Zwei Tage der Solidarität mit Kuba in Hannover
Übernommen von Netzwerk Cuba – informationsbüro e.V.:
Am Rande des Evangelischen Kirchentag in Hannover führte das Netzwerk Cuba am 2. und 3. Mai eine Veranstaltungsreihe im Kulturzentrum „Pavillon“ durch, die eine Vielfalt an Themen über Kuba ausbreitete, um eine breitere Öffentlichkeit anzusprechen.
So wurde eingangs über Menschenrechte und Kuba gesprochen, und zwar über die hier weitgehend verschwiegene US-Blockade gegen Kuba, durch die die Menschenrechte der zehn Millionen Kubanerinnen und Kubaner eklatant und seit Jahrzehnten verletzt werden. Die Botschafterin Kubas, Juana Martínez González schilderte eindrucksvoll die zerstörerischen Folgen der US-Politik, die das Völkerrecht verletzt und die durch Präsident Trump sogar noch verschärft wird. Die Versorgungslage im Land ist extrem schwierig, und die Menschen leiden daran. Trotz dieses barbarischen US-Wirtschaftskrieges versucht Kuba, die Errungenschaften der Revolution zu schützen: Wohnen, Ernährung, Bildung, Gesundheit. Hingewiesen wurde auf die Verfassung von 2019, in der Grundrechte noch einmal besonders geschützt und garantiert werden. Erläutert wurde dies am Beispiel des vorbildlichen Familiengesetzbuchs zum Wohl der Kinder, das kürzlich nach langer öffentlicher Debatte ebenfalls durch ein Referendum verabschiedet wurde.
In einer folgenden Veranstaltung waren Religionen und Kirchen in Kuba im Fokus. José Condé Masdiaz (Estrella de Cuba) gab einen interessanten Überblick über die verschiedenen Strömungen der Glaubensgemeinschaften, beginnend bei den indigenen, afrikanischen und spanischen Einflüssen. Das kubanische Büro für religiöse Angelegenheiten verzeichnet gegenwärtig rund 8850 religiöse Vereinigungen. Die Teilnehmer des evangelischen Kirchentages Barbara Neubert (EKD – Evangelische Kirche Deutschland) und Reile Marrero Ruiz (Pastor in Santa Clara) stellten ihre Tätigkeit anhand von Beispielen ihrer sozialen Projekte in Kuba vor. Zugleich wurde über die gesellschaftliche Funktion von Kirchen diskutiert: sollten Kirchen Bildungseinrichtungen führen können, oder sollte es eine Trennung von Staat und Kirche geben? Und welche Glaubensgemeinschaften sollten eigene TV-Sendungen ausstrahlen können, welche nicht? Hierzu wird in Kuba diskutiert und eine angemessene Lösung gesucht. Auch wurde von ihnen anerkannt, dass die US-Blockade die gesamte gesellschaftliche Situation stark beeinträchtigt.
In einem umfassenden Vortrag informierte Angelika Becker (Netzwerk Cuba) über den Zustand und die Entwicklung von Demokratie und Zivilgesellschaft in Kuba. Sie stellte an zahlreichen Beispielen dar, wie fundiert und allgegenwärtige die Beteiligung der Bürgerinnen und Bürger in Kuba entwickelt ist. So wurde die Verfassung Kubas nach langen partizipativen Diskussionsphasen per Volksabstimmung beschlossen. In Kommunen und Betrieben wird Mitwirkung nicht nur ermöglicht, sondern erwartet, in den Wahlprozessen spielen Geld und manipulative Werbung keine Rolle, und im Parlament und anderen Institutionen wird wert gelegt auf angemessene Repräsentation der Bevölkerung. So spielen die Massenorganisationen, wie z.B. Gewerkschaften und Frauenverband eine wichtige Rolle bei der Mitgestaltung. Der Anteil von Frauen im Parlament beträgt seit Jahren über 50%.
Ein erfolgreiches Beispiel zivilgesellschaftliches Engagement ist das Projekt „Quisicuaba“, das von der HCH (Humanitäre Cuba Hilfe) unterstützt wird. Dieses interreligiöse soziale Projekt wird von Dr. Enrique Alemán (auch Mitglied der Nationalversammlung) koordiniert. Es ist in den letzten Jahren sehr erfolgreich gewesen und hilft hunderten von hilfsbedürftigen Menschen. Mahlzeiten, Unterkunft, umfassende soziale Betreuung sind die Basis, die mit Spenden und staatlicher Unterstützung ermöglicht werden. In einem Video sowie einem Interview-Clip mit dem Leiter wurde spürbar, mit welch zutiefst humaner Haltung, welch kubanischem „Geist“ dort die Arbeit geleistet wird.
Das erfreulich breite Spektrum praktischer und politischer Solidarität von Gruppen in Deutschland wurde dann in einer Gesprächsrunde mit Lothar Reininger (InterRed), Anke Schneider (Cuba Si), Monika Schierenberg (EcoMujer) sowie der Moderatorin Marianne Schweinesbein (Netzwerk Cuba) deutlich. Kleine lokale Projekte im Umwelt- und Bildungsbereich, für die Unterstützung von Frauen, langjährige und umfangreiche Maßnahmen im Agrar- und Ernährungssektor, bis hin zu teuren Installationen von Solaranlagen für wichtige Unternehmen in Kuba sowie Austauschprogramme wurden vorgestellt.
Abschließend konnte ein bemerkenswertes neues Vorhaben vorgestellt werden, das von einer Studierendengruppe der Hochschule für nachhaltige Entwicklung Eberswalde im Austausch mit Studierenden der Universität Sancti Spíritus aufgebaut wird: „Seeds of Friendship“ (Samen der Freundschaft). Mit einem begeisternden Film stellten Victoria Peistrup und Nikolai Scharsich ihre Arbeit im Bereich Urban Gardening und Tiny Farming vor, also nahe dran an der akuten Aufgabe der Ernährungssicherung in Kuba. Nun wird ein Seecontainer zu einer gut gerüsteten Station für solche Projekte ausgestattet, in Eberswalde getestet und optimiert, und dann nach Kuba zum Einsatz gebracht. Leider wurde auch dieses Solidaritätsprojekt durch die US-Finanzblockade beeinträchtigt: die Crowd-Funding-Kampagne wurde wegen „Kuba“ zunächst nicht möglich.
Mit diesen sechs unterschiedlichen Veranstaltungen über wesentliche Themengebiete des realen Lebens und über die Verhältnisse in Kuba konnten Realitäten vorgestellt werden, die in den hiesigen Medien noch immer verschwiegen werden. So konnten die Teilnehmenden Vieles über Kuba, seine Errungenschaften, Probleme und Herausforderungen, seine mutige und schwere Entwicklung erfahren, Fragen stellen, eigene Erfahrungen oder Zweifel einbringen, diskutieren sowie wertvolle Tipps für eigene Besuche erhalten.