Zur Diskussion zum Fall Nawalny während der Sitzung des OVCW-Exekutivrats

Während der 95. Sitzung des OVCW-Exekutivrats, die am 9. Oktober 2020 in Den Haag stattfand, wurde auf die Veranlassung der USA hin eine politisierte Diskussion über den Vorfall mit dem russischen Blogger Alexej Nawalny ausgelöst. Eine Staatengruppe des euroatlantischen „Bündnisses“ versuchte, Russland einen groben Verstoß gegen das Chemiewaffenübereinkommen (CWÜ) zuzuschreiben.

All das spielt sich vor dem Hintergrund einer intransparenten Zusammenarbeit der OVCW mit Deutschland bei der Entnahme und Untersuchung von Proben Alexej Nawalnys ab. Die Information darüber, dass Deutschland die OVCW bereits eingeschaltet habe, wurde erst 10 Tage nach dem Eingang des deutschen Ersuchens in der Organisation veröffentlicht. Damals stand es schon fest, dass die Erkenntnisse der deutschen Militärärzte durch zwei Militärlabore in Frankreich und Schweden bestätigt wurden.

Man möchte daran erinnern, dass es um einen Vorfall mit einem russischen Staatsbürger geht, der sich auf dem russischen Staatsgebiet ereignet hat. Es wurde gerade in Russland alles Mögliche getan, um das Leben von Alexej Nawalny zu retten. Das Flugzeug landete außenplanmäßig in Omsk. Russische Ärzte leisteten dem Patienten sofortige professionelle medizinische Hilfe, die die Stabilisierung seiner Gesundheit innerhalb von zwei Tagen ermöglichte. Die Genehmigung für seinen Transport nach Deutschland wurde kurzfristig erteilt, obwohl es ihm untersagt war, Russland aufgrund einer laufenden Ermittlung zu verlassen.

In diesem Hinblick sind die Unterstellungen, Russland sei daran interessiert, Alexej Nawalny mit Chemiewaffen zu vergiften, gelinde gesagt, haltlos. Es ist absolut unlogisch, dass die russische Regierung den Blogger den Chemikern der Bundeswehr überließ, nachdem sie ihn mutmaßlich auf eine gefährliche und spezifische Art und Weise vergiftet hatte. Das ist absurd.

Man stellt sich die Frage, wie es der deutschen Seite gelungen ist, das s.g. Nowitschok-Nervengift in den Proben von Nawalny zu finden. Die Nervenkampfstoffe dieser Gruppe seien dort angeblich nie synthetisiert worden. Dennoch hätte man diese Substanz zweifelsfrei nachweisen können. Die gleiche Frage sollte ebenfalls an die OVCW-Labore in Frankreich und Schweden gerichtet werden.

Die deutsche Position hält keiner Kritik stand. Einem zivilisierten Dialog der zuständigen Behörden wurde dort eine Propagandakampagne mit Erklärungen auf der höchsten Ebene vorgezogen. Was stört eigentlich Deutschland daran, die „Nachweise der Vergiftung“, die es angeblich hat, der russischen Seite vorzulegen? Doch die deutsche Regierung legt sie selbst ihren Verbündeten nicht vor. Letztere geben zu, dass sie Berlin aufs Wort glauben. Allem Anschein nach ist es eine Art Blockdisziplin. Es wurden allerdings keine Beweise oder faktenbasierten Unterlagen vorgelegt. Man redet nicht einmal darüber.

Stattdessen schweigt die deutsche Seite, wenn die russischen Strafverfolgungsbehörden ihre deutschen Partner immer wieder um Unterstützung ersuchen. Sie verfolgt hartnäckig ihre Linie nach dem Motto „ihr hättet Alexej Nawalny vergiftet, und wir würden weder euch etwas vorlegen noch mit euch sprechen“.

Dieses Verhalten widerspricht den geltenden Rechtsvorschriften und der Praxis der deutsch-russischen Zusammenarbeit. Vier Rechtshilfeersuchen der Generalstaatsanwaltschaft Russlands wurden an Deutschland im Einklang mit dem Europäischen Rechtshilfeübereinkommen von 1959 gestellt (zwei Rechtshilfeersuchen wurden zusätzlich an Frankreich und Schweden gerichtet). Innerhalb von 2019-2020 gab Deutschland ungehindert 83 russischen Rechtshilfeersuchen statt. Aber diesmal lief etwas schief.

Russland ließ nie Zweifel daran aufkommen, dass es den Verpflichtungen aus dem CWÜ nachkommt. In Russland wurden alle Chemiewaffenarsenale vollständig und vorzeitig vernichtet. Die entsprechende technologische Ausrüstung wurde zerstört. Es wird Unterstützung bei den Inspektionen von Chemieanlagen geleistet. Im Interesse der Nichtweiterverbreitung wird die internationale Zusammenarbeit durchgeführt.

Der OVCW-Vorgehensweise zufolge sind die deutschen Partner verpflichtet, mit Russland im Rahmen des CWÜ zusammenzuwirken. Eine entsprechende Anfrage haben wir an sie gerichtet. Im Gegenzug erhielten wir nur ein formales Schreiben.

Wir warten auch auf die Antworten auf unsere Ersuchen, die wir an Schweden und Frankreich gestellt haben. Sie hätten angeblich gewisse faktenbasierte Daten, die auf die Vergiftung des russischen Staatsbürgers hinweisen sollen. Es sei erinnert, dass das Unterdrücken von Beweismitteln nach dem Strafrecht vieler Länder als Mittäterschaft bei einer Straftat qualifiziert wird und strafbar ist.

Das Technische Sekretariat der OVCW ist ebenso verpflichtet, seinen Aufgaben nachzukommen und zu reagieren, wenn ein Mitgliedsstaat um konkrete Klarstellung ersucht. Mit Blick auf die s.g. Vergiftung von Alexej Nawalny wurde der Leitung des Technischen Sekretariats der OVCW am 1. Oktober d.J. der russische Vorschlag unterbreitet, die Möglichkeit für die Entsendung seiner Experten nach Russland zu prüfen, um ihre Zusammenarbeit mit russischen Fachkräften in dieser Angelegenheit zustande zu bringen. Es wird für die Ermittlung des Tatbestands einer möglichen Straftat auf dem Staatsgebiet der Russischen Föderation benötigt. Momentan wird ein solcher Besuch vorbereitet.

Wir registrieren bisher überhaupt keine Bereitschaft der westlichen Länder, mit der russischen Seite zusammenzuarbeiten. Alles wird auf die Rhetorik reduziert, die häufig inakzeptabel ist. Es wird erneut versucht, Russland unbegründet an allem verantwortlich zu machen und einen Vorwand zu finden, um gegen unser Land neue Sanktionen zu verhängen.

Quelle:

Botschaft der Russischen Föderation in Deutschland