Applaus für Coronahelden ist nicht genug

Im Coronajahr 2020 sei die Arbeitsqualität in Luxemburg gesunken, kritisierte die Präsidentin der Salariatskammer (CSL) am Donnerstag in ihrer pandemiebedingt über das Internet ausgestrahlten Neujahrsansprache. Vor allem sei die Arbeitsqualität jener Schaffenden gesunken, die nicht ins Home-Office gehen konnten, die in der Krise »in der ersten Reihe standen«, Schaffende »mit schweren Arbeitskonditionen wie im Gesundheitsbereich«, Schaffende »mit niedrigen Löhnen wie im Handel, im Horesca-, Reinigungs- und Wachschutzsektor«. Es reiche eben nicht, den Coronahelden, von denen die Mehrzahl Frauen seien, nur Beifall zu klatschen. »Hier muß endlich auch politisch, nicht nur gewerkschaftlich, Druck gemacht werden, damit sich die Arbeitsbedingungen und die Entlohnung verbessert«, sagte Nora Back.

Kommende Woche werde die CSL ihre repräsentative Umfrage über die Arbeitsqualität in Luxemburg veröffentlichen. Unter anderem beim Kollektivvertragsgesetz solle die Regierung den Hebel ansetzen, und es einfacher machen, einen sektoriellen Kollektivvertrag abzuschließen.

Für den Gesundheitssektor wird ein konkreter Plan, wie dieser mittel- bis langfristig besser aufgestellt werden kann, gefordert. Jedenfalls könne es nicht sein, daß bei steigender Bevölkerungszahl Krankenhausbetten abgebaut würden. Auch kritisiere die CSL seit Jahren, daß das Pflegepersonal schon in normalen Zeiten hinten und vorne nicht reicht. Hierbei gelte es, Lehren aus der Coronakrise zu ziehen und Qualitätsansprüche vor wirtschaftliche Überlegungen zu stellen. Nachdem ein öffentliches Kolloquium der CSL zu Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz wegen der Pandemie 2020 nicht stattfinden konnte, soll es in diesem Jahr nachgeholt werden. Auch eine Sensibilisierungskampagne zum Thema wurde angekündigt. Die alljährlich von der CSL durchgeführte Befragung von Schaffenden habe eine ganze Reihe negativer Entwicklungen, vor allem im psychosozialen Bereich ans Licht gebracht.

Schon in ihrem Avis zu den COVID-Gesetzen habe die CSL kritisiert, daß es zwar massive Einschränkungen im Privatleben der Menschen inklusive Sanktionen bei Nichtbefolgung gab und gibt, daß die Regierung jedoch in puncto Arbeitsrecht eher mit Empfehlungen gearbeitet und die Patrons zu nichts verpflichtet habe. Auch ihrer Forderung, die Delegationen und insbesondere die Sicherheitsdelegierten stärker in die Pandemiebekämpfung einzubeziehen, sei die Regierung nicht nachgekommen.

Auch wenn sich die Regierung einige ihrer Bedenken zu Herzen genommen habe, sei bis heute leider wenig gegen die wachsenden sozialen Ungleichheiten im Land und den ungleichen Kaufkraftverlust in der Coronakrise getan worden. »Die Ungleichheiten waren vor der Krise ein großes Problem und es besteht die Gefahr, daß sie durch die Krise verschärft werden«, warnte die CSL-Präsidentin. Wenn es nicht so weit kommen solle, müsse das Kindergeld um sieben Prozent erhöht und reindexiert werden, die Teuerungszulage dürfe nicht gegenüber dem Vorjahr gesenkt, sondern müsse »substantiell erhöht werden, um den Kaufkraftverlust der vergangenen Jahre auszugleichen« und Steuerkredite, vor allem die für Alleinerziehende, sowie die niedrigen Renten sollten erhöht werden.

In Sachen Reduktion des Armutsrisikos habe die Regierung mit ihrer von der EU vorgegebenen Strategie »Europa 2020« kläglich versagt, weil das Armutsrisiko in Luxemburg in den vergangenen Jahren nicht gesunken, sondern »massiv gestiegen« sei. »Das darf nicht so weitergehen.« Und es dürfe sich nicht wiederholen, betonte Back, »daß der Durchschnittshaushalt wie bei der letzten Krise am meisten belastet wird«. »Viele Reiche sind in den letzten Jahren immer reicher geworden. Sie müssen dementsprechend zu den Staatfinanzen beitragen«. Es gebe »immens viele Ansatzpunkte, um das Steuersystem sozial gerechter zu machen«. Zur Wohnungsnot erklärte Back, Corona scheine die Preishausse nicht gebremst zu haben. Gegen die Bauspekulation und das Zurückhalten von Baugrundstücken seien weiterhin »einschneidende Maßnahmen« nötig.

oe

Quelle: Zeitung vum Lëtzebuerger Vollek – Applaus für Coronahelden ist nicht genug