Unter dem Vorwand der Corona-Krise

Diese Woche kündigte die Bank BGL BNP Paribas an, sie habe entschieden, sieben Niederlassungen, die bereits im März dieses Jahres infolge der Ausgangssperre vorübergehend geschlossen wurden, nicht wieder zu eröffnen. Die Bank, in welcher der Luxemburger Staat Aktionär ist und in deren Verwaltungsrat Prinz Guillaume von Nassau sitzt, begründete diesen Schritt mit der Corona-Krise, welche dazu geführt habe, dass die täglichen Bankgeschäfte verstärkt auf digitalem Weg erledigt würden.

Die Banque et Caisse d’Epargne de l’Etat, die im Besitz des Luxemburger Staates ist, konnte sich noch nicht auf die Gesundheitskrise zu berufen, als sie im Februar dieses Jahres die Schließung von elf Filialen ankündigte, allerdings spielte ihr die Corona-Krise indirekt in die Hände. Die Kommunistische Partei, die in Rümelingen 150 Bürger und in Esch-Lallingen mehr als 50 Einwohner gegen die Schließung der dortigen BCEE-Filialen mobilisiert hatte, wurde durch die Corona-Maßnahmen gezwungen, ihre Protestaktionen, die bis zu dem Zeitpunkt viel Staub aufgewirbelt hatten und in weiteren Ortschaften geplant waren, kurzfristig abzubrechen.

Weder bei der BCEE, noch bei der BGL geht es, wie das vom Management behauptet wird, um eine bessere Kundenbetreuung, sondern um eine Maximierung des Profits. Die BGL BNP Paribas vermochte ihren Nettoprofit in der ersten Jahreshälfte 2020, im Vergleich zu 2019, noch einmal um 12 Prozent zu steigern!

Diesem Ziel dient auch die Entscheidung der Banken, die Gebührenschraube bei Geldabhebungen, Überweisungen und Geldeinzahlungen kräftig anzuziehen. Die Tausenden von Bank- und Postkunden, die sich in einer Petition des Konsumentenschutzes für die Rücknahme der Gebührenerhöhungen aussprachen, behandelten sie hingegen wie feuchten Dreck.

Genau das tun auch jene Betriebe, welche die Corona-Krise als Vorwand nehmen, um zuvor versprochene Investitionen nicht zu tätigen und massiv Arbeitsplätze abzubauen.

Ein Paradebeispiel dafür ist der USA-Konzern Guardian, der lange vor der Coronakrise in Osteuropa statt in Luxemburg investierte und jetzt die Gesundheitskrise vorschiebt, um in Düdelingen und Niederkerschen mehr als 200 Arbeitsplätze abzubauen. Das Gleiche tut der ArcelorMittal-Konzern, der seit zwei Jahren einen fertigen Rationalisierungsplan in der Schublade hatte und nun die Gunst der Stunde nutzt, um sich als Opfer der Gesundheitskrise hinzustellen und ganz sozialpartnerschaftlich 570 Arbeitsplätze wegzurationalisieren.

Die Corona-Krise dient auch der Regierung als Vorwand, um keine Verlagerung der Steuerlast von den schwachen auf die starken Schultern vorzunehmen und das Finanz- und Großkapital nicht höher zu besteuern, auch wenn gegenwärtig bereits abzusehen ist, dass die nicht zu den Verlierern der Krise gehören werden.

Anders die Lohnabhängigen, denen heute schon Lohnkürzungen infolge von Kurzarbeit, sowie Arbeitsplatzverlust und Preissteigerungen hart zusetzen, und denen es Einschränkungen während der zweiten Welle der Corona-Pandemie und die Angst vor gesundheitlichen Schäden noch schwerer machen werden, sich zur Wehr zu setzen. Sie müssen damit rechnen, dass ihnen weitere Krisenlasten aufgedrückt werden, wenn das Kapital seine Profitrate trotz Krise steigern, und die Regierung die Staatskasse neu auffüllen will.

Und doch gibt es nur eine Alternative, wenn das nicht eintreten soll: Solidarisch und unerschrocken verhindern, dass die Lasten unter dem Vorwand der Corona-Krise auf die Schaffenden abgewälzt werden.

Ali Ruckert

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek