11. Juli 2025

11. Juli 2025
KPÖ

Der Weg zum Parteitag – Gespräch mit Günther Hopfgartner

Übernommen von KPÖ:

Im Herbst findet der Parteitag der KPÖ statt. Dort soll die Partei auf neue Beine gestellt werden. Die politischen Vorbereitungen dazu sind schon im Gange. Im Gespräch legt Günther Hopfgartner dar, wie die Prozesse zusammenlaufen, was uns bis zum Parteitag erwartet und vor welchen Herausforderungen die KPÖ steht.

Günther, du bist am letzten Parteitag mit einem Team angetreten, um die KPÖ zu erneuern. Was habt ihr euch damals als Ziel gesetzt? 

Wir haben beschlossen, die KPÖ als kommunistische Partei wieder aufzubauen. 

Das heißt, neue Mitglieder gewinnen und neue Grundorganisationen aufbauen, andere wieder aufbauen oder erweitern etc.. Es heißt auch, den Aufbau der Partei in einer bestimmten Perspektive zu betreiben: Wir wollen eine „verbindende Klassenpartei” mit einer „ökosozialistischen Perspektive”. Zudem wollen wir die Partei „im gemeinsamen Tun“ aufbauen. Früher hätte man das wohl „Einheit in der Praxis“ genannt. Für uns bedeutete es vor allem auch, weniger übereinander zu reden und stattdessen die Einheit zunächst im gemeinsamen Arbeiten, in der Praxis wiederherzustellen.

Was ist seither geschehen und wie würdest du die Entwicklung der KPÖ im Verhältnis zu den Zielen vom letzten Parteitag bewerten? 

Geschehen ist seither eine Menge: Etwa 40% der aktuell gut 2000 Mitglieder sind nach dem letzten Parteitag beigetreten. Das ist sehr erfreulich, bedeutet aber auch viel Arbeit und durchaus auch Probleme für die Parteientwicklung. Viele Personen übernehmen zum ersten Mal Verantwortung in einer Partei, bringen neue Fragestellungen mit, alte Praxen der Partei werden reaktiviert und langjährige Selbstverständlichkeiten in der Parteiarbeit hinterfragt. Es kommt eine Dynamik in die Partei. Sei das bei den äußerst engagierten Wahlkämpfen, bei den solidarischen Projekten, die aus dem Boden sprießen oder bei der Frauenvollversammlung, zu der sich schon fast 100 Frauen angekündigt haben. 

Zudem orientieren sich mittlerweile gleich zwei Jugendorganisationen, Junge Linke und KJÖ, auf die Zusammenarbeit mit der KPÖ. Davor hat sich jahrelang keine Jugendorganisation auf die Partei orientiert, was wir derzeit schmerzhaft anhand einer Lücke bei den Mitgliedern im Alter zwischen 40 und 60 und vor allem am Mangel an ausgebildeten Kadern merken. Es fehlt deutlich an Genoss:innen, die einerseits die Integration der zahlreichen neuen Mitglieder organisieren und anleiten können und andererseits, die zahlreichen neuen Funktionen in der Partei – die aufgrund der Wahlerfolge der letzten Jahre entstanden sind – übernehmen können.

Wir haben – ich denke, durchaus erfolgreich – begonnen, Kader auf unterschiedlichen Ebenen auszubilden. Das müssen wir noch vorantreiben und bundesweit gemeinsam vereinheitlichen.

