Bruno Rodríguez: Sanktionen der USA gleichen einem Kriegszustand

„Was den aktuellen Stand der Beziehungen angeht, so wird er durch eine Verschärfung der Wirtschafts-, Handels- und Finanzblockade geprägt, sagte der kubanische Außenminister Bruno Rodríguez Parrilla in einem Interview, das er am Dienstag den Vizepräsidenten der Internationalen Nachrichtenagentur Associated Press (AP) Ian Philips in den Büros der Agentur in New York gewährte.

Das zentrale Thema bei dem Gespräch nahmen die Beziehungen zwischen den USA und Kuba ein, deren schlechter Stand der Außenminister als eine „vorübergehende Periode“ bezeichnete, die von der Wahlkampagne 2010 geprägt sei, da ein ideologischer Ansatz und eine politische Motivation vorherrscht, um vor allem in Florida Stimmen zu gewinnen. Dies bezeichnete der Minister aber als eine „falsche politische Kalkulation“, weil die Mehrheit der Kubaner in Florida Fortschritte bei der Normalisierung der Beziehungen und der Aufhebung der Blockade unterstützen würden, vor allem die jungen Leute.

Der Außenminister bedauerte, dass es keine offiziellen Kommunikationskanäle zwischen beiden Ländern gibt, noch nicht einmal bei so wichtigen Angelegenheiten wie die der Migration, insbesondere jetzt, da der Betrieb der Botschaften in beiden Hauptstädten von der Reduzierung des Personals und dem Beschneiden der Konsulardienste der beeinträchtigt sei. Auch wenn noch Bereiche der Zusammenarbeit bei der Strafverfolgung und der nationalen Sicherheit beibehalten worden seien.

Er betonte, dass auch wenn „man Kuba mit noch extremeren Maßnahmen der Blockade gedroht hat, wenn es für uns wesentliche Positionen in der Außenpolitik nicht ändert, werden wir, wie ich bereits vor den Vereinten Nationen gesagt habe, unsere Würde nicht gegen Erdöl eintauschen.“

Die Blockademaßnahmen der letzten sechs Monate gegen Schiffe, die Rohöl nach Kuba bringen, seien auch nicht das, was man international unter Normalität verstehe. „Die Vereinigten Staaten drohen jedem Schiff, jeder Schiffsgesellschaft und den Ländern, in denen diese Schiffe und diese Gesellschaften registriert sind, Sanktionen an und auch den Versicherungen, die Seetransporte nach Kuba anbieten und jenen, die diese Versicherungsunternehmen wieder rückversichern“, klagte der Minister an.

Er führte aus, da die Insel nur die Hälfte des Rohöls und des begleitenden Gases, das sie benötige, selbst produziere, müsse sie aus Venezuela und Märkten in Osteuropa und Nordafrika importieren.

„Kuba ist finanziell in der Lage, den Kraftstoff zu erwerben, den es benötigt. Wenn dem nicht so wäre, würden die USA nicht so große Anstrengungen unternehmen, den Transport von Rohöl zu aunterbinden“, fügte er hinzu.

Er sprach weiter davon, dass die USA nicht die Anzahl von Visa vergeben würden, zu denen sie sich in den Migrationsvereinbarungen von 2018 verpflichtet hätten. Da man außerdem die konsularischen Dienste in Havanna ausgesetzt habe, verteuerten und verzögerten sich diese Verfahren und beeinträchtigten die familiären Kontakte und die Reisen von Kubanern in die USA erheblich.

Der Minister hob hervor, dass trotz allem „im vergangenen Jahr 600.000 US-Bürger Kuba besuchten und auch 400.000 Kubaner, die in den USA leben und in den letzten Jahren eine Million Kubaner zu Kurzbesuchen in den USA waren. Auf diese Weise gibt es eine wichtige Bindung zwischen beiden Völkern und zwischen zahlreichen Einrichtungen. Die kulturellen Verbindungen sind bei der Kommunikation zwischen beiden Völkern von großer Bedeutung.

