Der Tod eines Präsidenten, der lebt

„Eine große schwarze Wolke steigt aus dem Palast hoch, der in Flammen steht. Präsident Allende stirbt an seinem Amtssitz. Die Militärs töten Tausende in ganz Chile. (…) Frau Pinochet erklärt, dass die Klagen der Mütter das Land erlösen werden. Eine aus vier Mitgliedern bestehende Militärjunta, die in der School of the Americas in Panama ausgebildet wurde, übernimmt die Macht, die gesamte Macht. An ihrer Spitze steht General Augusto Pinochet.“

Die Worte von Galeano skizzieren das, was an jenem 11. September 1973 geschah, eines der Daten, die besonders tief in der Geschichte Chiles und der Unseres Amerikas eingraviert sind. An diesem Tag, nach stundenlanger Belagerung und Bombardierung des Präsidentenpalasts La Moneda starb der chilenische Präsident Salavador Allende unter dem Kugelhagel der Putschisten.

Wie ist Allende gestorben? Er hat Selbstmord begangen – das erkärt die Militärjunta am Tag darauf am 12. September. Wie eine „ruhmreiche Gestalt … durchsiebt von den Kugeln der Maschinengewehre der Soldaten Chiles”, schrieb Pablo Neruda am 14. September auf seinem Totenbett.

„Unter den feindlichen Kugeln wie ein Soldat der Revolution“, sagte seine Witwe Hortensia Bussi vier Tage später in Mexiko.

Ob der Präsident durch die Hände der von Pinochet angeführten Putschistenarmee starb oder sich anstatt sich zu ergeben im Moneda Palast von Santiago de Chile das Leben nahm, die Kugeln, die ihn töteten, woher sie auch gekommen sein mögen, führten zu einem der entwürdigendsten Präsidentenmorde in der Geschichte Lateinamerikas.

Über seine Ermordung bewahrte man Schweigen. Er wurde heimlich beerdigt. Nur seiner Witwe war es gestattet, jenen unsterblichen Leichnam zu begleiten. Es wird erzählt, dass jener mutige und würdige Mann sechs Stunden lang mit dem Gewehr Widerstand leistete, das ihm der Führer der Kubanischen Revolution Fidel Castro geschenkt hatte und dass dies die erste Waffe gewesen sei, mit der Salvador Allende jemals geschossen habe.

Heute ist es 45 Jahre her, seit Allende starb. In jener Nacht überreichten die putschistischen Streitkräfte General Pinochet einen knappen Bericht: „Befehl ausgeführt. Moneda genommen, Präsident tot“. Die Unidad Popular und ihr Präsident waren ausgelöscht und es begann eine Militärdiktatur, die 17 Jahre dauerte.

Der Führer der chilenischen politischen Linken Salvador Allende gewann 1970 die Wahlen und führte eine intensive Verstaatlichungspolitik des Berbau- und Industriesektors durch. Inmitten der Wirtschaftskrise 1973 konnte er seinen Wahlsieg wiederholen, was schließlich zum gewaltsamen Eingreifen der Armee in das politische Leben des Landes führte.

Im ersten Jahr seiner Amtszeit wurden 47 Industrieunternehmen verstaatlicht und über die Hälfte des Kreditsystems. Mit der Agrarreform wurden etwa 2, 4 Millionen Hektor Ackerland enteignet und ins gesellschaftliche Eigentum eingegliedert.

Salvador Allende war der erste chilenische Politiker marxistischer Ausrichtung, der durch allgemeine Wahlen in einem Rechtsstaat an die Regierung kam.

„Der dramatischste Widerspruch seines Lebens war der, gleichzeitig angeborener Feind der Gewalt und leidenschaftlicher Revolutionär zu sein und er glaubte, das Problem mit der Hypothese gelöst zu haben, dass die Bedingungen in Chile eine friedliche Entwicklung hin zum Sozialismus innerhalb der bürgerlichen Legalität ermöglichen würden“, erinnert sich García Marquez in seiner Chronik „Der wahre Tod eines Präsidenten“.

Das waren in wenigen Worten seine wirklichen Verbrechen, die, die der Imperialismus und der reaktionäre Teil der chilenischen und der Ultrarechten der Region niemals dem charismatischen Führer verzeihen konnten, der zum Volk, zur Mehrheit geworden war.

