Impfgegner auf dem Vormarsch

Die nun abgelaufene Woche stand bei der Weltgesundheitsorganisation WHO im Zeichen des Impfens. Ein Thema, welches in den letzten Wochen und Monaten nicht zuletzt aufgrund der Masern-Ausbrüche in Luxemburg und anderswo wieder für viel Gesprächsstoff gesorgt hatte. Das Gesundheitsministerium veröffentlichte eine Impfquote hierzulande von knapp unter 87 Prozent, was klar unter der Quote von 95 Prozent liegt, die einen Ausbruch der Krankheit verhindern können.

Sicher gibt es viele Menschen, die aufgrund verschiedenster Umstände nicht in der Lage sind, sich impfen zu lassen. Auch kleine Kinder, die noch nicht geimpft werden können, gehören zu dieser Gruppe. Sie alle werden einer großen Gefahr ausgesetzt, wenn die allgemeine Impfquote unter einen bestimmten Prozentsatz rutscht. Dies ist nicht nur gefährlich für diese Menschen, denn Masern können durchaus tödlich enden, sondern es ist auch grob fahrlässig, wenn Impfungen aufgrund von irgendwelchem Halbwissen und reinen Behauptungen abgelehnt werden.

Impfgegner, wie es sie auch in Luxemburg gibt, warnen vor schwerwiegenden Folgeerkrankungen des kleinen Pieks. Diese reichten, so die Behauptungen, bis hin zu autistischen Störungen. Ihr »Wissen« nehmen diese Personen oft aus unseriösen Internetpräsenzen, deren Inhalte längst von der Wissenschaft widerlegt wurden. Sie hängen auch Ärzten an den Lippen, die in vielen Fällen ihre Zulassungen längst entzogen bekamen, und reihen sich ein in die Reihe der Schwurbler, welche Krankheiten wie HIV negieren.

Diese Ignoranz kann Menschenleben kosten und viele Personen in Gefahr bringen. Sie macht allerdings eine Entwicklung unserer Zeit deutlich, die sich auch im alltäglichen Leben immer weiter verbreitet: Der Egoismus und die Mißachtung gemeinsamer solidarischer gesellschaftlicher Interessen. Aus diesem Grund wird eine Impf-Pflicht in immer mehr Ländern aktuell diskutiert. Die Meinungen über den Zwang gehen auseinander.

Doch sollten wir bedenken, daß die Geschichte der Impfungen, ganz gleich, was in der »YouTube-Fernuniversität« oder in einschlägigen Gruppen auf Facebook verkündet wird, eine erfolgreiche ist. Ein Beispiel dafür ist etwa die Pockenimpfung. An den Pocken starben rund 30 Prozent der Erkrankten, zum letzten Mal ein Mensch Ende der 1970er Jahre. Das Durchimpfen gegen diese Krankheit hat dazu geführt, daß sie heute ausgestorben ist und nur noch im Labor ihr Dasein zu Testzwecken fristet.

Dasselbe könnte mit den Masern geschehen, gäbe es da nicht den Hang vieler Menschen, die dem nahezu ungefilterten Schwachsinn von Verschwörungstheoretikern und Homöopathen in den sozialen Netzwerken Glauben schenken, obwohl diese keinen einzigen Beweis für ihre Behauptungen liefern können. Beweise liefern indes die Masern-Statistiken, daß diese Krankheit mitnichten die harmlose Kinderkrankheit ist, für die Impfgegner sie halten: Allein 2017 starben über 100.000 Kinder weltweit daran. Die Unicef gab Anfang März sogar bekannt, daß es im Folgejahr 2018 einen weiteren dramatischen Anstieg der Infektionen gegeben habe.

Dies ist ein Alptraum für alle Menschen, die aus unterschiedlichsten Gründen keine Impfung erhalten können. Ihr Alltag wird zum Lotteriespiel, dank der Ignoranz von Menschen, die ihre Unzufriedenheit über das eigene Leben in solche Wahnvorstellungen kanalisieren, Impfen sei Gift.

Christoph Kühnemund

Quelle:

Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek