6. Oktober 2024

Italien: Bürgermeister, der Flüchtlinge bestahl, steht vor Suspendierung

Übernommen von Zeitung der Arbeit:

Rechte Politikerinnen und Politiker aller Länder gerieren sich immer gern als diejenigen, die nach einer Phase des Chaos wieder Recht und Ordnung herzustellen vermögen. Durch ihre eigene Mittelmäßigkeit, Bösartigkeit und Denkfaulheit bezeugen sie aber stets das Gegenteil – rechte Politik bleibt im Großen und Ganzen im besten Fall lächerlich, im schlimmsten kriminell.

Neapel. Antonio Del Giudice (Fratelli d’Italia), Bürgermeister von Striano, einer kleineren Gemeinde in der Region Kampanien, droht nun die Suspendierung. Vor einigen Wochen wurde er zu einer viermonatigen Haftstrafe verurteilt, weil er die Fahrräder von fünf malischen Flüchtlingen, die in einem Auffanglager leben, regelrecht aufgebrochen und gestohlen hatte.

Sie haben „gestunken“

Die Fahrräder wurden während einer semilegalen, vom Bürgermeister zusammengesetzten Patrouille gestohlen, nachdem die Ketten mit einem Bolzenschneider aufgebrochen worden waren. Es war ein Sonntag im November 2020: Del Giudice und seine Männer „kontrollierten“ das Gebiet und traten in Aktion, indem sie fünf an ein Geländer vor dem Rathaus gekettete Fahrräder feststellten. Sie hätten „gestunken“, sagte Del Giudice zuletzt gegenüber der Zeitung Il Fatto Quotidiano über die Fahrräder, was, ohne die rassistische Nuance abzuschwächen, auf Italienisch auch als „verdächtig“ scheinend übersetzt werden kann.

Vorwurf rassistischer Diskriminierung vorerst abgeschmettert

Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft wurde der Diebstahl unter dem erschwerenden Umstand rassistischer Diskriminierung begangen: In den sozialen Medien wurde ein Foto gepostet, das den Bürgermeister und die Freiwilligen der „Patrouille“ unmittelbar nach dem Aufbrechen der Ketten in verlachenden Posen zeigt. Der Richter schloss jedoch das Vorliegen dieses erschwerenden Umstandes aus. Die Staatsanwaltschaft behielt sich vor, nach der Verlesung der Urteilsgründe in diesem Punkt Berufung einzulegen.

Schwerer Betrug und Amtsmissbrauch

Die Staatsanwältin von Torre Annunziata, Bianca Maria Colangelo, und der Oberstaatsanwalt Nunzio Fragliasso haben dem Bürgermeister, der auch Vizepräsident von Anci Campania und stellvertretender Regionalsekretär der Partei Fratelli d’Italia ist, eine Mitteilung über den Abschluss der Ermittlungen mit einer weiteren Anklage wegen schweren Betrugs und Amtsmissbrauchs zugestellt, wobei es sich bei letzterem um ein Vergehen handelt, das auch bei einer nicht rechtskräftigen Verurteilung zur sofortigen Suspendierung vom öffentlichen Amt führen wird.

Eines dieser fünf Fahrräder, und zwar das neueste, wurde im Auftrag von Del Giudice von einem städtischen Angestellten vom Standesamt zu seinem Unternehmen transportiert, um es mit dem Logo der Gemeinde Striano umlackieren zu lassen. Dies alles geschah zwei Tage später, an einem Dienstag, während der Arbeitszeit des Gemeindeangestellten, der nur wegen schweren Betrugs mitangeklagt ist. Die Hypothese des Amtsmissbrauchs wurde aus dem Hauptverfahren herausgenommen, um weitere Ermittlungen durchzuführen, die in den letzten Tagen abgeschlossen wurden. Die Mitteilung über das Ende der Ermittlungen geht normalerweise dem Antrag auf Anklageerhebung voraus, aber Del Giudice und der städtische Angestellte haben nun 20 Tage Zeit, um Schriftsätze einzureichen, Vernehmungen zu beantragen und zu versuchen, die Staatsanwälte davon zu überzeugen, einen Antrag auf Freispruch zu formulieren.

Quelle: IlFattoQuotidiano

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