Unbequeme Steuerwahrheit

Es gibt Themen, die während des Wahlkampfes keine Rolle spielen, beziehungsweise in den Hintergrund gedrängt werden. Das hat nichts damit zu tun, dass sie nicht wichtig genug wären. Eher geschieht das, weil sie gewissen Parteien und den Medien, die ihnen nahe stehen, nicht in den Kram passen, oder weil es bei den »staatstragenden« Parteien und Institutionen einen unausgesprochenen Konsens darüber gibt, dass Diskussionen über ein bestimmtes Thema »dem Land« schaden würde.Zu diesen Themen gehören Steuerhinterziehung und Steuerbetrug ebenso wie die Steuervereinbarungen, die sogenannten »Rulings«, die dazu führen, dass ausländische Großkonzerne Extraprofite machen, da sie Millionen Euro nicht bezahlen, welche dann in der Staatskasse fehlen. Weil das Risiko besteht, dass solche Fragen aufgegriffen werden, wenn öffentlich über Steuerpolitik debattiert wird, ist auch die Steuerpolitik eines der Themen, das gerne unter den Tisch fällt, wenn Rundtischgespräche auf der Tagesordnung stehen.

Tatsächlich machen die derzeitigen Koalitionsparteien DP, LSAP und Grüne, aber auch die vorangegangenen CSV/LSAP- und CSV-DP-Regierungen in diesem Zusammenhang alles andere als eine gute Figur. Daher hören sie es auch nicht gern, wenn darauf hingewiesen wird, dass während der vergangenen zwanzig Jahre die Gesamtsteuerlast zu einem immer größeren Teil vom Kapital auf die Lohnabhängigen und Rentner verlagert wurde.

Gerade vor den Chamberwahlen wollen das viele nicht hören, da diese unbequeme Wahrheit deutlich macht, dass während der vergangenen Jahrzehnte – unabhängig von der Zusammensetzung der Regierung – immer eine Steuerpolitik im Interesse des Groß- und Finanzkapitals gemacht wurde, die dann auch noch zu Lasten der Lohnabhängigen ging.Das ist bis heute der Fall, und die punktuelle Steuerreform von 2017 hat nichts daran geändert, dass der unverheiratete Mindestlohnbezieher noch immer verhältnismäßig mehr Steuern bezahlt als der Finanzfonds, der milliardenschwere Vermögen bunkert.

Parallel zu den Geschenken für das Groß- und Finanzkapital, die Teil einer systematischen Umverteilung von unten nach oben sind, werden die Lohnabhängigen und Rentner noch immer stark belastet. Zum Beispiel dadurch, dass der Mindestlohn noch immer besteuert wird, die Abflachung der Steuerprogression in zu geringem Maße erfolgte, die ungerechte Steuerklasse 1A weiter besteht und die Steuertabelle seit 2009 nicht mehr an die Lebenshaltungskosten angepasst wurde, was Steuererhöhungen auf kaltem Weg nach sich zieht. Ganz zu schweigen davon, dass eine Erhöhung der TVA erfolgte, welche die Kaufkraft der Schaffenden zusätzlich schmälert.

Das sind Themen, welche die Besserverdienenden in den Chefetagen der Banken und Betriebe, der staatstragenden Parteien und Institutionen, die gutes und schlechtes Wetter in Luxemburg machen, am liebsten unter den Tisch kehren. Nicht nur, aber besonders entschieden vor Chamberwahlen.Wen wundert’s, dass es die gleichen Leute sind, die sofort Skandal schreien, wenn die KPL die Befreiung des Mindestlohnes von der Einkommenssteuer, die Abschaffung des Steuerklasse 1A und eine deutlich höhere Besteuerung der Profite des Groß- und Finanzkapitals und aller anderen Kapitaleinkünfte fordert?

Das sollte für die Lohnabhängigen und Rentner Grund genug sein, die Kommunisten zu stärken.

Ali Ruckert

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek