Viertägiger Generalstreik

Als Reaktion auf eine Steuerreform kam es in Kolumbien zu massiven Protesten und einem viertägigen Generalstreik. Die Reform wäre mit Mehrwert- und Einkommensteuererhöhungen einhergegangen. Der Vorschlag hätte ursprünglich mehr als $6 Mrd. an Einnahmen bringen sollen, indem mittlere und niedrige Einkommen stärker besteuert werden sollten. Gleichzeitig sollten Großunternehmen und Banken weiterhin Steuerbefreiungen und staatliche Subventionen genießen. Also eine Reform auf Kosten der Arbeiterklasse, die in Kolumbien ohnehin vielfach unter Armut leidet.

Streik und Proteste trotz Repression und Gewalt

Es kam zu Mobilisierungen in etwa 600 Städten und Gemeinden. Hier fanden Berichten zufolge Kundgebungen, Hafen- und Straßenblockaden und riesige Demonstrationen statt. Im Rahmen dieser Proteste kam es zu Gewaltausbrüchen und Toten. Der ultrarechten Ex-Präsidenten Álvaro Uribe rief auf twitter „Soldaten und Polizisten“ dazu auf, ihre Waffen gegen den „vandalischen Terrorismus“ einzusetzen, woraufhin laut „Amerika 21“ die Gewalt gegen die Protestierenden vor allem in der drittgrößten Stadt Kolumbiens und einem wichtigen Zentrum für Industrie und Landwirtschaft, Cali, eskalierte. Es seien seit dem 28. April mindestens 15 Menschen durch die Polizei getötet worden, davon elf in Cali berichtet Amerika21. Laut dem Weltgewerkschaftsbund (WGB) hat die Regierung mit ihrer rücksichtslosen Repression über 27 Tote, mehr als 800 Verletzte und 431 Festnahmen verursacht.

Die Polizeigewalt an den ersten drei Streiktagen verhinderte jedoch nicht, dass es zu Massenmobilisierungen rund um den 1. Mai, den Tag der Arbeit, kam. Das beantwortete der Präsident Iván Duque damit, dass er eine Militarisierung der Städte ankündigte, um die öffentliche Ordnung wiederherzustellen. Doch diese Drohgebärden ebenso wie die geltenden Ausgangssperren konnten den Streik und die öffentlichen Proteste nicht ersticken.

„Amerika 21“ berichtet neben den Morden von exzessiver Polizeigewalt: „Außer Menschen zu töten, hat die Polizei während des Generalstreiks auch Frauen vergewaltigt, Jugendlichen die Augen ausgeschossen und Hunderte willkürlich festgenommen. In den sozialen Netzwerken kursieren mehrere Videos, in denen Angehörige der Polizei mit Feuerwaffen  auf Demonstrierende und Passant:innen schießen. Über 850 solcher Fälle hat die Organisation ‚Erdbeben‘ allein zwischen dem 28. und dem 30. April registriert.“

Sieg des Volkswillens

Der viertägige Generalstreik hat neben den Gewaltexzessen der Exekutive dazu geführt, dass der Präsident die Reform zurückgezogen hat. Er spricht jedoch davon, dass eine Reform des Steuersystems auch weiterhin notwendig sei, sein neuer Vorschlag aber im Einvernehmen mit der Opposition und der Gesellschaft gestaltet würde. Wie dieser Vorschlag dann konkret aussieht, ist unklar, aber in jedem Fall hat der Generalstreik gezeigt, dass eine geeinigte Arbeiterklasse Angriffe verhindern oder zumindest abschwächen kann.

Auch der WGB urteilt ähnlich, in einem Solidaritätsaufruf schreibt er: „Die Arbeiterklasse des Landes hat unter dem Druck der Arbeiterproteste die Regierung gezwungen, das Gesetz zurückzuziehen, das bereits im Parlament debattiert wurde. Dieses Manöver der Regierung überzeugt keinen Arbeiter; dennoch ist es ein Sieg, der zeigt, dass Klassenkämpfe Ergebnisse bringen.“

Quelle: Reuters/Amerika21/WGB

Quelle: Zeitung der Arbeit – Kolumbien: Viertägiger Generalstreik