Apropos Wahlerfolge: Das scheint mir eine weitere Erfolgsstory seit dem letzten Parteitag zu sein – und zwar nicht nur wegen der Ergebnisse:

Wir dürfen nicht vergessen, seit damals sind wir mit einem zweistelligen Ergebnis in den Salzburger Landtag eingezogen, haben in Graz als stärkste Partei das Bürgermeisteramt errungen, in Salzburg Stadt den Vizebürgermeister, in Linz haben wir ein zweites Mandat errungen und damit Klubstatus, in Innsbruck sind wir mit über 6 Prozent erstmals seit Jahrzehnten in den Gemeinderat eingezogen, in der Steiermark konnten wir erneut 2 Mandate im Landtag erringen, bei den Gemeinderatswahlen wieder zahlreiche Mandate. So auch in Niederösterreich, wo in Fischamend jetzt die mit der KPÖ verbundene “Liste Schuh” mit über 20 Prozent die Finanzstadträtin stellt. Und zuletzt in Wien, wo wir mehr als vier Prozent errungen haben und zusammen mit LINKS Vertretungen in allen Bezirksparlamenten stellen. 

Nicht zuletzt haben wir auch bei bundesweiten Wahlen unsere Stimmenanzahl vervielfachen können: 2,4 Prozent bei den Nationalratswahlen – mit 116.000 Stimmen – und drei Prozent bei den Europaparlamentswahlen hätte der KPÖ wohl vor dem letzten Parteitag niemand zugetraut.

Was für mich in Hinblick auf die Parteientwicklung aber genauso spannend ist, ist die Tatsache, dass wir viele dieser Erfolge als Erfolge der KPÖ insgesamt feiern können, weil es uns gelungen ist, diese Wahlen vielfach als Vorhaben der gesamten Partei zu begreifen und entsprechend zu organisieren. Die vielen bundesweiten Aktions-Wochenenden haben wesentlich dazu beigetragen, dass sich hunderte Mitglieder aus verschiedenen Bundesländern kennenlernen konnten – im gemeinsamen Wahlkampf – und die Erfolge entsprechend als auch ihre Erfolge, die Erfolge der ganzen Partei feiern konnten. 

Dennoch muss man auch sagen, dass die unglaubliche Anzahl an für uns wichtigen Wahlen in der vergangenen Periode den allergrößten Teil unserer personellen Ressourcen in Wahlkämpfen gebunden hat und wir deswegen weniger Möglichkeiten hatten, die Entwicklung der Partei, wie etwa auch die Mitgliederbetreuung jenseits von Wahlpolitik systematisch voran zu treiben.

Deshalb ist es für mich umso erfreulicher, dass wir in den letzten Jahren bundesweit die Idee der „Solidarischen Projekte” als ein wesentliches Instrument der Praxis der Partei etablieren konnten. 

Wo siehst du die größten Meilensteine am kommenden Parteitag? Was wünscht du dir für den Parteitag? Und wie wird der Parteitag vorbereitet?

Ich denke, es wird uns gelingen, das Vorhaben des letzten Parteitags, die Partei wieder aufzubauen und – im gemeinsamen Tun – weiter zu entwickeln, zu konkretisieren und verbindlich zu vereinbaren, was die nächsten Schritte für die Gesamtpartei auf diesem Weg sein sollen.

Einerseits müssen wir dazu das Selbstverständnis der Partei konkreter fassen – was ist eine Kommunistische Partei und wozu und wie ist sie “nützlich”. Dazu brauchen wir einen Leitantrag – darüberhinaus auch ein Aktionsprogramm, sowie die Organisation eines Prozesses für ein neues Parteiprogramm, den wir am Parteitag für die kommenden Jahre beschließen wollen. 

Wir wollen zudem nach Jahrzehnten die Einheit der Partei wiederherstellen, insofern auch die steirische Landesorganisation an diesem Parteitag und in der Folge an den entsprechenden Bundesgremien teilnimmt. Soweit alles gut geht – aber da bin ich recht zuversichtlich.

