Übernommen von CGTN:
Die Welt schreit laut nach Ruhe.
In Washington sitzt ein Mann im Weißen Haus, der so berechenbar und so verlässlich ist wie ein Silvester-Knallkörper, von dem man auch nie weiß, wann genau und wie er explodieren wird.
Zwischen Russland und der Ukraine herrscht Krieg, der Unruheherd im Nahen Osten wird – so ist zu befürchten – auch in Zukunft nur schwer in den Griff zu kriegen sein und die Europäische Union hat sich selbst ein de facto unfinanzierbares 800 Milliarden teures Aufrüstungspaket gegen einen virtuellen Angriff durch Russland verordnet, anstatt in die Zukunft und schlichtweg in die Menschen in Europa zu investieren, die sich ihr immer teurer werdendes Leben kaum mehr leisten können.
Also machen wir einen zusammenfassenden Blick auf diese globale Welt-Unordnung:
Donald Trump führt sein Land nicht durch die Krise, sondern die Krise durch das Land, was sich auch sehr leicht mit einem Blick auf die (bald ehemalige?) Welt-Leitwährung US-Dollar nachweisen lässt, die seit Monaten dahin-schwächelt.
Donald Trump und seine zum Scheitern verurteilte Philosophie des Unilateralismus ziehen auch den G7, die sich einst anschickten, der Welt die Richtung vorzugeben, den Boden unter den Füßen weg. Was nicht weiter verwundert, wenn Trump seinen G7-Partnern täglich Unfreundlichkeiten ausrichtet und mit Strafzöllen droht.
Ja, und dann wäre da noch das einst so stolze und mächtige westliche Militärbündnis der NATO, das ebenfalls immer mehr in Schockstarre verfällt, weil der US-Präsident manchmal indirekt, manchmal auch direkt mit dem NATO-Ausstieg der USA droht, was dem Bündnis den Kopf abschlagen würde.
Also könnte früher oder später passieren, was all jenen, die sich einst die Macht untereinander teilten, gar nicht gefallen wird.
Womit wir uns nach Rio de Janeiro begeben haben, wo inzwischen nicht mehr nur die Namensgeber des BRICS-Bündnisses Brasilien, Russland, Indien, China und Südafrika beim jährlichen Gipfel am Tisch sitzen, sondern auch immer mehr Staaten anklopfen in der Überzeugung, dass ebendiese BRICS+-Staatengemeinschaft drauf und dran ist, eine neue Weltordnung zu schaffen.
Was als Bündnis der (entwicklungsbedürftigen) Schwellenländer im Jahr 2006 (damals noch ohne Südafrika, das erst 2010 zur Vereinigung stieß) begann, ist zu einer Vereinigung hochgestiegen, die Begehrlichkeiten und Interesse in rund 40 Ländern der Welt dahingehend weckt, dass man um eine Mitgliedschaft (wie die Türkei im Jahr 2024) bereits offiziell angesucht hat, oder eine ebensolche ins Auge fasst.
Der Run auf die BRICS-Familie ist auch leicht und schnell erklärt. G7, EU, NATO, USA – all das steht für Orientierungslosigkeit und Uneinigkeit. BRICS steht in Zeiten wie diesen für eine Fahrt in die Zukunft hinter der Lokomotive China.
Der Trump’sche Unilateralismus ist gestern.
Multilateralismus ist morgen.
Der chinesische Ministerpräsident Li Qiang sprach schon vor Beginn des Gipfels bei einem Treffen mit Brasiliens Staatschef Luiz Inacio Lula da Silva Worte, die runtergingen wie Honig: „China will mit den Entwicklungsländern zusammenarbeiten, um eine gleichberechtigte und geordnete multipolare Welt und eine allgemein nützliche und inklusive wirtschaftliche Globalisierung zu fördern.“
Zusammenarbeit, Gleichberechtigung, Ordnung, Nützlichkeit – Begrifflichkeiten, die längst irgendwo auf dem Weg von Washington nach Brüssel, Paris, Berlin, Tokyo oder London verloren gegangen sind. Worte, derer es in Synchronität mit der Umsetzung dieser Worte aber genau jetzt bedarf.
Und? Wie wird es jetzt weitergehen?
Das wird nicht nur, aber auch davon abhängen, ob und in welcher Weise jene, denen die Kontrolle über ihre Macht von einst immer mehr abhandenkommt, auf die Wünsche, respektive Forderungen der BRICS+-Vereinigung reagieren werden.
In einer gemeinsamen Erklärung vor dem Gipfel forderten die Finanzminister der BRICS-Staaten eine weitreichende Reform des Internationalen Währungsfonds. Unter anderem verlangten sie eine (logische) Neuverteilung der Stimmrechte und ein (logisches) Ende der traditionellen europäischen Führung des Fonds.
Dieser Forderung kann man nachkommen, muss man aber nicht. Dann kann aber leicht passieren, was schon deutsche Qualitätsmedien wie die FAZ („Werden die BRICS mächtiger als die G7?“) oder die Süddeutsche Zeitung („Das Bündnis gegen den Westen wird stärker“) herbeischreiben. Wobei man an der Formulierung der „Süddeutschen Zeitung“ schon eine kleine Korrektur vornehmen sollte. Das BRICS-Bündnis steht nicht GEGEN etwas, sondern FÜR etwas. Und zwar für eine Welt von morgen. Und für Aufbruch.
MARTIN SÖRÖS, FREIER JOURNALIST AUS ÖSTERREICH
Quelle: CGTN