Neben den bereits erwähnten Bereichen hat es in den letzten zweieinhalb Jahren eine intensive justizielle Zusammenarbeit gegeben, durch die wir zusammen gegen Verbrechen vorgehen konnten, die in den USA oder in Kuba von US-Bürgern oder Kubanern begangen wurden. Auch was den Drogenhandel, das internationale organisierte Verbrechen, den Menschenhandel angeht. Auch hat man Anstrengungen gegen den Terrorismus durchgeführt und beim Umweltschutz, der in Kuba eine hohe Priorität einnimmt“, sagte er weiter.

VORWÄNDE FÜR EINE FEINDSELIGE POLITIK

Zu den Gründen, die die USA für die Verschärfung der Blockade angibt, sagte der Außenminister:

„Es gibt da zwei Elemente: eines ist die Rückkehr zur Vergangenheit in vielen Aspekten der US-Politik gegenüber Lateinamerika und der Karibik und das Wiederauferstehen lassen von Doktrinen wie der Monroe Doktrin oder einer Atmosphäre des Mc Carthyismus, der uns, wie es aussieht, in Jahrzehnte zurückkehren lässt, die die Menschheit und die US-Gesellschaft historisch bereits überwunden hatten. Die Hemisphäre hat sich verändert, Lateinamerika und die Karibik haben sich verändert, sich haben sich mit eigenen Instrumenten ausgestattet und akzeptieren es nicht, wie in der Vergangenheit behandelt zu werden, als Hinterhof der USA und auch nicht von einer Kanonenbootdiplomatie bedroht zu werden, wie man dies damals nannte“.

„Die Beziehung Kubas zu Venezuela ist eine gegenseitig respektvolle Beziehung, die auf dem Völkerrecht, der Solidarität zwischen zwei lateinamerikanischen Ländern und einem Modell der Zusammenarbeit Süd-Süd basiert, die beispielhaft ist und die von den Vereinten Nationen gefördert wird“. „Diese Beziehung ist ein vorgeschobener Vorwand zur Verschärfung der Blockade“, fügte er hinzu. Er sagte weiter, dass es darum gehe „ein politisches Modell anzugreifen, das funktioniert, das erfolgreich ist, ein Wirtschafts- und Sozialmodell, das ebenfalls funktioniert, weil es trotz Blockade und Sanktionspolitik sechs Jahrzehnte ausgehalten hat, eine Politik, die Kuba über die Jahre angesammelt über 900 Milliarden zum Wert von Gold und über 138 Milliarden zum aktuellen Preis gekostet hat, eine riesige Summe für eine kleine Ökonomie und ein kleines Volk“.

„Kuba ist militärisch in Venezuela nicht präsent und wir beteiligen uns weder an militärischen Sicherheitsoperationen noch an geheimen Operationen und sind dort auch nicht als Berater tätig“, sagte er.

Er wies außerdem alle Beschuldigungen zurück, die die medizinische Zusammenarbeit Kubas im Ausland betreffen. „Man hat eine verlogene und verleumderische Kampagne gegen diese Form der Zusammenarbeit gestartet, in deren Genuss zur Zeit 70 Länder kommen. Es gibt wirklich lächerliche Beschuldigungen von moderner Sklaverei, Menschenhandel. Über 400.000 kubanische Fachleute aus dem Gesundheitsbereich sind auf völlig freiwilliger Basis in andere Länder gereist, um medizinische Dienste zu leisten, vor allem für Familien mit niedrigem Einkommen.“

Er zählte die Fälle auf, bei den Kuba den USA humanitäre Hilfe angeboten habe und wie die USA im Gegenzug ein „Parole“ genanntes Programm eingerichtet hätten, das einmalig und ausschließlich für die Insel konzipiert worden sei, um kubanische Ärzte, Sportler etc. abzuwerben.

Zu der Möglichkeit, dass ein sozialistischer Kandidat die Wahlen in den USA gewinnt, sagte Rodríguez: „Die Politik der USA Kuba gegenüber ist für uns keine Frage von Parteien, noch nicht einmal eine politische Frage, sondern eine des zivilisierten Zusammenlebens zwischen zwei sehr ungleichen Nachbarstaaten, denn der eine ist ist eine Supermacht und der andere eine kleine Insel, die sich in der Entwicklung befindet.“

Quelle:

Granma Internacional