Solidarität ist …

… gemeinsam gegen die Kriegsregierung aufzustehen

Die ersten Tage des neuen Jahres machen deutlich: Es ist ordentlich Dampf auf dem Kessel. Was sich schon in den Warnstreiks im vergangenen Jahr andeutete, verdeutlichen die aktuellen Proteste: Viele Menschen haben die Schnauze gestrichen voll.

„Ein Riesenproblem hätten wir, wenn das Verhalten der Bauern Schule macht“, befürchtet folgerichtig Hagen Lesch vom Institut der deutschen Wirtschaft. Er und seinesgleichen tun deshalb alles, damit der Dampf auf ungefährlichen Wegen abgelassen wird. Der Bauernverband distanzierte sich von der spontanen Aktion der Demonstranten in Schleswig-Holstein, die die Urlaubsfähre von Wirtschaftsminister Robert Habeck blockierten. Der Verband rief dazu auf, „friedlich zu demonstrieren und nur an angemeldeten und genehmigten Protestaktionen teilzunehmen“. Verfassungsschutz und Politik warnen, dass die Bauernproteste gekapert werden könnten. Habeck selbst forderte, dass die Menschen für den „besten Staat, den Deutschland je hatte“, einstehen müssten. In demokratischen Bahnen, bei Aufrechterhaltung der Ordnung: Dampf abzulassen ist okay, Regierungspolitik zu hinterfragen ist Extremismus.

Noch funktioniert die Spaltung in friedlich-demokratisch und gewalttätig-extreme Proteste. Vor allem, weil sie in Verbänden und Gewerkschaften tief verankert ist und gesamtgesellschaftliche Zusammenhänge ausgeblendet werden. Dazu gehört die Ablehnung des Mindestlohns durch den Bauernverband. Dazu gehört auch, dass die am Montag trotz der Proteste vom Kabinett beschlossenen Kürzungen nicht alle rund 270.000 landwirtschaftlichen Betriebe gleichermaßen treffen. Vielmehr wird die Tendenz der letzten 25 Jahre beschleunigt: Die Kleinen und Mittleren werden ruiniert, die größeren und großen Betriebe profitieren.

Solidarität mit den Bauern ist also angesagt. Genauso wie mit allen anderen, die für ihre Rechte und Interessen kämpfen. Die Frage ist, ob es der Ampel gelingt, uns zu spalten, so dass wir uns um die kläglichen Reste streiten, die übrig bleiben, nachdem Militär und Konzerne ihren Löwenanteil bekommen haben. Diejenigen, die nicht die Straßen mit Traktoren blockieren oder – wie aktuell die Lokführer – nicht streiken können, werden am brutalsten geschröpft: Arme, Alte, Kinder und Geflüchtete.

Regierung und Medien reagieren deshalb so massiv, weil ihre Spaltungsnarrative zu versagen drohen. Zu deutlich geworden ist den Menschen, was die „Zeitenwende“ für diejenigen bedeutet, die von ihrer Arbeit leben: die Inflation frisst ihre Einkommen auf. Im neuen Haushalt muss alles für den Krieg gegen Russland zurückstehen. Mit einem Stopp der Hochrüstung und der Waffenlieferungen an die Ukraine wäre genug Geld da, um alle Einzelinteressen bedienen zu können.

Damit das nicht passiert, werden die Proteste – wie schon die Demonstrationen der Friedensbewegung – in die rechte Ecke gestellt. Gleichzeitig versuchen CDU/CSU und AfD sich an die Spitze der Proteste zu setzen. Im Rechnungsprüfungsausschuss des Bundestags hatten sie allerdings noch keine Probleme mit der Streichung der Ermäßigungen für die Bauern: Diese wurde am 15. Dezember einstimmig beschlossen. Die AfD spricht sich in ihrem Grundsatzprogramm explizit gegen finanzielle Entlastungen für die Landwirtschaft aus.

Noch gelingt es, Bauern, Handwerker, Kleingewerbetreibende, Arbeiter und Angestellte, Kinder, Frauen und Menschen mit und ohne deutschen Pass gegeneinander auszuspielen. Welche Kraft könnten sie gemeinsam entwickeln? Was würde passieren, wenn das Beispiel der Bauern, die die VW-Produktion in Emden lahm gelegt haben, Schule macht? Was, wenn sich Solidarität durchsetzt? Die Arbeiter und Angestellten könnten gemeinsam mit den anderen von ihrer Arbeit Lebenden eine Regierung des Friedens schaffen. Das wäre eine Perspektive für dieses Land.

Quelle: Unsere Zeit