Tennisturnier in Wimbledon schließt russische Sportler aus

Vom 27. Juni bis 10. Juli 2022 sollen in London die traditionellen Lawn Tennis Championships stattfinden. Dabei handelt es sich um das berühmtestes und älteste Tennisturnier der Welt, das auf der ATP- und WTA-Tour auch zu den vier Grand Slam-Events zählt – es ist das einzige, das auf Rasen ausgetragen wird. Daher sind das sportliche Prestige, die vergebenen Weltranglistenpunkte und die Preisgelder besonders hoch. Im Einzelbewerb der Frauen und Männer treten jeweils 128 Top-Spieler/innen an, hinzu kommen Doppel- und Mixed-Wettkämpfe.

Heuer haben die britischen Veranstalter anderes im Sinn: Sie verkündeten zuletzt den Ausschluss aller russischen und weißrussischen Tennisspieler/innen von dem Turnier – wegen dem Krieg in der Ukraine. Das ist zunächst quantitativ recht rigoros: Bei den Frauen stammen nicht weniger als zwölf Spielerinnen der Top-100 aus diesen beiden Ländern, darunter die gegenwärtige Nr. 4 im WTA-Ranking, Aryna Sabalenka, und die ehemalige Nr. 1, Wiktoryja Asarenka. Bei den Männern befinden sich unter den Top-50 aktuell vier Russen und ein Weißrusse, darunter die Nr. 2 im ATP-Ranking, Daniil Medwedew, und die Nr. 8, Andrei Rublew. Dass das Turnier im Wimbledon unter diesen Bedingungen also einen erheblichen Qualitätsverlust erleiden würde und zu einer massiven Wettbewerbsverzerrung auf der Tour beitragen würde, ist offensichtlich.

Daher gibt es auch Kritik an der Entscheidung der Veranstalter. Der Weltranglistenerste, sechsfache Wimbledon-Champion und Titelverteidiger Novak Đoković sprach sich mit deutlichen Worten gegen die Ausschlüsse aus, indem er sie als „verrückt“ bezeichnete – die Politik solle sich nicht in den Sport einmischen. Das ist nicht nur richtig, sondern Đoković erweist sich auch als fairer Sportsmann: Medwedew ist ihm im ATP-Ranking knapp auf den Fersen und könnte ihn – gerade mit einem Sieg in Wimbledon – vom Thron stoßen, doch von einem Ausschluss will Đoković nicht profitieren. Ein anderer, bereits zurückgetretener Top-Star äußerste sich ebenfalls ablehnend: Die US-Amerikanerin Billie-Jean King, sechsfache Wimbledonsiegerin in den 1960er und 70er Jahren, meinte, man könne einzelne Athletinnen nicht aufgrund ihrer Nationalität ausschließen.

Auch die internationale Spielervereinigung ATP ist mit den Ausschlüssen alles andere als glücklich: Sie hält es für unzulässig, Spieler aufgrund ihrer Nationalität zu diskriminieren und sieht einen Bruch der Grand Slam-Regeln. Noch weiter geht die Spielerinnenvereinigung WTA, die Maßnahmen gegen die Entscheidungen prüfen will – denkbar sei z.B., dass es für das Turnier in Wimbledon keine Weltranglistenpunkte gäbe. In der kommenden Woche wollen ATP und WTA über die weitere Vorgehensweise und etwaige Sanktionen beraten. Ob dies seitens der Wimbledon-Veranstalter ein Umdenken bewirken kann, ist fraglich.

Der antirussische Wahn, der teilweise rassistische Ausmaße annimmt, ist seit Beginn des Ukrainekrieges ein Problem in Sport und Kultur, wo Athlet/innen und Künstler/innen allein aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit mit Repressionen bedacht werden – egal, wie sie zur Moskauer Regierung oder zum Krieg stehen. Dass sich das ehrwürdige Wimbledon-Turnier hier im Interesse des britischen Imperialismus einreiht, ist bedauerlich und entwertet wohl den „heiligen Rasen“ in London. Aber vielleicht sollte man es einfach so wie Österreichs früherer Sandplatzkönig Thomas Muster sehen, der grundsätzlich attestierte, Gras sei ohnedies nur für Kühe geeignet, nicht für Tennis.

Quelle: ORF / ORF

 

Quelle: Zeitung der Arbeit