Hunderttausende demonstrieren in Caracas gegen Putschversuch

Ultimas Noticias, 3 de febrero de 2019Hunderttausende Menschen haben am Sonnabend in Caracas mit einer Großdemonstration an den 20. Jahrestag des Beginns der »Bolivarischen Revolution« erinnert und gegen den laufenden Putschversuch demonstriert. Die Avenida Bolívar im Zentrum der venezolanischen Hauptstadt war gut gefüllt, wie auch aus Luftaufnahmen im staatlichen Fernsehen zu verfolgen war. Die großen Medienkonzerne vermieden es jedoch, das Menschenmeer zu zeigen und beschränkten sich auf Detailaufnahmen. Sie berichteten lieber über die Demonstration der Opposition, zu der im Osten der Stadt einige zehntausend Menschen zusammengekommen waren.

In seiner Ansprache vor den versammelten Chavistas richtete Venezuelas Präsident Nicolás Maduro einen Aufruf an seine Gegner, den »Weg des Interventionismus« zu verlassen. Angesichts der immer deutlicheren Drohungen aus den USA und Kolumbien, die Souveränität des südamerikanischen Landes zu verletzen, forderte der Staatschef die Opposition auf: »Tun Sie einen Schritt nach vorne, hören Sie auf nach Krieg zu rufen, hören Sie auf, einen bereits gescheiterten Putsch zu unterstützen!«

Maduro sprach sich für vorgezogene Parlamentswahlen noch in diesem Jahr aus. Regulär würde die von der Opposition beherrschte Nationalversammlung erst Ende 2020 neu gewählt, doch die seit 2017 arbeitende Verfassunggebende Versammlung hätte die Befugnis, das reguläre Parlament vorzeitig aufzulösen. Bereits seit 2016 werden die Entscheidungen der Abgeordneten von den anderen Staatsgewalten Venezuelas nicht mehr anerkannt. Hintergrund ist, dass das Parlament mehrere Urteile des Obersten Gerichtshofs ignorierte, woraufhin die Richter alle Beschlüsse der Legislative für null und nichtig erklärten.

Auffällig bei der Kundgebung war die Präsenz vieler Angehöriger der Bolivarischen Miliz in Uniform. Diese von Chávez gegründete und inzwischen zwei Millionen Freiwillige zählende Struktur ist unter anderem in den Betrieben organisiert. Maduro rief die Milizionäre nun auf, sich als Berufssoldaten der Armee anzuschließen: »Wenn wir Frieden wollen, müssen wir uns darauf vorbereiten, ihn zu verteidigen!«

Die Nervosität nahm in Venezuela am Wochenende weiter zu, in den »sozialen Medien« kursierten Gerüchte über eine unmittelbar bevorstehende Intervention von US-Truppen. Kolumbiens Präsident Iván Duque hatte die Spekulationen bereits am Freitag (Ortszeit) angeheizt, indem er einen Sturz der »Diktatur« in Venezuela »in den nächsten Stunden« prognostizierte. Seinen Angaben zufolge soll die Grenzstadt Cúcuta eines der Logistikzentren für die von der US-Administration vorbereitete »humanitäre Hilfe« werden. Ein Vorteil für die Aggression wäre, dass auf der venezolanischen Seite der Grenze der Bundesstaat Táchira liegt, der von der Opposition regiert wird.

Wie aus Washington verlautete, sollen weitere Zentren in Brasilien und auf einer namentlich nicht genannten Karibikinsel eingerichtet werden. Washington beruft sich dabei auf eine Hilfeersuchen des Putschisten Juan Guaidó, der von der US-Administration als »Präsident Venezuelas« anerkannt wurde. Da die Einmischung der Vereinigten Staaten durch die rechtmäßige Regierung jedoch abgelehnt wird, würde der Grenzübertritt von US-Truppen eine völkerrechtswidrige Aggression bedeuten, auf die Venezuelas Streitkräfte reagieren müssten. Offenbar spekuliert man in Washington und Bogotá aber darauf, dass es bei einem Einmarsch in Venezuela keinen ernsthaften Widerstand durch die Armee geben werde, sondern sich die Soldaten massenhaft ergeben und zu Guaidó überlaufen würden. Tatsächlich sind die Reaktionen sowohl der Uniformierten als auch der Zivilbevölkerung schwer vorherzusagen.

Das Internationale Komitee vom Roten Kreuz (IKRK) warnte bereits davor, Hilfsgüter ohne Zustimmung der Regierung ins Land bringen zu wollen. Die IKRK-Vertreterin in den USA und Kanada, Alexandra Boivin, sagte der Nachrichtenagentur AP, die Organisation habe die Regierung von Donald Trump bereits informiert, dass das Rote Kreuz »in einem solchen Umfeld nur sehr begrenzt operieren« könnte.

Der Nationale Sicherheitsberater der USA, John Bolton, heizte die Lage weiter an, indem er Maduro drohte, dass er im Gefangenenlager Guantanamo inhaftiert werden könnte, wenn er sich nicht rechtzeitig zurückziehe. Offenkundig mit Blick auf eine Erklärung des venezolanischen Luftwaffengenerals Francisco Estéban Yánez Rodríguez, der sich am Sonnabend hinter Guaidó gestellt hatte, rief Bolton auch das Oberkommando der venezolanischen Streitkräfte auf, sich dem Staatsstreich anzuschließen und »die Verfassung und Demokratie zu verteidigen«.

Bei der Kundgebung der Opposition im Osten von Caracas, zu der mehrere zehntausend Menschen gekommen waren, erklärte Guaidó, dass man keine Angst vor einem Bürgerkrieg habe. Auf der Leinwand hinter ihm wurden das Sternenbanner und die Fahne Israels eingeblendet, ebenso die weiterer Staaten, die den Putschisten als »Präsident Venezuelas« anerkannt haben.