Bin Baden

Im Sommer 2001 ließ sich der damalige Bundesverteidigungsminister Rudolf Scharping (SPD) in einer Illustrierten beim fröhlichen Baden mit Gräfin Pilati in Mallorca ablichten. Zu diesem Zeitpunkt hatte er gerade Bundeswehrsoldaten in den Kriegseinsatz nach Mazedonien geschickt und der Truppe eine Urlaubssperre verordnet. Nach einer Kabinettssitzung in Berlin brachte ihn eine Maschine der Flugbereitschaft der Bundeswehr zurück zu seinem Urlaubsort. Am nächsten Tag flog er dann mit einer anderen Maschine von Mallorca in das Einsatzland und wieder zurück, ihm brachte es den Unmut der Truppe und den Spitznamen „Bin Baden“ ein.

20 Jahre später ließ NRWs Umweltministerin Ursula Heinen-Esser (CDU) die abgesoffenen Flutopfer im Regen stehen und feierte derweil den Geburtstag ihres Mannes auf der Ferieninsel. Natürlich nicht allein, auch Landes-Bauministerin Ina Scharrenbach sowie Landes-Europaminister Stephan Holthoff-Pförtner (beide CDU) nahmen an der Feier teil, genau wie die derzeitige Kölner Bundestagsabgeordnete und damalige Staatssekretärin Serap Güler (ebenfalls CDU). Trotz Katastrophe in den Krisengebieten, trotz Klimakrise, verursacht auch durch den Flugverkehr, muss doch mal eine Kurzflugreise nach Mallorca drin sein.

Scharping ging mit seinem Amt erst später baden, bei Heinen-Esser ging das nach einer geplatzten Vertuschungsaktion ziemlich flott: Wichtige Details zu ihrer Urlaubsreise hatte die Ex-Ministerin vor dem Untersuchungsausschuss verschwiegen. Diese unkorrekten Angaben firmierte sie später zu einem „Bürofehler“ um.

Vor diesem Hintergrund ist es nur ein politisches Nebengefecht, dass ihre grüne Amtskollegin Anne Spiegel aus Rheinland-Pfalz ebenfalls zurückgetreten ist, weil sie den Kampf gegen das Hochwasser aus ihrem vierwöchigen Urlaub in Frankreich führte.

In NRW ist das Thema wesentlich brisanter, weil in diesem Bundesland in vier Wochen die nächsten Landtagswahlen anstehen. Die CDU will ihre Mehrheit verteidigen, und die von der Macht verdrängten Sozialdemokraten rücken in den Umfragen der CDU mächtig auf den Pelz. Eine jet-settende CDU kommt beim umworbenen Wahlvolk nicht gut an Da droht gleich, dass eine gesamte Landesregierung baden geht. Verdient hätte sie es – nicht nur wegen Malle.

Quelle: Unsere Zeit