Katastrophe von Moria: Folge der menschenverachtenden europäischen Politik

Heute Nacht haben meh­re­re Feu­er gro­ße Tei­le des EU-Hot­spot-Lagers Moria auf der grie­chi­schen Insel Les­bos zer­stört. Tau­sen­de Schutz­su­chen­de sind nun obdach­los und auf der Insel ohne jeg­li­che Ver­sor­gung kom­plett auf sich allein gestellt. Die­se Kata­stro­phe ist eine direk­te Fol­ge der men­schen­ver­ach­ten­den Poli­tik Deutsch­lands und der Euro­päi­schen Uni­on.

Im Lager Moria leben rund drei­zehn­tau­send Men­schen, cir­ca das Fünf­fa­che der offi­zi­el­len Kapa­zi­tät. Sie leben dort seit Mona­ten, seit März 2020 völ­lig iso­liert, unter erschüt­tern­den Bedin­gun­gen, zer­mürbt von der Per­spek­tiv­lo­sig­keit.

Um die um die ver­zwei­fel­ten Schutz­su­chen­den kurz­fris­tig zu ver­sor­gen (Obdach, Essen, Ärz­te­team etc.) muss der euro­päi­sche Kata­stro­phen­schutz akti­viert wer­den. Anstatt Schutz­su­chen­de im Umfeld von Moria mit Poli­zei­ge­walt unter frei­em Him­mel fest­zu­set­zen, muss die Ret­tung und Ver­sor­gung der Men­schen gewähr­leis­tet wer­den. PRO ASYL for­dert nach der Erst­ver­sor­gung vor Ort die schnel­le Eva­ku­ie­rung der Schutz­su­chen­den. Ange­sichts der dra­ma­ti­schen Situa­ti­on auf Les­bos müs­sen Deutsch­land und euro­päi­sche Staa­ten die Schutz­su­chen­den auf­neh­men.

Das Kon­zept hin­ter die­sen Lagern ist der EU-Tür­kei-Deal, auf des­sen Grund­la­ge Geflüch­te­te auf grie­chi­schen Inseln fest­ge­hal­ten und in die Tür­kei zurück­ge­schickt wer­den sol­len. Dort gibt es für Flücht­lin­ge aber weder Schutz noch Per­spek­ti­ve, die Tür­kei ist de fac­to kein siche­rer Staat für Flücht­lin­ge (aus­führ­li­cher Text vom März 2020). Nie­mand spricht über Afghan*innen und ande­re nicht-syri­sche Schutz­su­chen­de, die in der Tür­kei noch nicht ein­mal regis­triert wer­den. Sie sind in der Tür­kei nicht sicher und haben dort kei­ner­lei Per­spek­ti­ve. Aber auch für syri­sche Flücht­lin­ge gibt es kei­nen ver­läss­li­chen dau­er­haf­ten Schutz nach der Gen­fer Flücht­lings­kon­ven­ti­on. Auch ihr der Sta­tus kann jeder­zeit wider­ru­fen wer­den.

„Kein euro­päi­scher Staat gibt zu, dass Abschie­bun­gen zurück in die Tür­kei unver­ant­wort­lich sind. Infol­ge­des­sen wur­den Tau­sen­de ohne Per­spek­ti­ve auf Dau­er fest­ge­hal­ten. Dies führt zu psy­chi­scher Zer­mür­bung“, so Gün­ter Burk­hardt, Geschäfts­füh­rer von PRO ASYL.

In Moria und den ande­ren grie­chi­schen Lagern funk­tio­niert weder das Asyl­sys­tem noch der Zugang zu ver­nünf­ti­ger medi­zi­ni­scher Ver­sor­gung, die hygie­ni­schen Zustän­de sind kata­stro­phal. Ver­gan­ge­ne Woche gab es den ers­ten bestä­tig­ten Covid-19-Fall, die­se Woche folg­ten wei­te­re Infek­tio­nen, wes­we­gen die Abrie­ge­lung des Lagers noch wei­ter ver­schärft wur­de. Davor wur­de lan­ge gewarnt, die Euro­päi­sche Uni­on und ihre Mit­glieds­staa­ten haben auch in die­sem Fall die Augen ver­schlos­sen.

In Deutsch­land haben die Bun­des­län­der Ber­lin und Thü­rin­gen ein Lan­des­auf­nah­me­pro­gramm geplant, hun­der­te wei­te­re Kom­mu­nen haben sich zur frei­wil­li­gen Auf­nah­me von Geflüch­te­ten aus den Elend­sla­gern oder von auf dem Mit­tel­meer Geret­te­ten bereit erklärt. All das wird von den poli­tisch Ver­ant­wort­li­chen aber mit dem Hin­weis auf eine ange­streb­te „gesamt­eu­ro­päi­sche Lösung“ blo­ckiert, der Start der Lan­des­auf­nah­me­pro­gram­me von Bun­des­in­nen­mi­nis­ter See­hofer gar unter­sagt.

Gleich­zei­tig ist in den ver­gan­ge­nen Mona­ten nichts hin­sicht­lich einer euro­päi­schen Lösung pas­siert, die Auf­nah­me von eini­gen hun­dert beson­ders vul­nerablen Per­so­nen aus den Elend­sla­gern ist nicht mehr als ein Fei­gen­blatt. PRO ASYL for­dert den Zugang zu fai­ren Asyl­ver­fah­ren und die Auf­nah­me in Deutsch­land und ande­ren EU-Staa­ten.

Haft­la­ger sind kei­ne Lösung

PRO ASYL warnt ent­schie­den davor, nun mit noch grö­ße­rer Här­te zu reagie­ren und als Reak­ti­on Schutz­su­chen­de ein­sper­ren zu wol­len. Plä­ne zur Inhaf­tie­rung der Ankom­men­den lie­gen in der Schub­la­de der grie­chi­schen Regie­rung. Auch die Plä­ne der Bun­des­re­gie­rung und der EU-Staa­ten sehen vor, die Asyl­ver­fah­ren an der Gren­ze in Haft­la­gern durch­zu­füh­ren, mit dem Ziel mög­lichst vie­le in angeb­lich siche­re Dritt­staa­ten zurück­zu­schi­cken. Am 23. Sep­tem­ber soll der „New Pact on Migra­ti­on“ der EU-Kom­mis­si­on vor­ge­stellt wer­den, mit unmit­tel­ba­ren Fol­gen für Geflüch­te­te auf den grie­chi­schen Inseln. Euro­pa braucht unter der Rats­prä­si­dent­schaft von Deutsch­land einen grund­le­gen­den Para­dig­men­wech­sel hin zu einer men­schen­rechts­ba­sier­ten Poli­tik. Jetzt!

Quelle:

Pro Asyl