Urteil im Berufungsprozess gegen „Ella“ erwartet

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Nach zehn Verhandlungstagen wird das Landgericht Gießen am Freitag voraussichtlich das Urteil im Fall der Umweltaktivistin Ella sprechen. Die von der Justiz als unbekannte weibliche Person 1 geführte Klimaaktivistin wurde in erster Instanz vom Amtsgericht Alsfeld wegen gefährlicher Körperverletzung und tätlichen Angriffs auf Polizeikräfte zu 27 Monaten Haft verurteilt. Obwohl sich die Vorwürfe gegen Ella im Lauf der Berufungsverhandlung in wesentlichen Punkten als unhaltbar erwiesen, forderte die Staatsanwaltschaft in der vergangenen Woche in ihrem Plädoyer eine höhere Gesamtstrafe von 28 Monaten. Die Taten seien „ein Angriff auf den Rechtsstaat“, begann die Staatsanwaltschaft ihr Plädoyer.

Ella soll sich im November 2020 in 15 Meter Höhe auf einem Baum im Dannenröder Wald gegen ihre Festnahme gewehrt haben. Im Herbst 2020 ging die Polizei mit einem Großaufgebot wochenlang gegen Aktivist*innen vor, die in den Baumwipfeln Baumhäuser errichteten, um die Rodung des Waldstücks für eine Autobahn zu verhindern. Am 26. November 2020 bewegte Ella sich auf einem Baum, als eine SEK-Einheit sie in die Tiefe ziehen wollte. Staatsanwaltschaft und Amtsgericht bewerteten eine Bewegung Ellas als Tritt in Richtung der Polizeibeamten. Obwohl die lückenlosen Videoaufnahmen keine Berührung eines Polizisten zeigen, glaubte das Amtsgericht einem Beamten, der von Ellas Knie getroffen worden sein will.

Doch in der Berufungsverhandlung wollten weder dieser noch ein anderer SEK-Beamter diese Aussagen aufrechterhalten. Sie hätten sich wohl geirrt, versuchten sie ihre Lügen in ihrer erneuten Vernehmung zu rechtfertigen. Vielmehr erwies sich in der Berufungsverhandlung, dass die auf dem Baum flüchtende Ella von den SEK-Beamten mehrere Faustschläge und Hiebe mit einem Metallschloss erhielt. Die unten stehenden Polizeibeamten kommentierten die Schläge mit „das hat sie verdient“, dokumentieren die Videoaufnahmen. Trotz der langen Untersuchungshaft und der in sich zusammenfallenden vermeintlichen Beweise weigerte sich das Gericht, eine vorzeitige Haftentlassung von Ella anzuordnen.

Für Anja Sommerfeld aus dem Bundesvorstand der Roten Hilfe e.V. ist die harte Verfolgung von Ella nur mit politischen Gründen zu erklären. „Die Staatsanwaltschaft versucht allen Ernstes, den Protest gegen die Rodung von Bäumen mitten in der Klimakrise als Angriff auf den Rechtsstaat umzudeuten. Von Beginn an versuchten die Sicherheitsbehörden, vom lebensgefährlichen Polizeieinsatz im Dannenröder Wald abzulenken. Wie der Prozess gegen Ella zeigte, gingen die Polizeikräfte mit massiver Gewalt vor, um die unangenehmen Bilder schnell wieder verschwinden zu lassen. Besonders die in der Landesregierung vertretenen Grünen wollten die Rodung von Bäumen für eine Autobahn schnell vergessen machen, Es galt auch danach, Ella und andere Klimaaktivist*innen umso härter zu verfolgen. Ella sitzt seit fast 1 ½ Jahren in Haft. Auf dem Rücken von Ella soll die gesamte Klimabewegung eingeschüchtert und von weiteren Protesten abgehalten werden.“

Sommerfeld ruft zu Solidarität mit Ella und allen anderen Gefangenen der Klimabewegung und anderer sozialer Kämpfe auf. „Statt mit aller Konsequenz gegen die Erderwärmung vorzugehen, kämpft der Staat mit voller Härte gegen die, die sich den Ursachen der Klimakrise in den Weg stellen. Wir fordern die sofortige Freilassung von Ella. Als Rote Hilfe sind wir solidarisch mit allen, die wegen ihrer politischen Betätigung vom Staat verfolgt werden.“

Quelle: News