Sea-Watch 4 rettet über 200 Menschen

Das am 15. August in seine erste Mission ausgelaufene Rettungsschiff Sea-Watch 4 hat innerhalb von 48 Stunden über 200 Menschen aus Seenot gerettet. Aufgrund der willkürlichen Festsetzung ziviler Rettungskräfte durch europäische Staaten startete die Sea-Watch 4 als einzig aktives Rettungsschiff ins Mittelmeer. Diese europäische Blockade- und Abschottungspolitik ist tödlich: Vergangene Woche waren vor der libyschen Küste dutzende Menschen auf der Flucht ertrunken. 

Das Seenotrettungsschiff Sea-Watch 4 hatte am 15. August den Hafen von Burriana (Spanien) verlassen. Die Sea-Watch 4 ist derzeit im zentralen Mittelmeer im Einsatz und ein gemeinsames Projekt von United4Rescue, Sea-Watch und Ärzte ohne Grenzen. 

Am 22. August konnte die Crew der Sea-Watch 4 sieben Menschen aufnehmen, die zuvor ungefähr 45 Meilen vor der libyschen Küste in Seenot geraten waren. Das Boot war zuerst von dem Schiff Louise Michel gesichtet wurden, dessen Crew die Situation stabilisierte und die Hilfe der Sea-Watch 4 als größeres und besser ausgerüstetes Schiff anforderte. 

In den frühen Morgenstunden des 23. August sichtete die Crew der Sea-Watch 4 einen weiteren Seenotfall in internationalen Gewässern, ungefähr 30 Meilen vor Libyen. Die 97 Insassen des überfüllten und seeuntauglichen Schlauchboots konnten geborgen und an Bord der Sea-Watch 4 gebracht werden, wo sie von Ärzte ohne Grenzen medizinisch versorgt werden. Unter den Geretteten befinden sich Frauen, Kinder und unbegleitete Minderjährige. 

Während sich die Wetterbedingungen verschlechterten, wurden die zuständigen Behörden sowie die Sea-Watch 4 von der Organisation AlarmPhone über einen Seenotfall mit rund 100 Menschen etwa 50 Seemeilen vor der libyschen Küste informiert. Das Boot wurde am frühen Morgen des 24. August vom Öltanker VOS Triton entdeckt. Kurz darauf erreichte das Schiff Louise Michel das Schlauchboot, versorgte die Menschen mit Rettungswesten und beobachtete den Zustand des Bootes bis zur Ankunft der Sea-Watch 4, die sowohl für die Bergung, als auch für die medizinische Versorgung der Menschen besser ausgerüstet ist. Trotz zwei Meter hohen Wellen wurden alle Personen sicher an Bord der Sea-Watch 4 gebracht. Viele von ihnen waren zum Zeitpunkt ihrer Rettung schwach und orientierungslos und zeigten Symptome starker Belastung durch Benzindämpfe. Auf Anweisung der Ärzt*innen von Ärzte ohne Grenzen wurden Notfallduschen bereitgestellt und Personen mit Kraftstoffverbrennungen, Dehydrierungserscheinungen, Unterkühlungen und Vergiftungserscheinungen durch Benzindämpfe versorgt.

„Binnen weniger Stunden nach unserer Ankunft in der Such- und Rettungszone wurden wir bereits über den ersten Seenotfall informiert. Dass wir in weniger als 48 Stunden zwei weitere Boote aus Seenot retten konnten, zeigt erneut die Notwendigkeit ziviler Seenotrettung vor Ort. Doch unser Einsatz ist und bleibt ein Symbol für das Scheitern der Europäische Union, die ihrer Pflicht nicht nachkommt und Menschen vor ihren Toren ertrinken lässt. Wir sind froh, über 200 Menschen an Bord der Sea-Watch 4 in Sicherheit zu wissen, doch für die letzte Woche im Mittelmeer ertrunkenen Menschen kam jede Hilfe zu spät. Wenn europäische Staaten zivile Seenotrettungsschiffe nicht willkürlich festsetzen würden, wären diese Menschen womöglich noch am Leben. Die Europäische Union und ihre unmenschliche Abschottungspolitik trägt die alleinige Schuld an diesen Toten”, so Philipp Hahn, Einsatzleiter auf der Sea-Watch 4.

„Die meisten der heute Morgen geretteten Personen waren schwach und desorientiert, rochen stark nach Benzin und zeigten Symptome einer Kraftstoffinhalation. Über 90 Personen benötigten Notduschen, da sie dem Benzin ausgesetzt waren, das den Motor antreibt, schädliche Dämpfe erzeugt und in Verbindung mit Salzwasser stark ätzend ist. Das Ärzt*innenteam von Ärzte ohne Grenzen überwacht weiterhin die Entwicklung von Verbrennungen, während zugleich über 30 Patienten betreut werden, die Symptome akuter Unterkühlung zeigten. Je länger Menschen ohne Zugang zu Nahrung, Wasser oder Schutz auf See bleiben, desto höher ist das Risiko erheblicher gesundheitlicher Komplikationen. Und das, ohne das Risiko eines Todes durch Ertrinken in Betracht zu ziehen. Wenn man als Medizinerin sieht, wie nach Sicherheit suchende Menschen auf See ihr Leben riskieren, ist das eine verheerende Realität”, sagt Barbara Deck, medizinische Projektkoordinatorin von Ärzte ohne Grenzen an Bord der Sea-Watch 4.

„Innerhalb von 48 Stunden hat die Crew der Sea-Watch 4 insgesamt über 200 Menschen gerettet. Diese schnelle Rettung zeigt, wie dringlich das Thema der Seenotrettung im zentralen Mittelmeer ist. Wir sind wirklich dankbar, dass unser Bündnisschiff nach all den Monaten des Wartens endlich Leben retten konnte”, so Thies Gundlach, Vorstand des Bündnisses United4Rescue.

Während in den vergangenen Monaten Tausende versuchten, in seeuntauglichen Booten Libyen zu entfliehen, verweigerten Malta und Italien Menschen in Seenot die Rettung und schlossen ihre Häfen für NGO-Schiffe. Fast alle aktiven Seenotrettungsschiffe, so auch die Sea-Watch 3, werden aus politischem Kalkül wegen behaupteter Sicherheitsmängel in Italien festgesetzt oder mit nicht erfüllbaren Auflagen am Einsatz gehindert. Europas Abschottungs- und Blockadepolitik ist weiterhin tödlich: Vergangene Woche ertranken laut IOM (Internationale Organisation für Migration) mindestens 45 Menschen im zentralen Mittelmeer, darunter 5 Kinder. Die Organisation AlarmPhone berichtet von weiteren Todesfällen

Quelle:

Sea Watch