Niemand wird jemals Marx beerdigen können

Den nachstehenden Beitrag haben wir aus der deutschsprachigen Online-Ausgabe der kubanischen Tageszeitung Granma übernommen.

Es gibt eine Zeichnung, die ein Foto als Grundlage hat, auf der Marx in Jeans, rotem T-shirt und Lederjacke erscheint. Unter seinem Arm trägt er sein größtes Werk: Das Kapital. Während er geht, schaut uns das Genie aus Trier ungeduldig an. Das Plakat hat einen Text in englisch und in russisch: „Ich komme zurück“. Auf einem anderen Plakat erscheint derselbe Marx diesmal in Ganzkörperansicht zusammen mit einem Studentenpaar; der Professor und seine Studenten sind fast gleich angezogen. Es ist ein jüngst entstandenes Propagandaplakat der russischen Kommunisten. Sie haben das gleiche mit Lenin gemacht. Im Sitzen, mit einem modernen Laptop auf seinen Knien schreibt er einen seiner glühenden revolutionären Artikel. Die Zeichnungen sprechen ganz ohne Zweifel die jungen Leute an. Es sind Türen die dazu einladen, hindurchzugehen.

An einem 14. März vor 137 Jahren hörte der größte gesellschaftliche Denker der Geschichte auf körperlich zu existieren. Seine Spur in der modernen Kultur reicht so tief, dass man gar nicht auf den Grund seines Werkes vordringen muss, um dessen Luft zu atmen. Die Menschheit hat, bewusst oder unbewusst, viele seiner Erkenntnisse aufgenommen genauso wie sie „weiß“ ohne Kopernikus oder Darwin gelesen oder studiert zu haben, dass die Erde rund ist und erkannt hat, dass die Evolution eine Schlüsselrolle in der Natur einnimmt. Zum Verständnis seines Werks vorzudringen ist jedoch mühselig.Es erfordert Hingabe und Studium. Marx nahm sich vor, den Kapitalismus zu verstehen und entdeckte dessen elementaren Gesetze, die trotz aller Veränderungen gültig sind und auch den Weg ihn zu überwinden. Von der Theorie aus war er ein ein Mann der Tat. Aber er liefert sie uns nicht in vereinfachenden Kapseln und auch nicht in Handbüchern.

Sein Werk erfordert aktive, kreative Leser. Es fordert autochthone Revolutionen, die in der Lage sind, die Wege neu anzupassen, immer wieder, wie Martí verlangte, um den Belagerungen und den Fallen des Kapitals auszuweichen, seinen militärische, finanziellen und Mediententakeln auszuweichen und Räume der Freiheit zu erobern, anti – koloniale zunächst und anti-neokoloniale später. Fidel erklärte dies folgendermaßen: „Die Theorie von Marx war nie ein Schema. Sie war ein Konzept, sie war eine Methode, sie war eine Interpretation, sie war eine Wissenschaft. Und die Wissenschaft wird bei jedem konkreten Fall angewandt. Und es gibt keine zwei konkreten Fälle, die genau gleich sind“. Die kubanische Revolution konnte auf das Genie Fidels zurückgreifen und auf eine große Tradition, die ihre Wurzeln im auf Unabhängigkeit ausgerichteten antiimperialistischen Denken von José Martí und Antonio Maceo hat und die sich im XX. Jahrhundert durch eine lange Liste von Kämpfern ausgedehnt hat: Carlos Baliño, Julio Antonio Mella, Rubén Martínez Villena, Antonio Guiteras, Jesús Menéndez, Frank País, Ernesto Che Guevara…

Wer das Werk von Marx genauestens kennt und nicht für soziale Gerechtigkeit kämpft, ist kein Marxist; er ist es auch nicht, wenn er dessen Postulate übernimmt, aber nichts empfindet, wenn man anderen Menschen irgendwo auf dem Planeten Unrecht antut.

Die Ethik und die Wissenschaft sind die Grundvoraussetzungen. Deswegen bekräftigte Fidel 2001: „Wir verzichten niemals auf die Prinzipien, die wir im Kampf gewonnen haben, um unserem Vaterland die volle Gerechtigkeit zu bringen und der Ausbeutung des Menschen durch den Menschen ein Ende zu setzen. Dabei wurden wir von der Geschichte der Menschheit inspiriert und von den herausragendsten Theoretikern und Förderern eines sozialistischen Systems der Produktion und der Verteilung der Reichtümer, das einzige, das in der Lage ist, eine wirklich gerechte und humane Gesellschaft zu schaffen: Marx, Engels und später Lenin.“ An einem 14. März vor 137 Jahren hat uns Marx physisch verlassen. Aber niemand wird ihn jemals beerdigen können.

Quelle:

Granma Internacional