimspräsidenten“ Juan Guaidó in Washington zu vertreten. Bei den evangelikalen Extremisten hatte Alazo auch den Exilkubaner Leandro Pérez getroffen, der im Internet zum Mord an linken Politikern auffordert. Kubas Außenminister Bruno Rodríguez zitierte kürzlich einen Facebook-Eintrag vom 5. Februar, in dem Pérez die Präsidenten Kubas und Venezuelas warnte: „Wir werden den Sozialismus in Amerika nicht zulassen. Hören Sie gut zu, Díaz-Canel und Maduro, hahaha. Wir haben die Drohnen bereit.“

Bei dem aus Kuba stammenden Täter, der eine Zeitlang in Mexiko lebte und von früheren Bekannten als freundlich und ruhig beschrieben wird, haben die Kontakte in den USA offensichtlich eine charakterliche Veränderung bewirkt. Kurz vor dem Anschlag bekannte Alazo sich als Anhänger Donald Trumps. Auf eine kubanische Fahne, die er vor den Schüssen auf die Botschaft verbrennen wollte, hatte er dessen offiziellen Wahlkampfspruch „Trump 2020“ gekritzelt. „Der Terrorakt gegen unsere Botschaft in Washington ist eine direkte Folge der aggressiven Politik der US-Regierung gegen Kuba und der Aufstachelung zur Gewalt“, schrieb Kubas Außenminister Bruno Rodríguez am 12. Mai beim Kurznachrichtendienst Twitter. Der von dem Anschlag direkt betroffene Botschafter in Washington, José Ramón Cabañas, sieht in der Tat den erneuten Übergang vom verbalen zum bewaffneten physischen Terror.

Kuba hilft der Welt – helfen wir Kuba

Die von der US-Regierung immer weiter verschärfte Blockade gegen Kuba gefährdet immer mehr Menschenleben. Zuletzt wurde durch den Aufkauf zweier Schweizer Beatmungsgerätehersteller verhindert, dass schon bestellte, dringend benötigte Geräte nach Kuba geliefert werden (Siehe UZ vom 24. April).

In einer Situation, in der kubanische Medizinbrigaden mit mehr als 1.500 Medizinerinnen und Medizinern in mehr als 22 Ländern, darunter auch in Italien, Andorra, Katar, Venezuela, Mexiko und Ländern der Karibik, gegen das Coronavirus kämpfen, um die Ausbreitung der Pandemie einzudämmen, gefährdet die Verschärfung der Blockade die Errungenschaften des kubanischen Gesundheitswesens.

Wir wollen gemeinsam mit der Freundschaftsgesellschaft BRD-Kuba dringend benötigte Beatmungsgeräte anschaffen und nach Kuba schicken.

Wir bitten um Spenden auf das Spendenkonto des DKP-Parteivorstandes bei der GLS-Bank (Stichwort Kuba)
BIC: GENODEM1GLS, IBAN: DE63 4306 0967 4002 4875 01

Quelle:

UZ – Unsere Zeit