Dementsprechend bereiten wir den Parteitag in einer vom Bundesvorstand eingesetzten “Parteitags-Arbeitsgruppe” vor, die aus dem Bundesausschuss und Vertreter:innen aus allen Landesorganisationen, auch der steirischen, besteht. Zur Vorbereitung der Arbeit der Parteitag AG haben sich Sarah Pansy und ich mit Leitungen aller Landesorganisationen getroffen, um anhand eines vorab ausgeschickten Fragenkatalogs einen Überblick über die Ideen, Wünsche und Interessen der Länder zur Parteientwicklung zu bekommen. Die Ergebnisse haben wir dann protokolliert und als Grundlage für den weiteren Prozess zum Parteitag in den Bundesvorstand und die Arbeitsgruppe eingebracht.

Ebendort wurde dann die Skizze für einen Leitantrag entworfen, die über den Bundesvorstand wieder in die Länder gespielt wurde. Von dort sollen dann Anmerkungen, Ideen etc. dazu  in den Bundesvorstand kommuniziert werden, der wiederum alles zusammenfasst und einen Entwurf für den Leitantrag formuliert, der dann in allen Grundorganisationen – unter Beteiligung von Leitungs-Mitgliedern – diskutiert wird. Die entsprechende Kritik, Anregungen, Ergänzungen sollen dann vom Bundesvorstand in den Antrag eingearbeitet werden. 

Ich erläutere das deshalb so ausführlich, um zu zeigen, dass wir die Vorbereitung des Parteitags als breiten Prozess angelegt haben, in dem die Partei als Ganzes – alle Länder und ihre Leitungen, alle Grundorganisationen – einbezogen sind.

Wir bereiten den Parteitag gemeinsam vor und vereinbaren gemeinsam, welche Partei wir wollen und was es dazu an Programmatik, Organisation und Ressourcenverteilung braucht.

Wo siehst du die größten Herausforderungen bei dem Prozess hin zum Parteitag? 

Die größte Herausforderung besteht darin, dass wir alle begreifen, dass der Parteitag das Forum sein muss, in dem wir gemeinsam die Perspektive und Praxis der KPÖ für die kommenden Jahre vereinbaren. Uns muss klar sein, dass das kein Verhandlungsprozess ist, wo die „Führung”, die „Bundespartei” oder wer auch immer, eine Idee hat und der Rest mit „Daumen hoch oder runter” die Idee dann für brauchbar oder nicht befindet. Wir gestalten und organisieren im Prozess zum Parteitag und auf dem Parteitag gemeinsam die Partei und ihre Perspektive! Und wir vereinbaren, dass wir in dieser Perspektive gemeinsam arbeiten und Politik machen werden.

Wir übernehmen dabei nicht nur gemeinsam Verantwortung für das Gelingen des Parteitags, sondern auch für jene in der Gesellschaft, die es sich nicht richten können.

Warum braucht es gerade jetzt eine starke KPÖ in Österreich? 

Ein Blick auf den Zustand der österreichischen Gesellschaft, wie auch globaler Entwicklungen, zeigt, dass der Kapitalismus national wie global in einer – oder wohl eher multiplen – Krisen/n feststeckt, für die große und zunehmend einflussreiche Teile des Kapitals nur autoritäre Lösungen in Form einer Kriegslogik sehen.

Die „liberale Demokratie” der letzten Jahrzehnte – bzw. der neoliberale Kapitalismus hat vor allem eine unglaubliche Kluft in der Vermögensverteilung geschaffen, die jetzt offenbar mit staatlicher Gewalt und um jeden Preis verteidigt werden soll. 

Entsprechend braucht es eine starke kommunistische Partei, die die Arbeiter:innenklasse über eine verbindende Klassenpolitik entlang ihrer Interessen organisiert, so Gegenmacht organisiert und sich dabei in der Gesellschaft verankert und diese gleichzeitig solidarisch verändert.

Dazu braucht es den Aufbau der Partei „von Unten” bzw. vor Ort, aber auch eine starke KPÖ insgesamt, mit einem gemeinsamen politischen Programm und einer gemeinsamen Praxis, die die Partei in der Gesellschaft breit – und nicht nur punktuell – verankert.

Quelle: KPÖ