DER KONVENTIONELLSTE ALLER KRIEGE

Staatsstreich, Tote, ein Schlag gegen die Demokratie, Bedrohung der Souveränität, eine Regierung, die alles übergibt, Marionette, ein Volk, das leidet … all das geschah in Chile vor mehr als vier Jahrzehnten. Und stehen wir heute nicht wieder an den Toren dieser Bedrohungen?

Die Realität ist eindeutig: Progressive Länder des Kontinents sind Opfer von Destabilisierungsversuchen, die die Straßen aufheizen, Chaos schaffen und gnadenlos destabilisieren sollen, bis zu dem Punkt, dass sie einen Putsch hervorrufen.

Die weichen Putsche und der Nicht-Konventionelle Krieg in Lateinamerika sind wie ein aktueller Plan Condor, auch wenn sie nicht ein Chile voller Kupfer verfolgen, sondern Bewusstsein und Willen angreifen und mit Fälschungen und Lügen manipulieren.

In den Dokumenten, die das politische Leben in den USA bestimmen, wird der Nicht-Konventionelle Krieg definiert als ein „Komplex von Aktivitäten, die darauf gerichtet sind, die Entwicklung eines Widerstands oder eines Aufstands zu ermöglichen, um eine Regierung zu nötigen, zu ändern oder zu stürzen oder die Macht unter Anwendung einer Guerilla-, Hilfs- oder Untergrundstreitkraft in einem feindlichen Gebiet zu übernehmen“, wie dies der Doktor der Rechtswissenschaften Hugo Morales Karell erklärt, der sich mit Themen der Nationalen Sicherheit befasst.

„Im letzten Jahrzehnt hat der Nicht-Konventionelle Krieg sich für die USA und ihre Verbündeten als eine machbare Möglichkeit herausgestellt, die man anwenden kann, um Regierungen zu stürzen, die ihren Interessen zuwiderhandeln“, sagt Morales Karell. Da gab es viele Varianten: Vorwände für Demonstrationen gegen die Regierung, Unzufriedenheit wegen der witschaftlichen, politischen und sozialen Situation artikulieren, die Einmischung in innere Angelegenheiten der Länder durch Drittländer, die eine angebliche humanitäre Krise oder eine Verletzung der Menschenrechte geltend machen, bis hin zu einem angeblichen Agieren einer internen Opposition.

„Der Beispiele sind viele, auch solche die von den Vereinigten Staaten in ihren Doktrindokumenten exlizit ausgeführt werden: Albanien und Lettland (1951-1955), Tibet (1955-1970) Indonesien (1957-1958) Kuba und die Invasion in Playa Girón (April 1961) Laos (1959-1962) Nordvietnam (1961-1964) Nicaragua und Honduras (1980-1988) Pakistan und Afghanistan (1980-1991) und Irak (2002-2003). Zu diesen von ihnen zugegebenen können wir noch die Fälle von Venezuela, Brasilien und Bolivien hinzufügen, bei denen das Ziel deutlich wird, den Fortschritt der progressiven Linken in der Region zu bremsen.

Das sind die Reailitäten von heute, sie sind nicht physisch mit Kanonen präsent oder mit Drohnen und sie werfen auch nicht immer Bomben oder intervenieren militärisch in Länder, aber die Aggressionen gehen weiter. Jetzt ist man dabei, mit einer feinen Manipulation zu arbeiten, um die Teilnahme der Jugend zu gewinnen, die Nutzung der Vorteile die Informations-und Kommunikationstechnologien und intensive Medienkampagnen bringen, um politischen Druck auszuüben und um, wie es Professor Karell ausdrückt „den konventionellsten aller Kriege“ zu erreichen.

Aber zweifeln wir keinen Augenblick, das Imperium wird immer wieder mit brutaler Gewalt und grausamem Mord an Führern wie Allende zurückkehren, immer dann, wenn es seinen Interessen entspricht und ihm keine anderen Mittel bleiben, um Völker und Regierungen mit Schmutz zu bewerfen, die ihnen nicht genehm sind und die versuchen, ihre Hegemonie zu unterhöhlen.

Quelle:

Granma Internacional