Buhrufe für einen Selbstdarsteller

Protest gegen Trumps Einreiseverbote am New Yorker Flughafen. Screenshot: Working Families PartyIn seiner grenzenlosen Selbstüberschätzung hat der Neue im Weißen Haus am Wochenende ein grandioses Eigentor geschossen. Seine Entscheidung, als Bestandteil seines »Plans zur Niederwerfung des IS im Irak und in Syrien« ein Einreiseverbot für Bürger aus sieben muslimisch geprägten Staaten zu verhängen, hat nicht nur massive Proteste in den USA und in aller Welt provoziert, sie hat sich auch als undurchführbar erwiesen. Wohl selten in der Geschichte der USA wurde ein Beschluß des Präsidenten so schnell per Gerichtsbeschluß wieder gekippt.

Der übermäßig von seiner eigenen Gottesgleichheit überzeugte Milliardär Donald Trump bleibt sich treu. Ähnlich wie im Wahlkampf agiert er jetzt auch an seinem neuen Schreibtisch im Oval Office. Er trifft politische Entscheidungen am Fließband, wohl kein Präsident vor ihm hat in den ersten Tagen seiner Amtszeit 18 Dekrete unterzeichnet. Kaum eines davon hat einen praktischen Sinn, kaum eines läßt sich mit dauerhafter Wirkung in die Praxis umsetzen. Der Eindruck dürfte kaum trügen: Der Mann zeigt vor allem Aktionismus. Auf diese Weise kann man vielleicht ein Unternehmen führen, das dringend grundlegende Änderungen braucht, aber wohl kaum ein derart komplexes Gebilde wie den Staat USA.

Obwohl der designierte Außenminister noch nicht einmal vom Senat bestätigt ist, obwohl das State Department faktisch ohne Führung und ohne politische Orientierung dasteht, agiert der Präsident auf dem Feld der Außenpolitik als wäre es ein Monopoly-Spielbrett. Er wettert gegen die NATO, was jeden NATO-Gegner beinahe in Verzückung brachte, und spricht sich im Telefonat mit der deutschen Kanzlerin für die NATO aus. Er ordnet an, innerhalb von 30 Tagen zum Krieg gegen den »IS« einen konkreten Plan vorzulegen, und spricht sich am ersten dieser 30 Tage beim Telefonat mit Putin für ein gemeinsames Vorgehen gegen den Terrorismus und im Krieg in Syrien aus…

Das Agieren des USA-Präsidenten zeigt einen hohen Grad an Planlosigkeit, denn »America first« ist wohl kein wirklich brauchbarer Plan. Sein Handeln ist zutiefst irrational. So begrüßenswert es wäre, wenn die USA – über 15 Jahre nach dem von Bush erklärten »Krieg gegen den Terror« – nun wirklich einmal effektiv gegen den Terror vorgehen würden, statt immer neue Kriegsbrandherde anzufachen, so unsinnig ist ein generelles Einreiseverbot für Muslime in die USA.
Ebenso heuchlerisch sind allerdings auch die Proteste der Politiker aus den EU-Staaten, die ihrerseits alles dafür tun, um Migranten von den Grenzen der EU fernzuhalten, und dafür Grenzzäune mit NATO-Draht an den Außengrenzen errichten, die bewaffnete FRONTEX-Truppe und Kriegsschiffe zur Verhinderung von Migration losschicken, dem Diktator in Ankara sechs Milliarden Euro zustecken, damit die Migranten in der Türkei bleiben. Politiker, die mit ihrer Kriegspolitik und der erbarmungslosen wirtschaftlichen Ausbeutung vieler Länder zehntausendfach Tod und Armut säen und damit Fluchtursachen schaffen, und die mit ihrer Abschottungsstrategie tausendfach den Tod auf dem offenen Meer in Kauf nehmen. Bei aller berechtigten Kritik an Trump sollten sich die Führer der EU erst einmal an die eigene Nase fassen.

Die wenigen Informationen über das Gespräch zwischen Trump und dem russischen Präsidenten geben ein wenig Grund zur Hoffnung. Hoffnung darauf, daß nach der Konfrontationspolitik des Friedensnobelpreisträgers Obama gegenüber Rußland vielleicht doch eine Zeit der Entspannung folgen könnte. Das wäre wichtig, denn Frieden ist zwar nicht alles, aber ohne Frieden ist alles nichts.

Uli Brockmeyer, Leitartikel in der Dienstag-Ausgabe der »Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek«