Erfolg für Güstrower Antifaschisten

Die Stadtvertretung in Güstrow hat auf Antrag von SPD, Linken und Freien Wählern eine bereits 2016 beauftragte Studie über „Die kampflose Übergabe der Stadt Güstrow im Jahr 1945“ mehrheitlich abgewiesen. Die 60.000 Euro teure Studie der historischen Fakultät der Universität Rostock wurde als unwissenschaftlich mehrheitlich abgelehnt, erscheint nicht in einer Ausstellung des Stadt-Museums und wird auch nicht gedruckt werden.

Der mit der Studie beauftragte ehemalige Mitarbeiter des Historischen Instituts der Universität Rostock Dr. Ingo Sens hatte die kampflose Übergabe der Stadt Güstrow unter Beteiligung von Güstrower Antifaschisten in Artikeln zu seiner Studie als kommunistischen Mythos bezeichnet. Tatsächlich sei die Einnahme Güstrows durch die Rote Armee von Gewalt und 400 Selbstmorden geprägt gewesen. Güstrower Antifaschisten hatten daraufhin im Archiv andere Belege gefunden und diese in der Schweriner Volkszeitung und auf der Homepage der VVN-BdA MV bekannt gemacht. Demnach wirkte ein lose Widerstandsgruppe in Güstrow aktiv an der kampflosen Übergabe mit. Dem ehemaligen Arbeitsamtsdirektor Wilhelm Beltz gelang es, den Standortkommandeur von Güstrow zu überzeugen, abrückende Truppen an der Stadt vorbeizuführen. Zusammen mit der ukrainischen Dolmetscherin Slata Kowalewskaja nahm er Kontakt zu den sowjetischen Truppen auf, um eine Wiederholung der durch Widerstandshandlungen provozierten Gewalt in Demmin mit abgebrannten Stadteilen und Massenselbstmorden in Güstrow zu verhindern. Tatsächlich konnte er die in Güstrow einrückenden Truppen über die geplanten Übergabeabsichten noch informieren. Derweil hatte Pastor Grunert den Stadtkommandanten überzeugen können, den sowjetischen Truppen Parlamentarier entgegenzuschicken und so massive Zerstörungen und Kriegsopfer wie in anderen Orten zu verhindern. Slata Kowalewskaja wurde 1997 zur Ehrenbürgerin der Stadt Güstrow ernannt.

Die kampflose Übergabe der Stadt Güstrow ist wesentlich Güstrower Antifaschisten zu verdanken. Dr. Sens hatte versucht, diese Tatsachen in der Geschichtsschreibung zu entwerten und 75 Jahre nach der Befreiung vom Faschismus mit einer Schwerpunktverschiebung in der Geschichtsbetrachtung hin zu den vielfachen Selbstmorden nicht mehr an die Leistungen einer kleinen Gruppe von Nazi-Gegnern zu erinnern.

Quelle:

VVN-BdA Landesvereinigung Mecklenburg-Vorpommern