Kuba diskutiert neue Verfassung

Die Kommunistische Partei Kubas und das Parlament haben beschlossen, einen Entwurf für eine neue Verfassung jetzt zur Diskussion an die Bevölkerung zu geben und im Februar eine Volksabstimmung durchzuführen. Seit August diskutieren nun die knapp 11,5 Millionen Kubanerinnen und Kubaner in etwa 135.000 Versammlungen und Foren über den Entwurf. Auf diese Weise wird die gesamte Bevölkerung in die Diskussion eingebunden, es werden Änderungen vorgeschlagen, diskutiert, formuliert und abgestimmt. Am Ende soll ein neues „Gesetz der Gesetze“ stehen, das der heutige kubanische Realität besser entspricht als die (1992 und 2002 reformierte) Verfassung von 1976. Schon dieser Diskussionsprozess straft alle Märchen von der „Karibikdiktatur“ Lügen. Zum Vergleich: Das deutsche Grundgesetz wurde nie dem Volk zur Abstimmung vorgelegt, geschweige denn dass Gewerkschaftsvorsitzende, Vertreter von Studierenden, Frauenorganisationen und Nachbarschaftskomitees an der Erarbeitung des Entwurfs mitarbeiteten, wie es in Kuba der Fall ist. Der EU-Verfassungsentwurf von 2005 wurde in Deutschland ebenfalls nicht der Bevölkerung vorgelegt.

DIE WICHTIGSTEN ÄNDERUNGEN

Viel diskutiert wird die neue Möglichkeit der Ehe für alle. Ist in der Verfassung von 1976 noch von einer Beziehung zwischen Mann und Frau die Rede, so spricht der neue Entwurf von einem Bündnis zweier Personen – unabhängig vom Geschlecht. Darüber hinaus soll die oberste politische Führung zwischen den neu geschaffenen Ämtern Präsident, der nur noch maximal 10 Jahre lang regieren darf, und Premierminister, als Vorsitzender des Ministerrats (höchstes Exekutiv- und Administrativorgan) aufgeteilt werden. Ein weiteres Element der neuen Verfassung wäre die Dezentralisierung von Entscheidungen hin zu den Gemeinden. Während die führende Rolle der Partei, Eigentum an Grund und Boden sowie die Dominanz von Staatssektor und Plan weiterhin Teil der Verfassung bleiben, sollen erstmals auch der Markt und private Wirtschaftsakteure anerkannt werden.

KUBA OHNE KOMMUNISMUS?

Auf die Anspielungen á la „Kuba streicht Kommunismus aus der Verfassung“ entgegnete der neue Präsident Miguel Díaz-Canel, dass Kuba „keineswegs den Kommunismus aufgeben werde […] Was wir errichten möchten, sind kommunistische Produktionsverhältnisse.“ Der Übergang zum Kommunismus sei jedoch an globale Voraussetzungen geknüpft, weshalb Kuba jetzt eine Verfassung brauche, deren Text sich „näher an dem realistisch möglichen“ orientiere. In dem Verfassungsentwurf wurde das „Verbot der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen“ gestrichen und durch einen Artikel ersetzt (Art. 22), welcher die Konzentration von Eigentum verbietet. „Die Leute möchten diesen Artikel, und dass wir ihn weiter ausbauen und die Konzentration von Reichtum ebenfalls unterbinden“, erklärte Díaz-Canel.

[Jann, Essen]
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Quelle:

SDAJ – Sozialistische Deutsche Arbeiterjugend