Kampf für freien Zugang zur unabhängigen Asyl-Beratung geht weiter

Am Dienstag, 28. März, geht es vor dem Bundesverwaltungsgericht in Leipzig um das Zutrittsverbot zu den AnkER-Zentren in Oberbayern für das Beratungsangebot Infobus für Flüchtlinge des Münchner Flüchtlingsrats.

Dem Infobus, der seit mehr als 20 Jahren Asylsuchende in München und Umgebung berät, wurde 2018 der Zutritt zu den AnkER-Einrichtungen durch die Regierung von Oberbayern versagt. Dagegen erhob der Münchner Flüchtlingsrat Klage.

Bundesweite Bedeutung

Die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hat bundesweite Bedeutung, da unabhängigen Nichtregierungsorganisationen an vielen Orten der Zutritt zu AnkER-Zentren und anderen Erstaufnahmezentren erschwert wird. PRO ASYL und Landesflüchtlingsräte fordern, dass in allen Bundesländern der Zugang der Zivilgesellschaft gewährleistet und nicht behindert wird.

„Der Zugang zu unabhängiger Beratung ist ein grundlegendes Recht und eine Voraussetzung für eine faire und gerechte Asylpolitik. Dass es überhaupt zu einem Rechtsstreit kommen muss, damit die Menschen in den Einrichtungen unabhängige Beratungsangebote wahrnehmen können, ist in einer freiheitlichen Demokratie inakzeptabel und ein Angriff auf zivilgesellschaftliche Beratungsstrukturen, die sich für die Rechte von Asylsuchenden einsetzen“, sagt Tareq Alaows, flüchtlingspolitischer Sprecher von PRO ASYL. PRO ASYL unterstützt aus diesem Grund den Infobus und das Klageverfahren finanziell.

In Oberbayern Beratung nur auf Anforderung

In Oberbayern hat das Verwaltungsgericht München entschieden, dass ein „mandatierter Zugang“ gewährt werden muss. Das heißt, dass die Berater*innen in das AnkER-Zentrum dürfen, wenn sie konkret von einem Schutzsuchenden angefragt wurden. In der Praxis verhindert dies jedoch einen effektiven Zugang zur Rechtsberatung vor allem für vulnerable Gruppen.

„Die  anlassbezogene Zutrittserlaubnis ist mit hohen bürokratischen Hürden verbunden. Die Niederschwelligkeit geht dabei verloren. Wir wünschen uns, wie früher, mit unserem Infobus wieder auf dem Gelände der Ankereinrichtungen parken zu dürfen, um so möglichst gut wahrgenommen zu werden und gleichzeitig unsere Unabhängigkeit zu zeigen”, erklärt Sheena Tönnies vom Infobus München.

Bundesweite Neuregelung der Asylverfahrensberatung

Auch angesichts der Neuregelung der Asylverfahrensberatung durch die Bundesregierung hat die Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts Bedeutung. Seit Januar 2023 ist der Bund zur Förderung einer behördenunabhängigen, freiwilligen, unentgeltlichen und ergebnisoffenen Asylverfahrensberatung verpflichtet. „Mittlerweile hat auch die Bundesregierung erkannt, wie dringend eine unabhängige Beratung nötig ist, insbesondere niederschwellige Angebote für vulnerable Gruppen. Diese lassen sich nicht erreichen, wenn Beratungsangeboten der Zugang verwehrt wird. Bei unserer Klage geht es darum, den ohnehin schon isolierten Menschen in den AnkER-Einrichtungen einen freien Zugang zur Beratung wieder zu ermöglichen“, sagt Tönnies.

Auch Sachsen behindert die Beratung  immer wieder

Auch in Sachsen unterliegen Angebote zur Beratung von Asylsuchenden durch Nichtregierungsorganisationen regelmäßig einem Zugangsverbot. „Der niedrigschwellige und kurze Weg von neuankommenden Menschen zu Beratungsangeboten in Erstaufnahmeeinrichtungen ist essentiell, um ein faires Verfahren zu gewährleisten. Informationen zum Asylverfahren, aber auch zum Leben in Deutschland und zu alltäglichen Abläufen,  sind gerade in den ersten Tagen des Ankommens von großer Bedeutung für die Schutzsuchenden“, so Dave Schmidkte vom Sächsischen Flüchtlingsrat. „Fehlende Informationen oder unzureichende Beratung können zu schwerwiegenden Folgen im Asylverfahren führen.“

Zum Hintergrund:

Ab 2001 bot der Münchner Flüchtlingsrat in Zusammenarbeit mit Amnesty International unabhängige Asylverfahrensberatung in einigen Erstaufnahme- und AnkER-Einrichtungen in Oberbayern an. Dazu fuhr – soweit es die räumlichen Gegebenheiten zuließen – ein Infobus in die Außenanlagen der Unterkünfte. Anfang 2018 wurde den Berater*innen von der Regierung von Oberbayern ohne stichhaltige Gründe der Zugang beziehungsweise die Zufahrt zu den Unterkünften verweigert. Dagegen erhob der Münchener Flüchtlingsrat Klage, finanziell unterstützt von PRO ASYL. Im Laufe des Klageverfahrens modifizierte die Regierung Oberbayerns ihre Entscheidung dahingehend, dass der Infobus zumindest auf konkrete Anfragen einzelner Bewohner*Innen Zugang zu den Einrichtungen erhält.

PRO ASYL unterstützt aufgrund ihrer Bedeutung sowohl die Klage als auch grundsätzlich den Infobus in seiner täglichen Arbeit. Neben PRO ASYL finanzieren zudem die Landeshauptstadt München, Amnesty International und die UNO-Flüchtlingshilfe das unabhängige Beratungsprojekt.

Quelle: Pro Asyl