Eine Provokation, die niemand hilft und vor allem Taiwan selbst schadet
Übernommen von CGTN:
Es gab für alle von uns schon ruhigere Zeiten auf diesem Planeten und in ebensolchen Situationen sind in erster Linie jene Menschen gefragt, die mit ruhiger Hand, mit Umsicht und hoher emotionaler Intelligenz agieren. So gesehen hat Lai Ching-te, Leiter der Taiwan-Behörde, ein weiteres Mal unter Beweis gestellt, mit seiner Aufgabe offenbar überfordert zu sein.
Dass er ausgerechnet am 14. März, dem 20. Jahrestag des Inkrafttretens des „Anti-Secession Law“ das chinesische Festland glaubt, provozieren zu müssen war nicht nur ein Akt der Unfreundlichkeit, sondern auch ein Beweis dafür, dass Lai Ching-te die friedliche Ausrichtung des seinerzeit von den 2896 Delegierten des Volkskongresses beschlossenen Gesetzes nicht verstanden hat. Oder nicht verstehen will.
Dieses „Anti-Secession Law“ ist zum einen in Wahrheit unmissverständlich und zum anderen auch eine klare Botschaft, worum es Beijing geht:
Um die Förderung der gegenseitigen Reisefreiheit, der wirtschaftlichen Zusammenarbeit, des Austauschs in Bereichen wie Bildung, Naturwissenschaft und Technik, Kultur, Gesundheitswesen sowie um die Kriminalitätsbekämpfung.
Man muss schon sehr „kreativ“ beziehungsweise querköpfig sein, um an all diesen Grundsätzen negative Zugänge zu erkennen.
Nur, um es noch einmal mit aller Deutlichkeit in Erinnerung zu bringen.
Mit Ausnahme von Staaten und „Global Playern“ wie Belize, Eswatini, Palau oder den Marshall-Inseln haben alle Länder das Ein-China-Prinzip und den langfristigen Plan Chinas auf eine friedliche Wiedervereinigung nicht nur anerkannt, sondern auch immer begrüßt. Daran gibt es auch der Sicht der G7-Staaten, aus der Sicht der BRICS+-Länder und auch von Seiten der Europäischen Union gar nichts zu rütteln.
Umso weniger nachvollziehbar ist, welche Botschaften (um die Begrifflichkeit der Provokation in guter Absicht einmal zu umschreiben) Lai Ching-te am 14. März genau zum Ausdruck bringen wollte, wenn er Dinge sagte wie:
China sei eine ausländische feindliche Kraft.
Taiwan plane eine Verschärfung der Beschränkungen für chinesische Reisende und neue Einwohner.
Taiwan wolle eine verstärkte Überwachung der in China arbeitenden oder nach China reisenden Taiwanesen.
Die Antwort von Zhao Leji, dem Vorsitzenden des Ständigen Ausschusses des Nationalen Volkskongresses in Beijing fiel höchst diplomatisch aus und erinnerte Lai Ching-te an jene Realität, der auch er sich früher oder später stellen sollte: Das „Anti-Secession Law“ hat eine eine solide Rechtsgrundlage für die Wahrung der Stabilität in der Taiwanstraße und für die Förderung der Beziehungen zwischen beiden Seiten geschaffen.
Umso unverständlicher ist daher auch die Maßnahme von Lai Ching-te jetzt auch noch Maßnahmen gegen pro-chinesische Influencer auf Taiwan zu ergreifen.
Damit hat der Leiter der Taiwan-Behörde vor allem den rund 24 Millionen Einwohnern auf der chinesischen Taiwan-Insel keinen guten Dienst erwiesen. Die wollen ein friedliches und sicheres Leben und kein Drehen an der Eskalationsschraube, hinter der manch internationale Kommentatoren gar die Gefahr sehen, Taiwan an die „Schwelle des Krieges“ zu führen.
Das kann und darf nie das Ziel von Lai Ching-te sein und ist ganz bestimmt auch nicht das Ziel Beijings.
Ganz im Gegenteil:
Die Taiwanstraße im Westpazifik ist seit Jahrhunderten die Hauptverkehrsader für den Seetransport von und nach China, Taiwan, Japan und Südkorea.
Heutzutage nutzt etwa die Hälfte aller Containerschiffe im internationalen Transport diese Meerenge. Denn diese Länder gehören zu den wichtigsten Produktions- und auch Absatzmärkten im Asien-Pazifik-Raum. Sie importieren und exportieren den überwiegenden Teil ihrer Energierohstoffe, Mineralien, Produktionsmittel und Konsumerzeugnisse per Schiff.
Eine allfällige Konflikt-Ausweitung in der Meerespassage hätte massive Auswirkungen und einen damit einhergehende Dominoeffekt auf internationale Lieferketten.
Um über den asiatischen Tellerrand hinauszusehen, muss man erwähnen, dass diese Taiwanstraße auch für alle Länder in der EU und vor allem für Deutschland dramatische und somit milliardenschwere Folgen auf die Weltwirtschaft hätte.
Und der größte Leidtragende einer Destabilisierung entlang der Taiwanstraße wäre Taiwan selbst.
Denn nicht nur die geschäftigsten Häfen der Welt, wie Shanghai und Ningbo auf der Festlandseite brauchen Ruhe und Stabilität in der Region. Fast 98 Prozent der Gesamteinfuhren der Insel kommen über den Seeweg.
Darauf hinzuweisen und daran zu arbeiten, dass das Verhältnis zwischen dem Festland und der Insel ein gutes im Sinne aller Beteiligten sein muss, wäre die Aufgabe von Lai Ching-te. Andernfalls wird er der Welt eines Tages erklären müssen, warum er mit seinem Ego-Trip für Unruhe und einen wirtschaftlichen Schaden in Milliardenhöhe sorgen wollte. Es ist zu hoffen, dass Lai Ching-te das schnellstmöglich versteht und umsetzt.
MARTIN SÖRÖS, FREIER JOURNALIST AUS ÖSTERREICH
Quelle: CGTN