Übernommen von Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek:
In Rom hat am Wochenende eine breite linke Protestfront erneut gegen ein neues sogenanntes Sicherheitsdekret der Regierung unter der faschistischen Premierministerin Giorgia Meloni demonstriert, das am Donnerstag im Abgeordnetenhaus verabschiedet wurde. Dem Aufruf des Netzwerkes »A Pieno Regime« hatten sich Gewerkschaften, Verbände und politische Bewegungen, darunter die mit über vier Millionen Mitgliedern stärkste Gewerkschaft CGIL, der 1,2 Millionen Mitglieder vertretende Kulturverein Arci, Studenten von Osa und Cambiare Rotta sowie Vertreter des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD), das Bündnis von Linkspartei und Grüne (AVS) und die fünf Sterne-Bewegung (M5S) angeschlossen.
Da sich die Regierungschefin nicht sicher war, im Parlament die erforderliche Mehrheit zu erhalten, hatte sie die Abstimmung – zum 89. Mal seit ihrem Amtsantritt im Oktober 2022 – mit der Vertrauensfrage verbunden. Die Novelle kam dann auf 201 Ja-Stimmen, bei 117 Gegenstimmen und fünf Enthaltungen. Bis Mitte Juni soll die Abstimmung in der zweiten Parlamentskammer, dem Senat, erfolgen.
Es handelt sich, wie die Kritiker betonten, um ein Maßnahmenpaket, das 14 neue Arten von Straftaten und neun erschwerende Umstände einführt, die es der Regierung zum Beispiel erleichtern, besetzte Häuser schneller zu räumen, oder Straßenblockaden, die bisher eine Ordnungswidrigkeit waren, als Straftat zu verfolgen. Darunter werden dann auch Proteste wie der Umweltorganisationen »No Tav« oder gegen den Bau der Brücke über die Meerenge von Sizilien fallen, bis hin zu Maßnahmen gegen öffentliches Betteln. Selbst schwangere Frauen und Mütter kleiner Kinder könnten künftig unter bestimmten Umständen inhaftiert werden.
Über dem Marschblock der Gewerkschaft wehten rote Arbeiterfahnen, und immer wieder auch die Fahne Palästinas, auf Plakaten und in Losungen, wurden die neuen Gesetze als verfassungsfeindlich angeprangert. Studenten der Sapienza-Universität nannten das Gesetz in einer Erklärung eine »echte freiheitsfeindliche Offensive, die sich in die mittlerweile lange Liste repressiver Gesetze der letzten Jahre einfügt, die darauf abzielen, den Kampf gegen soziale Ausgrenzung zu kriminalisieren«. Weiter betonen die Studenten: »Wenn wir zu alledem noch die anhaltenden Angriffe auf das Streikrecht hinzurechnen, wird der Wille der Regierung Meloni deutlich, jeden möglichen Raum für abweichende Meinungen zum Schweigen zu bringen.«
Das verschärfte Repressionsgesetz stößt landesweit auf Widerstand. Elena Schlein, seit März 2023 Parteivorsitzende des sozialdemokratischen Partito Democratico (PD), der größten Oppositionspartei im Lande, warf der Regierung vor, sie erfinde »jede Woche einen neuen Straftatbestand« und setze, »statt echte Probleme wie Wohnungsnot, Armut oder Arbeitslosigkeit zu lösen, auf Repression und Einschüchterung.«
Cesare Antetomaso, Anwalt und Mitglied der linken Juristenvereinigung Giuristi Democratici, sprach vom »größten Angriff auf die Meinungsfreiheit« seit Gründung der Italienischen Republik im Jahr 1946. Laut der katholischen Zeitung »Avveniere« haben 250 Juristen Zweifel an der Verfassungsmäßigkeit des Dekrets geäußert. Der Anführer der Fünf Sterne-Bewegung (M5S), der frühere Premierminister Giuseppe Conte, hatte bereits in der Parlamentsdebatte angeprangert, mit dem Gesetz werde Italien »ein repressiver Staat«.
Auf Bedenken und Kritik stieß zudem, daß Staatspräsident Sergio Mattarella zum 79. Jahrestag der Italienischen Republik am 2, Juni nicht nur zu »Einheit und Harmonie« aufgerufen hat, was nur heißen konnte, eine »Harmonie« zwischen Opposition und Meloni-Regierung anzustreben, sondern daß er auch noch angesichts des gerade verabschiedeten Sicherheitsdekrets den Präfekten und allen, die sich für das Gemeinwohl einsetzen, seine »Anerkennung und Wertschätzung aussprach und ihnen die besten Wünsche für ihre Arbeit« übermittelte.
Das Gesetz verstößt gegen die Verfassung der Italienischen Republik, die am 2. Juni 1946 im Ergebnis des Sieges im Referendum proklamiert wurde, stellte die CGIL auf ihrer Plattform »Collettiva« klar. Die Gewerkschaft rief dazu auf, bei den am kommenden Wochenende zu Abstimmung stehenden Referenden den Gesetzen der Meloni-Regierung zur Repression, zur Unterdrückung der Meinungsfreiheit und der Arbeiterrechte eine Abfuhr zu erteilen.
Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek

