So will Kuba seinen Finanzsektor reformieren

Im Rahmen ihrer neuen Wirtschaftsstrategie will Kubas Regierung auch den Finanzsektor des Landes reformieren. Vertreterinnen von Zentralbank und des Ministeriums für Finanzen und Preise (MFP) kündigten gestern Maßnahmen auf dem Gebieten an, mit denen Anreize für Exporteure und zur Belebung des Binnenmarkts geschaffen werden sollen. Hierzu zählen neben Steuererleichterungen auch die graduelle Freigabe der Preisbildung sowie die Gründung einer landwirtschaftlichen Entwicklungsbank.

Wie Kubas Finanzministerin Meisi Bolaños Weiss in der gestrigen Informationssendung Mesa Redonda („Runder Tisch„) im Fernsehen erklärte, habe die Corona-Pandemie riesige Löcher in Kubas Staatshaushalt gerissen. Dennoch plane das Land dieses Jahr einen neuen Investitionsfond aufzulegen, mit dem vor allem Infrastrukturvorhaben realisiert werden sollen. Um das Haushaltsdefizit zu senken, werden Staatsanleihen an Unternehmen und Privatpersonen verkauft. Damit sollen alle Wirtschaftsakteure künftig „zur finanziellen Nachhaltigkeit des Haushalts beitragen können“, so Bolaños.

Steuernachlässe für Exporteure, mehr Autonomie für Gemeinden

Künftig spielt der Haushalt der Gemeinden eine größere Rolle. Im Rahmen der 2019 verabschiedeten Verfassung erhalten diese erstmals eigene Budgets, zu deren effektiven Verwaltung soll die Trennung Exekutive und Legislative in den Kommunen Einzug halten. Mittels lokaler Steuereinnahmen über kommunale Unternehmen sollen die Gemeinden des Landes schon bald viele Vorhaben in Eigenregie planen und durchführen können. Dabei werden lokale „Mini-Industrien“ zur Lebensmittelverarbeitung besonders im Fokus stehen.

Ein neues Steuersystem soll stärkere Anreize für Exporte liefern. So erhalten Staatsunternehmen bei Exporten bis zu 40 Prozent Nachlass auf die Umsatzsteuer, bei Joint-Ventures liegt der Bonus zwischen 10 und 30, bei Kooperativen zwischen 5 und 20 Prozent. Reine Privatbetriebe können mit einer Reduzierung der Einkommenssteuer zwischen 5 und 15 Prozent rechnen, falls diese sich an Warenexporten beteiligen. Als Exporte gelten dabei auch Verkäufe in die Sonderwirtschaftszone von Mariel, deren Unternehmen damit aufblühen könnten. Auch die neuen staatlichen High-Tech-Unternehmen werden unter einem differenzierten Steuersatz arbeiten.

Wie bereits in den „Leitlinien zur Wirtschafts- und Sozialpolitik“ von 2011 beschlossen wurde, will Kuba in Zukunft die Preisbildung weitgehend freigeben. Die verschiedenen Subventionen, Festpreise und andere Verzerrungen sollen graduell durch eine Preisbildung mittels Angebot und Nachfrage abgelöst werden, wobei der Staat bei politisch sensiblen Preisen weiterhin eingreift. Die Werkzeuge mit gegen Spekulation vorgegangen und der Markt reguliert wird, sollen dabei effizienter werden.

Kredite, Steuern und Banken: Kubas Finanzsektor stellt sich neu auf

Steuern und Kredite sollen in dem neuen Modell eine größere Rolle spielen als bisher. Wie Bolaños ankündigte, sollen künftig neue Sozialversicherungen eingeführt werden, welche den Staatshaushalt entlasten. Zwar gibt es auch heute schon Sozialabgaben auf Kuba, allerdings sei „bisher der Finanzierungsanteil durch den Staatshaushalt sehr viel höher als der Beitrag durch die Personen“, so Bolaños.

Neuerungen gibt es auch im Bankensektor. Wie Zentralbankministerin Marta Wilson González ankündigte, soll Kubas staatliches Finanzsystem über einen öffentlichen Schuldenmarkt und die Förderung von Transaktionen zwischen den Banken rekapitalisiert werden. Damit soll der kubanische Peso als Landeswährung stabilisiert und langfristig in Devisen umgetauscht werden können. Ob sich die Wechselkurse am Markt orientieren oder zentral festgelegt werden, ist bisher jedoch weiterhin unklar.

Der Erfolg der neuen Wirtschaftsmaßnahmen soll mit einem Kreditprogramm für private Unternehmen und Konsumenten unterfüttert werden. Hierzu werden in einem ersten Schritt zunächst bisherige „faule“ Kredite abgeschrieben. Es wird sozusagen „groß Reine gemacht“, bevor die neuen Angebote an den Start gehen. Mit der Gründung einer neuen landwirtschaftlichen Entwicklungsbank, welche sich ausschließlich den Bedürfnissen der Landwirte und Agrarkooperativen widmet, will das Land die Lebensmittelproduktion gezielt ankurbeln. Konsumentenkredite für nationale Produkte sollen darüber hinaus die Binnennachfrage stimulieren.

Quelle:

Cuba heute